Huai’an,
eine historische Stadt mit neuem Antlitz
Von Wu
Xinyi und Gao Yan
Wenn
man die Website der Stadt Huai’an öffnet, dann sieht man
die Gestalt des großen Zhou Enlai, die seinen friedlichen
Blick in die Ferne richtet. Früher war Huai’an als Heimatstadt
des ersten Ministerpräsidenten der VR China weit herum
bekannt. Heute ist das Image von Huai’an nicht mehr auf eine
„alte revolutionäre Basis” beschränkt – mit einer
langen Geschichte, einer günstigen geographischen Lage und reichen
Ressourcen bildet Huai’an einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt
zwischen Nord und Süd und eine Produktionsbasis für landwirtschaftliche
Produkte. So ist diese bedeutende historische Stadt heute zu
einer neuen Industriestadt geworden.
Als wir in Huai’an ankamen, war es Abend.
Die Stadt zeigte sich in der Abendröte als moderne
Stadt mit langer kultureller Tradition.
Huai’an
ist der Provinzverwaltung Jiangsu unmittelbar untergeordnet
und liegt in der Mitte der Subei-Ebene. Huai’an heißt
auch Huaiyin („Schattenseite“ des Huai-Flusses, also südlich
des Huai-Flusses - nach der onomasiologischen Tradition Chinas
wird ein Ort an der Südseite des Berges oder am Nordufer eines
Flusses als „Yang“, als „Sonnenseite“ bezeichnet, ein Ort an
der entsprechenden Gegenseite dagegen als „Yin“, als „Schattenseite“).
Die Stadt mit ihrem Umland hat insgesamt eine Fläche von
über 10 000 qkm und eine 2000-jährige glänzende kulturelle
Tradition.
Am 5. März 1898 kam Zhou Enlai in der
Fuma-Gasse auf die Welt und verbrachte 12 Jahre seiner Kindheit
hier. Er ging von hier aus zu seinen weiteren Lebensstadien
im alten China und später über den Ozean nach Westen. In
seinem Leben beteiligte er sich an der großartigen Sache
der Gründung des neuen China. Zum Andenken an diese herausragende
Persönlichkeit baute man später auf der Grundlage
des ehemaligen Wohnhauses Zhou Enlais eine Gedenkstätte
mit der Darstellung seines Lebens. Sie wurde ein Wahrzeichen
von Huai’an.
Im
Laufe der Geschichte brachte Hui’an noch weitere Persönlichkeiten
hervor: Da sind z.B. der Militärstratege Han Xin aus der
Han-Dynastie (206 v. Chr.–220), Wu Chengen, der Autor des berühmten
Romans Die Pilgereise nach Westen aus der Ming-Dynastie
(1368-1644) und der berühmte Schauspieler der Peking-Oper, Zhou
Xinfang, zu nennen. Es ist deshalb nicht übertrieben, wenn von
Hui’an als Heimat von Persönlichkeiten gesprochen wird.
Wohl wegen der kulturellen Tradition haben die Huai’aner Einwohner
besondere Charakterzüge. Sie sind schlicht und ideenreich.
In Huai’an liegt der drittgrößte
See Chinas, der Hongze-See, der eine besondere Seelandschaft
bildet. Im Westen mündet der Huai-Fluss in den See, und im Süden
ist er mit dem Yangtse verbunden. Der See ist 2069 qkm groß
und von grünen Bäumen umsäumt. Auf dem See sieht man
Dämme, Schilfe, Sumpflandschaften und Vögel. Gerade
wegen der vielfältigen Landschaften bezeichnen die Künstler
den See als „den fünffärbigen See“ und die Fischer bezeichnen
ihn als „die Schatzkammer“. Der See liefert verschiedenartige
Fischereiprodukte. Das berühmteste ist der Große Krebs.
In der Fangzeit dieses Krebses im September und Oktober wird
jedes Jahres ein kulinarisches Festival am Hongze-Sees
veranstaltet. Dieses Fest zieht nicht nur Gourmets an, sondern
auch viele einfache Touristen aus der Ferne an, um die Krebsspezialitäten
zu kosten.
