Juni 2003
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Wirtschaft

SARS und die Immunität der Wirtschaft

Spitzentreffen der Wirtschaft

Wirtschaft in Kürze

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Spitzentreffen der Wirtschaft

Von Li Xia

Was hat es zu bedeuten, wenn Wirtschaftsmagnaten zusammentreffen? Was ist es, das Stars wie Sir John Bond, den Vorstandsvorsitzenden der HSBC Group (Hong Kong  and Shanghai Bank), Michael Treschow, den Vorstandsvorsitzenden der Firma Ericsson, Nick Scheele, den Präsidenten und operativen Geschäftsführer des Automobilherstellers Ford, Gary Rogers, den Vorstandsvorsitzenden von General Electrics, und Taizo Nishimuro, den Vorstandsvorsitzenden von Toshiba zusammenführt? Die Antwort: das „Spitzenforum zu Chinas Entwicklung“, das am 23. und 24. März 2003 in Beijing stattfand. Anwesend waren ferner mehrere prominente Wirtschaftswissenschaftler, darunter Stephen Roach, der Chefökonom der Firma Morgan Stanley, und der Leiter des Forschungsinstituts für Transformationswirtschaften an der Wirtschaftsuniversität Stockholm.

Eine Plattform, wo sich in- und ausländische Unternehmer, Wissenschaftler und Beamte austauschen

Das „Spitzenforum zu Chinas Entwicklung“, das vom Entwicklungs- und Forschungszentrum des Staatsrats veranstaltet wird, hat bisher drei Jahresversammlungen und ein Fachsymposium organisiert. Sein Ziel ist, neue Mechanismen und Kanäle für den Dialog und den Meinungsaustausch zwischen in- und ausländischen Unternehmern, Wissenschaftlern und Beamten einzurichten. Das Forum sieht vor, dass zuerst chinesische Beamte die Stoßrichtung der chinesischen Wirtschaftspolitik vorstellen und dann ausländische Unternehmer, Wissenschaftler oder Beamte ihre Meinungen dazu äußern und Vorschläge machen. Genauer gesagt, halten beim „Spitzenforum zu Chinas Entwicklung“ chinesische Minister Vorträge, die von ausländischen Experten kommentiert werden sollen. Die Teilnehmer bilden einen kleinen Kreis, sind aber hochrangige Vertreter ihres Fachs. Beispielsweise müssen Vertreter aus Unternehmerkreisen mindestens stellvertretende Generaldirektoren sein, um als Vollmitglied an der Veranstaltung teilzunehmen. Das ist auch der Grund dafür, dass beim „Spitzenforum zu Chinas Entwicklung“ so viele Wirtschaftsmagnaten zusammentreffen. Zweifellos übt das wirtschaftliche Potential Chinas, eines Landes, das sich rasch entwickelt, eine große Anziehungskraft aus.

Das Thema des diesjährigen „Spitzenforums zu Chinas Entwicklung“ lautete „Der umfassende Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand in China“, was ebenfalls das Ziel der neuen chinesischen Regierung für die Zukunft ist. Diskutiert wurden Themen wie „Aufbau des chinesischen Marktwirtschaftssystems“, „Schwierigkeiten und Perspektiven der chinesischen Industrialisierung“, „Schwierigkeiten der Urbanisierung Chinas und Gegenmaßnahmen“, „Finanzbeziehungen zwischen der Zentralregierung und den Lokalregierungen und die Koordination der regionalen Entwicklung“, „Chinas Informatisierungspolitik“, „Chinas Geld- und Devisenpolitik“ und „Neue Maßnahmen für die Erschließung der westlichen Gebiete Chinas“. Zu Wort meldeten sich auch hohe chinesische Beamte wie der Handelsminister Lü Fuyuan, der Aufbauminister Wang Guangtao, der Vorsitzende der Chinesischen Volksbank Zhou Xiaochuan, der stellvertretende Finanzminister Lou Jiwei und der Vizeleiter des Statistischen Zentralamts Qiu Xiaohua.

