SARS
und
die Immunität der Wirtschaft
Von Hui Feng


Die SARS-Krise hat verschiedene Branchen
der chinesischen Wirtschaft, darunter Verkehr, Tourismus,
Gastronomie und Handel, in unterschiedlichem Grad betroffen.
Gemäß einer unter der Federführung von Prof. Hai
Wen an der Peking-Universität durchgeführten Untersuchung
werden allein die Einnahmen des Tourismus um 10% sinken, das
bedeutet einen Verlust von 50 Mrd. Yuan. Die negative Auswirkung
auf das gesamte Bruttoinlandsprodukt wird bei zwei Prozentpunkten
liegen.
SARS
ist im Grunde nichts anderes als eine infektiöse Krankheit,
deren Ursache man am Anfang nicht kannte. Bei SARS handelt
es sich in keiner Weise um eine politische, wirtschaftliche
oder soziale Krise. SARS ist SARS – seine negativen Auswirkungen
auf das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche
Leben kann man, wenn man tatkräftig effektive Maßnahmen
ergreift, auf einen bestimmten, voraussehbaren Rahmen beschränken.
In Wirklichkeit geht die größte
Gefahr dieser Epidemie nicht von ihrem hohen Ansteckungsgrad
aus, sondern von der Panik in Gesellschaft und Wirtschaft,
die sie hervorgerufen hat. Es steht außer Zweifel, dass
man gegenüber dieser stark infektiösen Krankheit, gegen
die bisher noch keine wirksamen Arzneimittel entwickelt wurden,
sehr wachsam bleiben muss. Wenn aber diese Wachsamkeit überzogen
ist und in eine Panik umschlägt, dann fügt diese Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft bedauerlicherweise größten
Schaden zu. In diesem Fall wird der wirtschaftliche Verlust
Chinas nicht bloß bei den von Prof. Hai Wen prognostizierten
zwei Prozentpunkten liegen.
In der Geschichte sind oft erstaunliche
Ähnlichkeiten zu beobachten. Die SARS-Krise erinnert
an die Krise durch die Grippe-Epidemie, die sich 1918 über
die USA ausbreitete.
1918
zog eine tödliche Grippewelle über die ganze Welt. Wir
lassen die Frage, ob sie aus Spanien oder den USA stammte,
einmal beiseite. Tatsache ist aber, dass sich ein Viertel
der Bevölkerung der USA mit der Grippe ansteckte und
675 000 – 0,66% der Gesamtbevölkerung – daran starben.
Mit der Erwähnung dieser Tatsache wollen wir nicht nur
auf den Verlust hinweisen, der den USA durch die Epidemie
entstand, vielmehr wollen wir eine andere, sowohl von den
Medien als auch von Gelehrten unzureichend beachtete Tatsache
ins Blickfeld rücken: Genau in dieser Zeit traten die USA
aus dem Ersten Weltkrieg, in dem die alten europäischen
Großmächte Frankreich und Großbritannien
schwer beschädigt wurden, hervor und begründeten damit
die beinahe ein Jahrhundert andauernde Epoche der USA.
Am
Anfang des 21. Jahrhunderts befindet sich China gerade in
einer Epoche des grundlegenden Wandels, der mit einem einsetzenden
Wohlstand einhergeht. Durch seinen Beitritt zur WTO entwickelt
sich China von Tag zu Tag zu einem Zentrum der Globalisierung.
In diesem Prozess liegt Chinas größter Feind nicht
in irgend einem anderen Land oder in der ausländischen
Berichterstattung, sondern in sich selbst.
Dass
China in dieser SARS-Epidemie die weltweite Aufmerksamkeit
auf sich gezogen hat, liegt nicht nur an der Größe
der infizierten Gebiete und der hohen Zahl der angesteckten
Personen, sondern vielmehr daran, dass China heute kein Land
mehr ist, das losgelöst von internationalen Angelegenheiten
handeln kann. Jedes Ereignis in China berührt das Interesse
vieler Länder und Multikonzerne, insbesondere dann, wenn
es sich auf die Rentabilität der Investitionen und des
Handels auswirken könnte.
Die
SARS-Krise ist kein isoliertes Ereignis. Mag sein, dass sie
für ein Menschenleben einmalig ist, aber wenn man den Umgang
der Menschheit mit der Natur sowohl in der Vergangenheit als
auch in der Zukunft als Ganzes betrachtet, werden noch andere
unerwartete Krankheiten und Katastrophen auftreten. Das Wichtigste
für die Bewältigung solcher unerwarteter Katastrophen
ist die Stärkung der Immunität sowohl des Staates
und der Unternehmen als auch der Bürger. Beim Staat und bei
den Unternehmen sind damit insbesondere die wirtschaftliche
Stärke und das Entwicklungsniveau gemeint. Nur durch
eine starke Finanzkraft kann ein durch Naturkatastrophen verursachter
Verlust bezahlt werden, und durch eine entwickelte Wirtschaft
können die hohen Kosten der Bekämpfung von Epidemien
getragen werden.
Im Altertum hat ein Weiser gesagt: Unglück steht in
Abhängigkeit vom Glück, und Glück versteckt sich im Unglück.
Was das chinesische Volk heute, da es mit der Epidemie konfrontiert
ist, braucht, ist nicht nur Mut, um SARS zu bezwingen, sondern
wirksame Taten zur Forcierung der wirtschaftlichen Entwicklung.
Nur dadurch kann die Epidemie wirksam eingedämmt, können
die Sorge und die Befürchtungen der Welt beseitigt werden.
Und nur dadurch kann Chinas Kapazität zur Bewältigung
verschiedenartiger Zwischenfälle gestärkt, ein gutes
Image in der Welt aufgebaut, die Anziehungskraft für ausländische
Investoren vergrößert und der Wille internationaler
Partner, mit China zu kooperieren und Handel zu betreiben,
gefördert werden.
Aus www.xinhuanet.com, 14. Mai 2003.