Am
Strand des Hongze-Sees liegt noch das „Chinesische Pompeji“,
das von Achäologen entdeckt wurde. Es handelt sich um die
Gräber des Ururgroß-,Urgroß und Grovaters des
ersten Kaisers der Ming-Dynastie (1368-1644), Zhu Yuanzhang.
Im Lauf der Jahrhunderte versanken die Gräber wegen der
Überschwemmung und der Ausdehnung des Sees im Wasser. Erst
im Jahr 1963 und 1993 tauchten sie bei Dürren wieder auf. Im
Jahr 2001 waren die Gräber noch einmal zu sehen. Neben
den Gräbern mit den Reliquien sind noch 21 Paare steinerner
Skulpturen von Generälen und Beamten sowie Fabeltieren
am „Göttlichen Weg“ gut erhalten geblieben, sie sind den
Skulpturen am Grab des Kaisers Zhu Yuanzhang in Nanjing ebenbürtig.
Huai’an
ist für seine Küche bekannt. Die Huai’aner Küche ist schon längst
ein wichtiger Begriff in der chinesischen Gastronomie und eine
der vier berühmten Küchen in China. Die Huai’aner Küche ist
dadurch gekennzeichnet, dass sie die grundlegenden Kochweisen
wie Dünsten, Schmoren, Sautieren, Braten und Rösten zur
Vollendung gebracht hat. Die repräsentativen Gerichte sind
kleine Teigwaren mit flüssiger Fleischfüllung, Tofu- und Fisch-Gerichte,
deren Zubereitung voller gastronomischer Raffinessen ist. Nimmt
man die Teigtaschen mit flüssiger Fleischfüllung als Beispiel,
so sieht man, dass ihr Teig so dünn ist, dass er schon beim
geringsten Kontakt mit einer Flamme Feuer fängt. Die Füllung
besteht im Wesentlichen aus Fleisch, hinzu kommen noch Hühnerfleisch,
Krebseier, Hummerfleisch, Seegurken und Bambussprossen, so dass
die Füllung eine balsamartige Konsistenz annmmt. Nach dem Dämpfen
verflüssigt sich die Füllung, und die Teigtasche wird halb durchsichtig,
so dass man sogar die leicht schwankende Füllung sehen kann.
Beim Kosten sollte man zuerst einen kleinen Biss nehmen und
die Flüssigkeit aus der Teigtasche saugen. Man kann sich kaum
vorstellen, was für eine Gaumenfreude man da hat.
Huai’an, eine ökologische Stadt an der
Mündung von fünf Flüssen
In Huai’an fließen fünf Flüsse zusammen:
der Große Kanal ( der Kaiserkanal), der Huai-Fluss, der
Yan-Fluss, der Huaishuxin-Fluss und der Hauptbewässerungskanal
des nördlichen Teils der Provinz Jiangsu.
Nachdem
der Große Kanal in der Sui- und Tang-Dynastie (581-618,
618-907) angelegt worden war, enstand in Huai’an ein Verkehrsknotenpunkt
auf der Nord-Süd-Achse. Neben Yangzhou, Suzhou und Hangzhou
bildete sich hier die vierte Metropole am Großen Kanal
heraus. In den späteren Jahren verlor der Ort jedoch wegen
der Veränderung des Verlaufs des Gelben Flusses und wegen
Kriegswirren allmählich an Bedeutung.
In Huai’an fand der Spruch „der wirtschaftliche
Aufschwung hängt von der Verkehrsbedingung ab“ in der jüngsten
Vergangenheit Bestätigung. Vor einigen Dutzend Jahren konnte
man wegen der ungünstigen Verkehrsbedingungen die damals wirtschaftlich
unterentwickelten Regionen im nördlichen Teil der Provinz
Jiangsu nicht direkt erreichen, der Umweg über die umliegenden
Städte dauerte fünf, sechs Stunden. Damals gab es auch
keine Zugverbindung. Viele Entwicklungs- und Geschäftschancen
wurden verpasst. Im Zuge der Reform und Öffnung haben die
Huai’aner Einwohner ihren Blick erweitert und einen Durchbruch
beim Bau von Transportwegen erzielt.