Dem Bauernproblem besondere Aufmerksamkeit schenken

Um eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand zu verwirklichen, muss man den 900 Mio. Bauern Chinas besondere Aufmerksamkeit schenken. Denn sie machen den größten Anteil an der gesamten Bevölkerung von 1,3 Mrd. aus. Allen chinesischen Bauern ein Leben in bescheidenem Wohlstand zu erlauben, ist eine schwierige Aufgabe, aber sie muss dennoch gemeistert werden. So äußerten sich bei der diesjährigen Jahresversammlung des „Spitzenforums zu Chinas Entwicklung“ viele Teilnehmer zum Bauernproblem. Die Urbanisierung ist eine der Lösungen des Bauernproblems. Der Aufbauminister Wang Guangtao sagte: „Die Verlegung der überschüssigen ländlichen Arbeitskräfte in die Städte ist für die Umstrukturierung der Produktion, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der ländlichen Gebiete, die Erhöhung des Niveaus der bäuerlichen Bevölkerung und des Lebensstandards der Bauern und die Steigerung der inländischen Nachfrage vorteilhaft.“

Dwight Perkins, der Leiter des Asienzentrums an der Harvard University, meinte: „Man muss die Herausforderung, dass Bauern in die Stadt kommen, annehmen.“ Seiner Meinung nach sei es aber nicht leicht, eine Lösung für diese Herausforderung zu finden. Er schlug vor, „große Bemühungen zu unternehmen, um allen neuen Zuwanderern in den Städten die gleichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, die den städtischen Einwohnern angeboten werden“. Gleichzeitig zeigte er aber auf, dass die vorgeschlagene Methode zwei Probleme hat. Erstens werde sie durch die weitere Vergrößerung des gegenwärtigen Unterschieds zwischen Stadt und Land beim Lebensniveau die Landflucht noch beschleunigen; zweitens entstünden dadurch riesige Kosten. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für den Wohnungsbau betragen bei städtischen Einwohnern ungefähr 160 000 Yuan. Daraus könne man errechnen, wie viel Geld für die Unterbringung von 200 Mio. Zuwandererfamilien nötig sein werde, von der übrigen städtischen Infrastruktur, wie Schulen und sanitären Einrichtungen, ganz zu schweigen. Sollte die Regierung dies aus dem Staatshaushalt finanzieren, würde kaum etwas übrig bleiben. So ermahnte Dwight Perkins, die Regierung solle entscheiden, welche Investitionen in diesem Bereich bevorzugt und welche zurückgestellt werden sollten, bis mehr Mittel vorhanden seien. Als positiven Punkt vermerkte er andererseits, dass die Einwanderung der Bauern in die Städte die einfach ausgestatteten Wohnhäuser und die Infrastruktur in großem Ausmaß in Anspruch nehmen werde. Das werde zum Aufbau im großen Umfang führen, was bedeute, dass sich China während längerer Zeit nicht vor Deflation zu fürchten brauche.

Der Aufbauminister Wang Guangtao betonte in seiner Rede, dass eine korrekte Einschätzung der Funktion der Zuwanderung von Bauern für die Urbanisierung nötig sei und die Regierung die Entwicklung aktiv anleiten solle, um Missstände zu vermeiden, die eine ungesteuerte Bevölkerungswanderung verursacht.

Schwierigkeiten und Perspektiven der Industrialisierung

Die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform wurde erst kürzlich gegründet. Beim „Spitzenforum zu Chinas Entwicklung“ sprach der Vizeleiter dieser Kommission, Wang Chunzheng, über die Schwierigkeiten und Perspektiven der chinesischen Industrialisierung. Er sagte: „China muss einen neuen Industrialisierungsweg gehen, der sich durch einen hohen wissenschaftlich-technischen Gehalt, eine hohe wirtschaftliche Effizienz, einen niedrigen Ressourcenverbrauch und eine geringe Umweltverschmutzung auszeichnet. Außerdem sollen dabei die Personalressourcen voll zur Entfaltung gebracht werden. In der Tat bereitet es sehr große Schwierigkeiten, dieses Ziel zu erreichen.“ Diese Schwierigkeiten umfassten den Mangel an Technik und Fachkräften, ökologische Probleme und die Entwicklung der Dienstleistungsbetriebe. Mit der Beschleunigung der Industrialisierung und der Erhöhung des Urbanisierungsgrads ländlicher Gebiete werde sich die Dienstleistungsbranche schnell entwickeln und ihren Anteil am BIP ebenfalls erhöhen.

Große Probleme bei der Industrialisierung des neuen Typs bereitet das Einkommen der Bauern. Die Industrialisierung wird dazu führen, dass Bauern in großer Anzahl in die Städte und in den Industriesektor strömen. Nach Wang Chunzhengs Meinung soll man besonderen Wert auf die Entwicklung der mittleren und kleinen Betriebe, einschließlich der Privatunternehmen, legen. Erst damit könne das Urbanisierungstempo der ländlichen Gebiete beschleunigt werden, und so könnten auch mehr Arbeitskräfte aufgenommen werden, was in Zukunft entscheidend sein wird, um die Einkommen der Bauern zu erhöhen.

