Juli 2003
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Kultur und Kunst

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Seidenraupenzucht und Seidenkokons

Seidenraupenzucht und Seidenkokons

Von Li Yiren

Seide erfreut sich auf der ganzen Welt großer Beliebtheit. In China unterscheidet man zur Zeit drei Arten von Kokons, nämlich solche von den Maulbeer-Seidenraupen, von den Eichenraupen und den Rizinusraupen, je nachdem, welche Blätter an die Raupen verfüttert werden. Im letzten Jahr wurden 210 000 Tonnen Maulbeer-Seidenraupenkokons und mehr als 50 000 Tonnen Eichenraupenkokons erzeugt. Die letzteren machen 90 Prozent der Weltproduktion aus. Die Rizinusraupenkokons kann man nicht abhaspeln, sondern nur in kurzen Fasern verspinnen. In unserem Bericht gehen wir hauptsächlich auf die Geschichte und den augenblicklichen Zustand der Maulbeer-Seidenraupenzucht ein.

Der Beitrag unserer Vorfahren

Die Geschichte der Seidenraupenzucht reicht sehr weit zurück. Die Legende schreibt der Frau des Kaisers Huang Di die Erfindung der Seidengewinnung zu. 1899 wurden im Kreis Anyang der Provinz Henan zusammen mit Funden aus der Shang-Dynastie (16 Jh. - 1066 v.u.Z.) über 100 000 Orakelknochen mit mehr als 1700 Schriftzeichen gefunden. Über 170 Schriftzeichen davon beziehen sich auf die Seidenraupenzucht oder Seidenweberei. Daher weiß man jetzt, dass in China schon in der Shang-Dynastie Seidenraupen gezüchtet wurden. Im Jahre 1958 haben chinesische Archäologen im Dorf Qianshanyang des Kreises Wuxing, der Provinz Zhejiang neben anderen Dingen aus der Jungsteinzeit Seidenbänder, Seidenfäden und Seidenstücke ausgegraben, die man mit der Radiokarbonmethode auf ein Alter von 3310 - 135 v. u. Z. datierte. Und das heißt, dass man also in China schon seit etwa 5000 Jahren Kokonfäden verwendet.

Lange Zeit gab es ausschließlich in China eine Kokonproduktion, dann gegen Ende der Yin-Dynastie auch in Korea und von dort ausgehend dann im dritten Jahrhundert auch in Japan. Nach dem Westen gelangte chinesische Seide über die Seidenstraße. In der Mitte des 6. Jahrhunderts sollen Eier des Seidenspinners nach Konstantinopel gebracht worden sein. Im 15. Jahrhundert schließlich hatten die französischen Seidenwebereien die führende Stellung in Europa, und heute werden in mehr als 40 Ländern der Welt Seidenkokons produziert.

Die Geschichte der Seidenraupenzucht in China

Fast jeder Kaiser gab Befehle heraus, in denen er den Schwerpunkt auf die Landwirtschaft und die Seidenraupenzucht legte. Die Kokonproduktion stieg oder sank jeweils mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung.

Ursprünglich wurden hauptsächlich im Einzugsgebiet des Huanghe (Gelber Fluss), der kulturelle Wiege des chinesischen Volkes, in den heutigen Provinzen Shandong und Henan, Seidenraupen gezüchtet. Vom Ende der Östlichen Han-Dynstie (25-220) bis Anfang der Sui-Dynastie (581-618) spielten sich in diesem Gebiet viele Kriege ab, und so verlagerte sich das wirtschaftliche Zentrum Chinas immer weiter nach Süden. Die Kokonproduktion am Mittel- und Unterlauf des Changjiang-Flusses (Yangtse) stieg rasch an. Während der Qing-Zeit (1644-1911) öffnete die Regierung dann den Guangzhouer Hafen (Kanton), verfügte aber gleichzeitig, dass nur wenig Seide vom Einzugsgebiet des Changjiang-Flusses exportiert werden durfte, d.h. die ausländischen Händler konnten nur in Guangzhou Seide kaufen. Dies war ein starker Anreiz für das Zhujiang (Perl-Fluss)-Delta, wo Guangzhou sich befindet. Dieses Delta wurde dann auch zu einem der wichtigen Gebiete für die Kokonproduktion.

Lange Zeit standen die chinesischen Seidenraupenzüchter mit ihren Erfahrungen an erster Stelle auf der Welt, aber dann, bedingt durch die feudale Herrschaft, die Politik der geschlossenen Tür und die Plünderungen der ausländischen Aggressoren, blieb die Produktion zurück, gab es kaum noch Neuerungen. Zum Beispiel hatte Song Yingxing im Jahre 1587 schon in einem Buch geschrieben, dass man bessere Seidenraupen durch die Kreuzung verschiedener Rassen züchten konnte. Aber dies wurde nicht bei der Produktion umgesetzt. Erst 1922 wurden Kreuzungensverfahren aus Japan eingeführt.

Nach dem Opium-Krieg von 1840 war China eine halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft. 1910 wurde es von Japan bei der Rohseiden- und Kokonproduktion überholt. Dann löste in China ein Krieg den anderen ab, und schließlich 1949, zum Zeitpunkt der Gründung der Volksrepublik, betrug die Kokonproduktion nur noch 30 000 Tonnen, d.h. weniger als ein Siebtel der Produktion von 1931.

Eine neue Entwicklung

Nach der Gründung des Neuen China wurden neue Richtlinien aufgestellt, wie die Kokonproduktion entwickelt und alte Seidenraupenzuchtgebiete ausgebaut und neue geschaffen werden sollten. Der Seidenhandel wurde verstärkt betrieben, ein Aufkaufnetz für Kokons vom Staat eingerichtet, der Aufkaufpreis für die Kokonfäden wurde erhöht und den Seidenraupenzüchtern Prämien zugeteilt, wenn sie Kokons verkauften.

Von staatlicher Seite aus wurden Seidenraupenrassen erforscht, Versuche angestellt und dafür gesorgt, dass die Ergebnisse auch Verbreitung fanden.

Neue Maulbeerbaumarten entstanden, die Seidenraupenzucht wurde verbessert, z. B. variierte man die Raumtemperatur beim Züchten. In manchen Gebieten gibt es schon elektrische Anlagen, die die Raumtemperatur konstant und die Maulbeerbaumblätter feucht halten. Heute kann man auch die wichtigsten Erkrankungen der Maulbeerbäume und der Seidenraupen verhüten bzw. behandeln und weiß auch, wie ihre Schädlinge bekämpft werden müssen.

Zur Zeit gibt es bei der Hälfte der über 2000 Kreise des chinesischen Festlandes eine Kokonproduktion. Auf einer Fläche von 400 000 ha stehen heute Maulbeerbäume. Die Kokonproduktion pro Hektar liegt durchschnittlich bei 520 kg, ist also dreimal so hoch wie 1949.

Mit der Gesamtkokonproduktion liegt China seit 1970 wieder an der Weltspitze. Aber ein Problem, das es noch zu lösen gilt, ist die Art und Weise der Produktion, denn sowohl beim Maulbeerpflanzen als auch bei der Seidenraupenzucht ist beinahe alles noch manuelle Arbeit.

(Aus „China im Aufbau“, Nr. 5, 1980)
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