Die
Inbetriebnahme der Autobahn Beijing-Shanghai stellt für die
Entwicklung des Verkehrs in Huai’an einen Meilenstein dar. Durch
das neue Straßennetz ist der Weg nach Shanghai und in
den südlichen Teil der Provinz Jiangsu erheblich kürzer geworden,
so dass die Stadt mit den wirtschaftlich entwickelten Regionen
Schritt halten kann. Außerdem wurden auch dadurch die
Verkehrsverbindungen mit Beijing und anderen Regionen im Norden
Chinas intensiviert. Huai’an gewinnt als Verkehrsknotenpunkt
wieder an Bedeutung. Durch diese Autobahn und andere neue Straßen
erfährt Huai’an nach einem Jahrhundert der Abgeschiedenheit
eine wirtschaftliche Wiederbelebung.
Heute treffen in Huai’an die Küstenlinien
der Eisenbahn und die Nord-Süd-Autobahn zusammen. In Huai’an
gibt es ein Autobahnnetz mit einer Länge von 330 km. Außerdem
hat man auch den Schiffsverkehr reguliert, so dass Huai’an heute
auf diesem Gebiet zu einem Verkehrsknotenpunkt nationalen Rangs
geworden ist.
Beim Städtebau bildet Ökologie das
Thema Nr. 1. Das Leitkonzept sieht vor, dass die Stadt zu einer
grünen, ökologischen Stadt ausgebaut wird. Sie soll nicht
nur mit Gärten geschmückt, sondern gar zu einer großen
parkartigen Stadt werden. In der Stadt soll es dereinst Seen
und Flüsse geben, wobei sie gleichzeitig von Gewässern
umschlossen sein wird, und die Stadt soll grüne Anlagen haben,
wird aber zugleich von Wäldern umsäumt sein. Zur Zeit
gibt es in der Stadt über zehn Parks bzw. Gärten. Davon
ist der Qingyan-Garten der bekannteste. Er war in der Qing-Dynastie
(1644-1911) der Privatgarten des Generalinspekteurs für Getreidetransport
und ist im typischen Gartenstil in der Region südlich des Unterlaufs
des Yangtse angelegt. Im Teerosen-Garten, der als eines der
acht Teerosenzentren des Landes gilt, werden einige Dutzend
Teerosenarten gepflegt und gezüchtet. Die Teerose ist die Stadtblume
von Huai’an.
Huai’an verfügt über reiche Wasserressourcen
– vier Flüsse fließen durch die Stadt. Die Stadtregierung
hat hintereinander liegende Wiesen zu beiden Seiten des alten
Kanals und einen 5000 m langen grünen Korridor angelegt. Die
alten Sandbänke des Gelben Flusses sind heute bewaldet,
so dass eine ökologische Sehenswürdigkeit entstanden ist.
Neben den grünen Anlagen hat man auch Plätze
für die Bevölkerung angelegt, mogens und abends betreibt
man dort körperliche Ertüchtigung. Am Abend ist die
ganze Stadt hell erleuchtet. Verschiedene neue Gebäude
zeigen in der Beleuchtung ihre Profile.
Huai’an, die nach außen geöffnete
Kornkammer
Huai’an hat ein verzweigtes Gewässerssystem,
zudem liegt es noch in der Nähe des Hongze-Sees. Es erzielt
hohe Erträge an Getreide und Fischereiprodukten.
Huai’an verfügt über eine Wasserfläche
von vier Millionen Mu (1 Mu = 1/15 Hektar). 1998 betrug die
Produktionsmenge von Fischreiprodukten 205 700 Tonnen, von denen
die wichtigsten Fischarten der Große Krebs, die Große
Krabbe, die Karausche, die Weichschilkröte und der Aal
sind. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind:
Reis, Baumwolle, Raps und Geflügel. Den Bedürfnissen des Markts
entsprechend hat man begonnen, die landwirtschaftliche Struktur
zu verändern, indem man den Produktionsumfang von Gemüse,
Geflügel und Fischereiprodukten erheblich erweitert hat. Um
diese Produktionszweige zu stärken, hat man die Produktion
normiert. Man hat vor, diese Region zur ökologischen Produktionsbasis
aufzubauen, damit die Industrialisierung der landschaftlichen
Produktion beschleunigt wird.
