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Die alten chinesischen Philosophen:

Empört befahl der Kaiser die Hinrichtung Han Yus

– Nur durch die Fürsprache des Kanzlers entging der Kritiker des religiösen Fanatismus dem Tod

„Der Buddhismus ist eine Lehre gegen die Verbundenheit zwischen dem Kaiser und seinen Untertanen, eine Lehre gegen die Liebe zwischen Vater und Sohn... Man soll die Knochenreste Buddhas ins Wasser oder ins Feuer werfen!“, heißt es in einem Brief des prominenten Dichters, Pädagogen und Philosophen HanYu, der im neunten Jahrhundert lebte. Damals entwickelte sich der Buddhismus in China zur Staatsreligion. Im Jahre 817 ließ der Kaiser einen Fingerknochen Buddhas in seinen Palast bringen, um ihn zu verehren. Drei Tage später sollte die Reliquie in einem Kloster der Hauptstadt Chang’an (heute Xi’an) ausgestellt werden. Diese Nachricht erregte dort großes Aufsehen. Reiche und wohlhabende Gläubige spendeten Geld, Arme ließen sich einen Finger oder die Kopfhaut verbrennen, um damit Buddha ihre Ehrerbietung zu bezeugen. HanYu trat gegen diesen religiösen Fanatismus auf und schrieb sogar dem Kaiser einen Brief, in dem er seine Kritik ausdrückte. Der Kaiser war darüber empört und befahl, Han Yu hinzurichten. Doch der Kanzler bat für ihn um Nachsicht. Han Yus Leben wurde zwar verschont, aber er musste sich nach Chaozhou in der heutigen Provinz Guangdong begeben, mehrere tausend Kilometer weit von der Hauptstadt entfernt, und dort einen niedrigen Beamtenposten bekleiden. Der Kaiser erlaubte ihm nicht einmal, Abschied von seinen Verwandten zu nehmen. Han Yu ging durch eine harte Schule und starb mit 56 Jahren in der Einsamkeit.

Als Han Yu drei Jahre alt war, verlor er seine Eltern. Er lebte von der Hilfe seines Vettern, der jedoch sieben Jahre später starb, wonach ihn die Frau des Vettern aufzog. Durch diese unglücklichen Erlebnisse war Han Yu früh gereift. Er war sich dessen bewusst, fleißig lernen zu müssen. Schließlich bestand er die kaiserlichen Prüfungen und wurde ein hoher Beamter, bis er dann einige Jahre später in seinem Kampf gegen den Kaiser scheiterte.

Han Yu war Gegner des Buddhismus und des Taoismus. Als Initiator der Konfuzianischen Bewegung für den klassischen Literaturstil bekämpfte er den gezierten und formalistischen Stil und befürwortete eine direkte Ausdrücksweise, wie sie die konfuzianischen Klassiker gebraucht hatten. So entstand innerhalb der herrschenden Klasse ein als „klassisch“ bezeichneter neuer Prosastil, der für das folgende Jahrtausend bestimmend wurde. Han Yu ignorierte die Artikel, die nur leere Phrasen enthielten. Seine Schriften waren lebendig, inhaltsreich und informativ und wurde deswegen gern gelesen.

Besonders erwähnenswert sind die Ergebnisse der philosophischen Forschungsarbeit Han Yus. Sein wichtigstes Werk „Der ursprüngliche Weg“ trug sehr zur Verstärkung der feudalen Monarchie bei. Im Zeitraum zwischen dem achten und dem neunten Jahrhundert herrschten in China Unruhen. Zwei Militärmachthaber versuchten, die kaiserliche Macht an sich zu reißen. Zur gleichen Zeit hatten der Buddhismus und der Taoismus, die von den Konfuzianern als Irrglauben kritisiert wurden, von Tag zu Tag größeren Einfluss. Nun schrieb Han Yu das philosophische Werk „Der ursprüngliche Weg“, um der Spaltung des Landes Einhalt zu gebieten und die Heterodoxien zu brandmarken. Mit diesem Werk begründete Han Yu eine neue Lehre, die als Neokonfuzianismus beziechnet wird.

Seine Lehre enthält folgende wichtige Punkte: 1) „Der ursprüngliche Weg soll fortgesetzt werden.“ „Der ursprüngliche Weg“ sei „die allgemeine Menschenliebe, die die frühen Kaiser und Heiligen gefördert haben“. Wer die allgemeine Menschenliebe befürworte und sich danach orientiere, strebe nach Humanität, Gerechtigkeit und Tugend. Mit dem Tod des Menzius sei „der ursprüngliche Weg“ abgeschnitten worden. Deswegen hätten sich die Irrlehren entwickelt.