Nick Scheele betonte, die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates und die Verbesserung der Wohlfahrt des Volkes durch die Industrialisierung müssten vor allem durch die technische Industrie erfolgen, womit er im Großen und Ganzen mit Wang Chunzhengs Meinung übereinstimmt. Nick Scheele sagte: „Ich spreche immer gern über die Funktion der Industrie in der wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates. Chinas Plan, eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand aufzubauen, ist angesichts seiner Wirtschaft und der Lebensweise der Chinesen vernünftig und zeitgerecht. Historische Erfahrungen beweisen, dass Länder, die sich von der wirtschaftlichen Einseitigkeit gelöst haben, stabiler sind.“ Seiner Meinung nach kann eine herstellende Industrie mit komplexen Technologien sowohl in wirtschaftlicher als auch gesellschaftlicher Hinsicht das Land bereichern und dem Volk Nutzen bringen, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens sei eine herstellende Industrie mit komplexen Technologien für China, das heute so großen Wert darauf legt, vom Ausland zu lernen, nicht nur notwendig, sondern auch ein guter Brutkasten. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für die Verbindung der Produktion von Hightech-Konsumgütern mit dem Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand. Zweitens bestehe ein wichtiger Vorteil von Produkten mit fortgeschrittenen Technologien darin, dass sie auch weit außerhalb der Fabrik Gelegenheiten schaffen. Beispielsweise schafft in Nordamerika jede Stelle bei einem Automobilproduzenten rund sieben Stellen bei Lieferanten. Drittens sei diese Multiplikationswirkung nicht nur für die Beschäftigungslage, sondern auch für die Entwicklung anderer Branchen nützlich. Denn ein Produkt mit komplexer Technologie enthalte normalerweise andere Produkte mit ebenfalls komplexen Technologien. Beispielsweise hätten ein Auto, ein Mikrowellen-Ofen, eine Stereoanlage und ein Telefon Gemeinsamkeit, dass sie Computer- oder Computer-Chip-Technik einsetzen. Viertens könne die Entwicklung der Infrastruktur gefördert werden. Beispielsweise werde zur Zeit parallel zur steigenden Anzahl privater Autos das Straßennetz in China in allen Landesteilen ausgebaut. Nick Scheele fügte noch an, dass sich China genau zum richtigen Zeitpunkt an den großen Umwälzungen der Gegenwart beteiligte.

Auf den ersten drei Tagungen des „Spitzenforums zu Chinas Entwicklung“ traf der Ex-Ministerpräsident Zhu Rongji mit den Teilnehmern zusammen. Bei der diesjährigen Versammlung fiel diese Rolle der neu gewählten stellvertretenden Ministerpräsidentin Wu Yi zu. Wu Yis Rede kann als Zusammenfassung der Ziele und der Funktion des Spitzenforums gelten: „In einem Land wie China, das wirtschaftlich und kulturell noch rückständig ist und sich noch immer unausgeglichen entwickelt, ist es eine sehr schwierige, historische Aufgabe, eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand allseitig aufzubauen und die Modernisierung zu verwirklichen. Dabei werden wir mit vielen Problemen konfrontiert sein. Trotzdem sind die chinesische Regierung und das chinesische Volk voller Zuversicht und auch in der Lage, verschiedene Schwierigkeiten zu überwinden und alle möglichen Probleme, die beim Voranschreiten auftreten könnten, zu lösen. Während wir dabei unsere Erfahrungen gewissenhaft zusammenfassen und daraus Lehren ziehen, finden wir es auch notwendig, den internationalen Austausch umfangreich zur Entfaltung zu bringen und internationale Erfahrungen ernsthaft als Beispiel heranzuziehen. Das ‚Spitzenforum zu Chinas Entwicklung‘ bietet uns eine gute Plattform, Meinungen auszutauschen. Ich hoffe aufrichtig, dass die zu diesem Spitzenforum eingeladenen in- und ausländischen Freunde gründlich über die betreffenden Probleme diskutieren, kritische Meinungen äußern und Vorschläge machen. Das ist für ein verbessertes gegenseitiges Verständnis zwischen der Welt und China von Nutzen.“

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