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Mit dem Affenkönig durch Datong: Wie eine historische Stadt die Reisewelt erobert

2025-06-04 13:29:00 Source:cdd-online.com.cn Author:Yan Ying und Wang Ruying
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„Black Myth: Wukong“ lässt seit vergangenem Jahr Computerspielerherzen weltweit höherschlagen. Seit seiner Veröffentlichung im August 2024 sorgt das AAA-Game mit seiner beeindruckenden Grafik, hohem kulturellen Wert und einem innovativen Spielsystem nicht nur im Heimatland China, sondern auch im Ausland für Aufsehen. Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist die Figur des Wukong, die auf dem Affenkönig aus dem chinesischen Klassiker „Die Reise in den Westen“ basiert. Mitreiter auf der Erfolgswelle ist unter anderem Shanxi. Dank des Spielehypes hat sich diese nordchinesische Provinz quasi über Nacht zu einer Touristenhochburg aufgeschwungen. Denn von den 36 Handlungsschauplätzen des Games liegen 27 genau hier. Ganz vorne mit dabei: die Stadt Datong mit insgesamt sechs Schauplätzen. Mit ihrer reichen Geschichte, beeindruckenden Architektur und malerischen Landschaft bringt die Drei-Millionen-Stadt, die zu den zehn wichtigsten historischen Hauptstädten Chinas zählt, ohnehin beste Voraussetzungen für die Entwicklung des Kulturtourismus mit. Die große Popularität des neuen Action-Rollenspiels gibt Datong nun zusätzlichen Auftrieb. 

 

 

 

Publikumsliebling: Eine Installation in Gestalt des Affenkönigs Wukong auf der Datonger Stadtmauer (Foto: Yu Xiangjun) 

Affenkönig trifft historische Stadt 

Datong, vor über eintausend Jahren noch eine Grenzstadt, fungierte während der Blütezeit der Nördlichen Wei-Dynastie (386-534) als Hauptstadt des Kaiserreichs. Im Laufe der Zeit haben zahlreiche Helden aus Datong die Bühne der Geschichte betreten. Wer hätte also gedacht, dass es ausgerechnet die fiktive Figur des Affenkönigs Wukong ist, die aktuell die Fantasie der modernen Welt über die historische Stadt beflügelt. 

 

Die sechs berühmten Sehenswürdigkeiten von Datong, die im Spiel „Black Myth: Wukong“ inszeniert werden, sind die Yungang-Grotten, das Hängende Kloster (Xuankong Si) sowie die örtlichen Tempel Huayan, Shanhua, Jueshan und Yong’an. Während der Maifeiertage wurden allein bei acht großen Reisezielen der Stadt über eine Million Besucher gemeldet, was einem Anstieg von fast 15 Prozent im Jahresvergleich entspricht. Allein die Eintrittserlöse für diese Sehenswürdigkeiten spülten der Stadt knapp 42 Millionen Yuan in die Kassen. 

 

Ein begehrtes Fotomotiv ist etwa die Mahavira-Halle des Huayan-Tempels. Eine Besucherin namens Hu, die sich als großer Fan von „Black Myth: Wukong“ outet, erklärt, sie sei extra angereist, um ein Selfie an exakt der Stelle zu machen, an der auch der Affenkönig im Spiel gestanden habe. Auch von der alten Architektur und den Wandmalereien im Tempel zeigt sich die Touristin aus Beijing tief beeindruckt. „Meine Reise nach Datong fühlt sich an wie meine eigene ‚Reise des Schicksals‘“, sagt die junge Frau in Anspielung auf ein bekanntes Zitat aus dem Computerspiel-Hit. 

Li Yuanjie, zuständig für die öffentlichen Führungen im Huayan-Tempel, berichtet, nachdem das Spiel die Runde gemacht hatte, seien die Besucherzahlen rasant gestiegen. Im vergangenen Jahr hätten rund 1,6 Millionen Menschen den Tempel besucht – 40 Prozent mehr als noch 2023. 

 

Die Tourismusbehörde der Provinz Shanxi freut es. Sie will den Reiseboom langfristig erhalten und rief daher das Programm „Mit Wukong durch Shanxi“ ins Leben, das drei Reiserouten umfasst, die 27 Schauplätze des Spiels sowie weitere berühmte historische Bauwerke in Shanxi miteinander verbinden. Zusätzlich haben die Verantwortlichen interaktive Reiseprogramme entwickelt, die auf den Szenen des Spiels basieren. So will man den Touristen die Geschichte und Kultur der Provinz näherbringen. 

 

Nicht nur chinesische Computerspiel-Fans zieht es nach Datong – auch ausländische Touristen entdecken die Stadt neu. Im Shanhua-Tempel, der sich in der Nachbarschaft des Huayan-Tempels befindet, treffen wir ein älteres Ehepaar aus der Schweiz, das gerade die feine Architektur der jahrtausendealten Gebäude bewundert. „Es ist unser erster Besuch hier in Datong“, erzählen die Eheleute uns. „Wir sind Liebhaber historischer Architektur und darum ist dieser Tempel für uns ein Highlight auf unserer Reise. Das Gebäude ist sehr filigran und es lohnt sich, die Details zu bewundern. Und dann erst die Buddha-Statuen! Die sind so lebensecht, dass es einem die Sprache verschlägt.“ 

 

 

 

Begeistert von der historischen Architektur: Das Schweizer Ehepaar (1.u.2.v.r.) bei seinem Besuch des Shanhua-Tempels in Datong (Foto: Yu Xiangjun) 