Han Yu entwickelte die Lehre des Kastensystems, die Konfuzius und Menzius hervorgehoben hatten. „Der Herrscher des Landes soll es sich zur Aufgabe machen, Gesetze und Verordnungen auszuarbeiten und zu erlassen. Die Beamten der verschiedenen Ebenen sollen diese Gesetze und Verordnungen in die Tat umsetzen. Die gewöhnlichen Bürger haben die Aufgabe, Getreide, Kleidungsstoffe und die anderen Konsumgüter zu produzieren und damit den Herrscher des Landes und die Beamten zu versorgen“, heißt es in Han Yus Buch „Der ursprüngliche Weg“. „Wenn der Herrscher des Landes keine Gesetze und Verordnungen entwirft, ist er nicht würdig, Herrscher des Landes zu sein, und er soll angeprangert werden. Wenn die Beamten nicht pflichtgetreu sind und wenn die gewönlichen Bürger nicht für den Herrscher und die Beamten sorgen, sollen sie alle zum Tode verurteilt werden.“

2) „Wenn es in alten Zeiten keine Weisen gegeben hätten, wäre die Menschheit längst zugrunde gegangen.“ Im Gegensatz zum Taoismus, der die Bedeutung von Weisen negierte, lobte Han Yu die Weisen der Geschichte. Die Weisen, so meinte er, lehrten uns, Kleider zu machen, Getreide zu produzieren, Häuser zu bauen, Krankheiten zu verhüten und die Widersprüche zwischen den Menschen zu lösen.

3) „Die menschliche Natur hat drei Stufen.“ Menzius meinte, dass der Mensch von Geburt an gut sei, während Xun Kuang, Vertreter der legalistischen Schule, behauptete, der Mensch sei von Geburt an falsch. Wieder ein anderer Philosoph namens Yang Xiong war der Meinung, dass der Mensch die Einheit von Bosheit und Gutherzigkeit bilde. Han Yu ignorierte alle diese Theorien und stellte eine andere auf, die lautet: „Die menschliche Natur hat drei Stufen.“ Sie bestehe aus fünf moralischen Elementen, nämlich Humanität, Gerechtigkeit, Höflichkeit, Weisheit und Vertrauen. Von ihnen sei die Humanität das wichtigste Element. Diese fünf moralischen Elemente der Menschen seien proportional unterschiedlich, meinte Han Yu, und deswegen gebe es die drei Stufen der menschlichen Natur. Die erste Stufe sei gut, die zweite könne je nachdem gut oder schlecht sein und die dritte sei schlecht. Die Weisen seien Menschen der ersten Stufe, meinte Han Yu. In ihnen konzentrierten sich die fünf moralischen Elemente. Die „gewöhnlichen Bürger“ seien Menschen der zweiten Stufe. Die falschen Menschen hätten von Geburt an eine schlechte Natur und gehörten zur dritten Stufe.

Nach der Lehre Han Yus bilden die menschliche Natur und das menschliche Gefühl eine Einheit. „Das Gefühl entsteht durch den Kontakt mit der Umwelt“, schrieb der Philosoph. Das Gefühl habe sieben Elemente, nämlich Freude, Wut, Trauer, Angst, Liebe, Hass und Begierde, und auch das Gefühl habe drei Stufen. Die Weisen hätten Gefühle der ersten Stufe. Die könnten in der Freude, Wut, Trauer und Begierde maßhalten, während die gewöhnlichen Bürger, die Gefühle der zweiten Stufe hätten, nicht immer ihre Worte und Taten zügeln könnten. Die niederträchtigen Menschen hätten nur Gefühle dritter Stufe, sie könnten sich nicht beherrschen.

Als Pädagoge erzog Han Yu seine Schüler dazu, ihre Lehrer zu respektieren und möglichst „zu überholen“. Wer Kenntnisse besäße, könne Lehrer sein, ganz gleich, ob er einem höheren oder einem niedrigeren sozialen Stand angehöre, meinte Han Yu. Die Schüler seien nicht unbedingt schwächer als ihre Lehrer und die Lehrer nicht unbedingt fähiger als ihre Schüler. Han Yu spornte seine Schüler an, fleißig zu lernen. „Fleiß bricht Eis, Müßiggang ist aller Laster Anfang. Nur wohlbedachtes Handeln hat Erfolg, Leichtfertigkeit führt zum Scheitern“, sagte Han Yu zu seinen Schülern. Diese Worte wurden zu unvergesslichen Wahlsprüchen, die in China immer noch allgemein bekannt sind.

Aus China im Aufbau, Nr. 12, 1988

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