Als die neue Industriestadt verfügt Huai’an
über fünf Schlüsselindustriezweige: Hüttenindustrie, Maschinenbau,
Textilindustrie, Chemieindustrie und Tabakindustrtie. Die neuen
Industriezweige, Biotechnik, und Phamarzie, Energieeinsparung
und neue Werkstoffe werden gerade aufgebaut. Einige Unternehmen
wie der Huai’an-Stahl, die Tabakfabrik Huaiyin oder die Petrochemie-Gruppe
Huaiyin gehören den wirtschaftlichen Indizes nach zu den
Topunternehmen des ganzen Landes. Die Industrie gewann durch
die weitere Vergrößerung des Produktionsumfangs eine
neue Struktur.
Huan’an ist ein wichtiges
Handelszentrum in der Huai’an-Ebene. Mit dem beschleunigten
Aufbau des Verkehrsknotenpunkts spielte es als Handelszentrum
eine immer wichtigere Rolle, und jetzt blüht der Handel. Heute
stehen hohe Kaufhäuser und Handelsmärkte dicht nebeneinander.
Huan’an ist der wichtigste Güterumschlagsort in der Gegend.
In der ganzen Stadt gibt es über 450 Handelmärkte, 20 davon
haben einen jährlichen Umsatz von 100 Millionen Yuan. Es
gibt 50 000 Einzelmärkte. In der Stadt bildet der Huaihai-Platz
ein Handelszentrum. Es gibt ein dichtes Netz von Einzelhandelshäusern.
In den letzten Jahren wurde bei der Öffnung
nach außen großer Erfolg erzielt. Einheimische Waren
werden u.a. nach Japan, Südkorea, in die USA und in die EU exportiert.
Die Stadt hat Handelskontakt mit über einhundert Ländern
aufgenommen. Es gibt 15 Kategorien und über 400 Arten von exportierten
Waren. Über 20 international bekannte Firmen investieren
und haben sich in der Stadt niedergelassen. Dies ist vor allem
den sogenannten „weichen“ politischen Rahmenbedingung“ zu verdanken.
In der Stadt sind acht Erschließungsgebiete angelegt.
Durch die Begünstigungspolitik, eine leistungsfähige Infrastruktur
und gute Service-Einrichtung sind viele Investoren aus den USA,
Korea und Neuseeland gekommen. Dazu sagte der Parteisekretär,
Ding Jiemin: „Das Umfeld bildet eine erstklassige Konkurrenzfähigkeit,
in gewissem Sinne sind die „weichen“ Rahmenbedingungen wichtiger
als die ‚harten’ – materiellen - Einrichtungen, und sie sind
auch als Kapitel zu betrachten.“
Die Öffnung nach außen zeigt sich
auch darin, dass die Stadt Huai’an Partnerschaften mit einer
Reihe ausländischer Städte geschlossen hat, und enge
Kontakte mit 30 Ländern und Regionen der Welt unterhält.
Die fünf Millionen Einwohner Huai’ans haben
sich das Ziel gesetzt, den Aufbau der Heimatstadt von Zhou Enlai
zu intensivieren und die Wirtschaft ihrer Stadt anzukorbeln.
Sie haben eine Strategie für nachhaltige Entwicklung ausgearbeitet,
nach der die Stadt durch Wissenschaft und Technik einen Aufschwung
erfahren und ihre Leistungsfähigkeit durch die Industrie
verstärkt werden soll. Zur Zeit wird Huai’an zu einer modernen
Metropole mit prosperierender Wirtschaft, einer schönen
Umgebung und einem hohen Entwicklungsgrad aufgebaut.