Chinesische
Spirituosen
Die Alkoholstellung hat in China eine Geschichte
von mehreren tausend Jahren. Die verschiedensten Arten wurden
im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, jede mit ihrer Besonderheit.
Die bekanntesten Getreidebranntweine sind der Shaoxing, den
Fen, der Maotai, der Luzhou-Daqu und der Xifeng.
Der Shaoxing-Schnaps wird im Kreis Shaoxing,
Provinz Zhejiang, erzeugt. Rohstoffe sind klebriger Reis aus
der Provinz Jiangsu und Wasser aus dem Jianhu-See. Historische
Aufzeichnungen belegen, dass er bereits im Jahre 502 berühmt
war. Nach der Gärung wird er mehrere Jahre in Tongefäßen
gelagert, dann mit frisch destilliertem Shaoxing vermengt.
Alter Shaoxing hat ein besonderes Aroma und einen angenehmen
Geschmack.
Es gibt viele Arten von Shaoxing-Branntwein.
Sie sind nach Qualität und Lagerzeit benannt. Vom besten
sagt man, dass der bei der Geburt der Tochter gebrannt werden
und dann unter der Erde liegen sollte, bis sie herangewachsen
ist. Bei ihrer Hochzeit soll er dann den Gästen angeboten
werden. Da die Bräute im alten China Rot trugen, die
Farbe des Glücks, heißt dieser Branntwein Nüer Hong
(Tochter Rot).
Das Xinghua (Aprikosenblumen)-Dorf im Kreis
Fenyang, Provinz Shanxi, ist die Heimat des Fen-Branntweins.
Schon im Jahre 550 wurde hier dieser klare, starke Schnaps
gebrannt. In der Tang-Dynastie (618-907) war er dann schon
in ganz China bekannt. Der Brunnen, mit dessen Wasser damals
der Schnaps erzeugt wurde, existiert noch, und die traditionelle
Technik blieb Generationen hindurch unverändert.
Der Fen-Branntwein wird aus rotem Sorghum
und süßen Erbsen als Gärstoff gemacht. Er muss
in einem weiten Gefäß mit kleiner Öffnung
21 Tage gären. Der berühmte chinesische Schriftsteller
Lu Xun äußerte sich einmal folgendermaßen:
"Wenn ich Fen-Schnaps schlürfe, schließe ich meine
Augen und prüfe den Geschmack. Er macht nicht betrunken, sondern
erfrischt, man fühlt sich nach dem Trinken wie nach einem
befreienden Landregen."
Der Maotai-Schnaps aus dem Städtchen
Maotai in der Provinz Guizhou hat eine Geschichte von 200
Jahren. Er ist sowohl im Inland wie im Ausland dafür bekannt,
dass man sich mit ihm auf Staatsbanketten in der Großen
Halle des Volkes zutrinkt.
Der Maotai erfordert einen besonderen Fermentationsprozess.
Nach dem ersten Gären und Destillieren wird das Getränk
wieder in die Gefäße zurückgegossen. Nach der zweiten
Destillation sondert man den guten Maotai vom schlechteren.
Diesen lässt man nachgären. Auf diese Weise gärt
der Inhalt eines Fasses im Laufe von acht Monaten achtmal
nach. Der klare, feurige Maotai lagert dann drei Jahre, bevor
er in Flaschen abgefüllt wird.
Der Xifeng-Schnaps wird im Städtchen
Liulin des Kreises Fengxiang in der Provinz Shaanxi hergestellt,
wo es viele alte Brunnen mit sehr klarem Wasser gibt. Der
Herstellungsprozess ist sehr kompliziert und umständlich.
Verschiedene Gärstoffe werden in vier Lagen in einem
Fass aufgeschichtet und mehrere Jahre fermentieren lassen.
Nachdem der neue Branntwein dann destilliert ist, kommt er
in mit Weidenflechtwerk bedeckte Behälter, die innen
mit Papier ausgekleidet sind, das mit Tierblut bestrichen
ist. Er lagert dann drei Jahre, bevor er in Flaschen abgefüllt
wird.
Der Xifeng schmeckt sauer, süß, bitter,
scharf und würzig; und er erfrischt den trockenen Gaumen.
Der berühmte Dichter Su Shi aus der Song-Dynastie, verglich
ihn einmal in einem Gedicht mit den schönen Weiden am
Ostsee (bei Wuhan) und mit den grazilen Händen einer
Frau.