 

Kreative Souvenirs beflügeln den Tourismus 

Neben den historischen Sehenswürdigkeiten lassen auch kreative Souvenirs und Merchandising-Artikel aus Datong die Herzen der Reiselustigen höherschlagen. Verfolgen lässt sich das auch über begeisterte Posts auf Chinas sozialen Netzwerken wie Xiaohongshu, Weibo oder Douyin, wo sich User gegenseitig Tipps geben. Dort heißt es etwa: „Beim Besuch des Hängenden Klosters sollte man sich auf keinen Fall das Wukong-Eis entgehen lassen.“ Oder: „Der kleine Buddha-Buddy – eine Buddha-Statue aus den Yungang-Grotten im Plüschformat – ist mein Reisebegleiter in Datong.“ Posts wie diese generieren ordentlich Reichweite und animieren nachfolgende Besucher zum Kauf der einzigartigen Mitbringsel. 

 

Ob Essig-Eiscreme, Buddha-Schlüsselanhänger oder mit Sand gefüllte Kühlschrankmagneten – der Kauf von Souvenirs aus Datong hat sich als Trend etabliert. Im Laden am Huayan-Tempel sieht man viele Kinder Wukong-Plüschtiere in den Händen däumeln. Laut einer Verkäuferin sind Produkte mit Bezug zum Affenkönig in ihrem Laden besonders gefragt. „Nicht nur Kinder, sondern auch viele Erwachsene kaufen die Plüschtiere, hängen sie etwa ins Auto“, berichtet die Angestellte gegenüber „Dialog China-Deutschland“. Dank der Popularität des Computerspiels hätten auch die Verkäufe von Fanartikeln im Tempel drastisch angezogen – allein im vergangenen Jahr hätten sie dem Betreiber fast drei Millionen Yuan  eingebracht. 

 

 

 

Affenkönig zum Anfassen: In den Souvenirshops am Huayan-Tempel decken sich viele Reisende mit kreativen Mitbringseln ein. (Foto: Wang Ruying) 

 

Das Verkaufshighlight unter allen Produkten rund um den Affenkönig ist aber keine Plüschpuppe, sondern ein Kühlschrankmagnet, der das chinesische Sprichwort „Nach dem Sturm kommt das Gold“ aufgreift. Wenn man ihn schüttelt, rieselt der Sand darin langsam herab, sodass der Affenkönig, der gegenüber dem Hängenden Kloster steht, das Kloster nach und nach zu Gesicht bekommt – eine Anspielung auf eine bekannte Szene im Game. Ein Besucher schreibt in einem Xiaohongshu-Beitrag: „Dieses Souvenir ist das coolste Fundstück unter all meinen Datong-Mitbringseln. Einfach wunderschön! Auch wenn ich ,Black Myths: Wukong‘ selbst gar nicht spiele, musste ich einfach zugreifen!“ Im offiziellen Onlineshop des Hängenden Klosters regen viele Nutzer an, den Magneten auch online zu verkaufen, damit ihn Spieler aus ganz China erwerben können. 

 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Spiele-Hypes sind enorm: Nach Angaben der Tourismusbehörde von Shanxi erzielte die Merchandising-Industrie der Provinz, vor allem dank der großen Popularität von „Black Myth: Wukong“, 2024 einen Umsatz von über 1,2 Milliarden Yuan  – ein sattes Plus von 43 Prozent. Allein die Fanartikel zum Spiel steuerten 60 Prozent zu diesem Wachstum bei. Die Kreativprodukte, die sowohl optisch gefallen als auch die Interessen der Besucher ansprechen, locken wiederum mehr Besucher zu den Sehenswürdigkeiten der Provinz Shanxi, ein positiver Kreislauf. 

 

Vom Internethit zum Dauerbrenner? 

Für die Provinz Shanxi und die Stadt Datong scheint die Strategie „Tourismus plus Gaming“ klar aufzugehen. Es ist gelungen, den neuerlichen Hype um das Computerspiel in touristische Zugkraft für die Stadt umzuwandeln. Doch wie lässt sich der Erfolg langfristig sichern? 

 

Neben der Zusammenarbeit mit dem Spielestudio, welches das Erfolgs-Game entwickelt hat, arbeitet Datong derzeit auch an weiteren Projekten, die die eigenen touristischen Ressourcen der Stadt besser nutzen sollen. So fanden in Datong, auch als Stadt der Museen bekannt, während des chinesischen Frühlingsfestes 2024 zahlreiche Kulturveranstaltungen statt, darunter Lesungen und Galerieführungen sowie Vorträge über traditionelle Architektur und klassische Kultur. So stand Einheimischen und Touristen gleichsam eine breite Palette an kulturellen Angeboten zur Verfügung. 

 

Langfristig verfolgt Datong eine klare Strategie, nämlich sich als international anerkannte Destination für Kulturtourismus zu behaupten. Dafür hat die Regierung in den letzten Jahren verstärkt in den Schutz der Altstadt, den Ausbau der Infrastruktur an den Reisezielen und in kulturtouristische Angebote sowie auch in die Integration verschiedener Geschäftsmodelle investiert, und das mit beachtlichem Erfolg. In Zukunft will man den Kulturtourismus als Aushängeschild nun noch weiter ausbauen. Im Einklang mit den neuesten Trends und Bedürfnissen der Reisenden wird in Datong hart daran gearbeitet, bessere touristische Produkte und Dienstleistungen anzubieten, damit jeder Besucher ein unvergessliches Reiseerlebnis mit nach Hause nimmt. 

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