Der Daqu aus dem Kreis Luzhou, Provinz Sichuan,
ist für seine Lagerung bekannt, manchmal wurde er 380 Jahre
gelagert. Die Erdwand um den Keller wurde im Laufe der Jahre
dunkel von aufgesogenem Branntwein, und andereseits dringt
der Geruch des alten Kellers in neu gelagerten Schnaps und
verleiht ihm so einen eigentümlichen Geschmack.
Diese berühmten Schnäpse werden in
Flaschen abgefüllt, die selbst ebenfalls kleine Kunstwerke
sind. Einige sind aus Porzellan, andere aus Glas. Die Maotaiflasche
z.B. ist eine Flasche in zylindrischer Form aus Porzellan,
mit rotgoldenem Etikett.
In China werden noch mehr als 100 verschiedene
Gewürz- und Kräuterschnäpse produziert. Der Zhuyeqing
ist einer der bekanntesten. Er wird aus grünen Bambusblättern,
getrockneten Orangenschalen, Saussurea Lappa (eine chinesische
Medizin) und neun anderen Kräutern hergestellt, die in
Fen-Schnaps eingelegt werden. Der Wujiapi, aus Kräutern
und Destillaten, wirkt kräftigend und soll verschiedene
Krankheiten heilen können.
An Feiertagen und Festen trinken Chinesen
gerne zusammen ein Gläschen Schnaps. In der Vergangenheit
zogen es manche Leute vor, allein im Mondschein unter blühenden
Bäumen zu trinken. Und ein altes Volkslied schildert,
wie man sich nach harter Arbeit beim Schnaps entspannen kann:
"Bei Sonnenuntergang sitze ich vor meiner Tür, ein Glas
in der Hand, und ich fühle mich wie ein Gott."
Spirituosenhandlungen gibt es in China in
allen Städtchen und Städten, insbesondere dort,
wo berühmte Schnäpse gebrannt werden. In Städtchen
Shaoxing sollten auf zehn Geschäfte drei Spirituosenhandlungen
kommen.
Viele alte Legenden haben Schnaps zum Thema.
Eine der beliebtesten ist die über Du Kang, einen Beamten
der Zhou-Dynastie (1066-221 v.u.Z.). Du Kang trankt gerne
und konnte auch selbst Schnaps brennen. Nachdem er in den
Ruhestand getreten war, kehrte er in seine Heimat zurück,
eröffnete eine Spirituosenhandlung und verkauft selbstgebrannten
Schnaps, dem er den Namen Dukang gab. Dukang wurde weit und
breit bekannt.
Eines Tages kam jemand in das Geschäft,
der bekannt dafür war, dass er sehr viel trinken konnte, ohne
betrunken zu werden. Er pries den Dukang und trank große
Mengen davon. Als er bezahlen wollte, lehnte Du Kang ab und
sagte: "Die Qualität meines Schnapses kann man erst
nach drei Jahren beurteilen. Deshalb möchte ich, dass
Sie erst dann bezahlen." Der Mann ging nach Hause und
fiel in tiefen Schlaf. Er lag mehrere Tag und Nächte
wie tot da, und sein ganzer Körper strömte den Duft
des Schnapses aus. Seine Familie dachte, er wäre an einer
Alkoholvergiftung gestorben und beerdigte ihn. Drei Jahre
später kam Du Kang, um das Geld zu kassieren. Die Familie
sah ihm einen Mörder und nahm ihn fest. Mit einem Lächeln
forderte Du Kang die Familie auf, das Grab zu öffnen,
was auch geschah. Als man den Sarg öffnete, setzte der
Trinker sich auf und rief: "Ein großartiger Schnaps!
Ein wirklich großartiger Schnaps" Von da an wurde
der Dukang noch bekannter.
Cao Cao, ein berühmter Stratege aus der
Zeit der drei Reiche (220-265 u.Z.) lobte ihn in einem Gedicht:
"Nur Dukang kann meine Sorgen vertreiben". Dieser
Schnaps (es gibt ihn auch heute noch) wurde auch einmal Kaknei
Tanaka, dem früheren japanischen Premierminister, serviert,
als er 1972 China besuchte. Aber leider kennen wir nicht seinen
Kommentar dazu.
(Aus
Nr. 4 von „China im Aufbau“, 1979)