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China und die EU: Trotz Unterschieden eine Beziehung mit Zukunft

2023-02-28 14:14:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Fu Cong
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Treffen zwischen dem Leiter der Mission der Volksrepublik China bei der Europäischen Union, Fu Cong, und Jörg Wuttke, dem Präsidenten der EU-Handelskammer in China, am 9. Januar 2023 

  

Die Welt erlebt derzeit einen Jahrhundertwandel. Angesichts der aktuellen Umbrüche ist der Stellenwert der Beziehungen zwischen China und Europa noch stärker in den Vordergrund getreten. Und es ist unbestreitbar, dass die chinesisch-europäischen Beziehungen weitgehend von richtungsweisender Bedeutung für die globale Entwicklung sind. China misst seinen Beziehungen zur EU seit eh und je große Bedeutung bei. Staatspräsident Xi Jinping beschreibt China und Europa als zwei große Kräfte für den Weltfrieden, zwei große Märkte für gemeinsame Entwicklung und zwei große Zivilisationen zur Förderung des menschlichen Fortschritts. Für mich ist es deshalb eine besondere Ehre, das Amt des Botschafters der chinesischen Mission bei der EU anzutreten. Gleichzeitig spüre ich aber auch die große Verantwortung, die nun auf meinen Schultern lastet. 

  

Keine grundsätzlichen Interessenkonflikte zwischen China und Europa 

  

Vor einigen Monaten hat die KP Chinas erfolgreich ihren XX. Parteitag abgehalten. Die wichtigste Botschaft des politischen Großereignisses an die Welt war, dass China innen- wie außenpolitisch auf Kontinuität und Stabilität setzt. Der Parteitag machte deutlich, dass China auch weiterhin an der sozialistischen Marktwirtschaft festhält und seine Reform- und Öffnungspolitik fortsetzt. Auch in Zukunft verfolgt das Land eine unabhängige und selbstständige Außenpolitik des Friedens und fördert den gemeinsamen Wohlstand sowie die gemeinsame Entwicklung aller Länder. Dies schafft eine solide Grundlage und einen guten allgemeinen Rahmen für Chinas Europapolitik. 

  

Der Besuch des Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel in China war ein weiteres wichtiges Ereignis vor meinem Amtsantritt. Staatspräsident Xi Jinping und Präsident Charles Michel tauschten sich bei ihrem Treffen intensiv über eine Reihe zentraler Themen aus und erzielten dabei wichtige Übereinstimmungen. Beide Seiten zeigten sich gewillt, die Beziehungen zwischen China und der EU weiter voranzubringen. Für mich war dies ein beruhigendes Signal, das den Weg für die nächste Phase der bilateralen Beziehungen ebnet. 

  

Es gibt keinen grundsätzlichen Interessenkonflikt zwischen China und Europa. De facto weisen beide Seiten viele Gemeinsamkeiten auf. Wirtschaftlich gesehen ergänzen sie sich in hohem Maße. Auf diplomatischer Ebene treten sowohl China als auch Europa für eine ausgewogene, multipolare Welt ein, indem sie sich für den Multilateralismus engagieren. Zudem pflegen beide Seiten eine gute Zusammenarbeit in wichtigen globalen und regionalen Fragen. Jüngstes Beispiel ist die 15. Konferenz der Vertragsparteien (COP15) des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt. Gleiches gilt auch für die iranische Atomfrage, in der ich mich vor meiner Ankunft in Europa sehr engagiert habe. All dies zeigt, dass China und Europa bei vielen wichtigen Themen am gleichen Strang ziehen. Und dies dürfte sich in Zukunft fortsetzen.  

 

  


Am 26. Oktober 2022 legt dieses Containerschiff von COSCO Shipping am Terminal Tollerort im Hamburger Hafen an. Das Unternehmen hält 24,9 Prozent der Anteile an diesem Terminal. 

  

Vorrangige Richtung für die Zukunft 

  

Seit meinem Amtsantritt habe ich mir viele Gedanken über meine Arbeit gemacht. Grundsätzlich zielt sie auf vier Hauptbereiche: 

  

Erstens setze ich mich für die Wiederbelebung und Fortsetzung von Kontakt und Austausch zwischen China und Europa auf allen Ebenen ein. Pandemiebedingt fand in den letzten drei Jahren ein Großteil der Kontakte online statt, teils geriet der Austausch auch ins Stocken. Da die Pandemie nun nachlässt und sich die Reisebeschränkungen lockern, liegt die Priorität meiner Arbeit darin, den persönlichen Austausch zwischen China und Europa wiederherzustellen und ihn gezielt voranzubringen. Austauschmechanismen auf verschiedenen Ebenen in beiden Richtungen bestehen bereits. Der höchstrangige darunter ist das China-EU-Gipfeltreffen. Daneben gibt es noch fünf weitere hochrangige Dialogmechanismen, nämlich zu den Themen Strategie, Wirtschaft und Handel, Digitalisierung, Umwelt und Klima sowie Kultur. Hinzu kommen noch einmal mehr als 70 bilaterale Dialogmechanismen auf Vizeminister- bzw. Abteilungsleiterebene. Unsere Hoffnung ist es, diese Kontakte aufrechtzuerhalten bzw. sie wieder aufzunehmen. 

  

Zweitens mache ich mich für die Förderung der pragmatischen Zusammenarbeit stark. Sobald ein Dialog abgeschlossen ist, sollten Taten folgen, meist mit der Umsetzung von Projekten, vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie. Das Abkommen zwischen China und der EU über geografische Herkunftsangaben (GI) ist hier ein gutes Beispiel. Ich freue mich, dass es weitere Fortschritte bei der zweiten Liste von GI-Produkten gegeben hat. Insgesamt werden nun 244 Produkte von beiden Seiten anerkannt und gegenseitig geschützt. 

  

Drittens ist es nötig, unsere Koordination und Kooperation bei der Bewältigung globaler Probleme zu verstärken. Sowohl China als auch Europa bekennen sich zum Multilateralismus und sorgen für Global Governance. China ist bereit, sich noch intensiver mit der europäischen Seite in Fragen wie dem Klimawandel und der Nichtverbreitung von Kernwaffen abzustimmen.  

  

Viertens liegt mir auch die Intensivierung des menschlichen Austauschs am Herzen. Kulturaustausch und Tourismus wurden durch die Pandemie stark beeinträchtigt. Wir hoffen, sie so bald wie möglich wieder in Gang zu bringen. Dies wird von der Tourismusbranche in Europa herzlich begrüßt. 

  

Ukraine-Krise: Lösung mit warmem Herzen und kühlem Kopf 

  

Es ist mir klar, dass einige an den sogenannten „grenzenlosen“ Beziehungen zwischen China und Russland zweifeln. Dennoch glaube ich, dass dieser Begriff überinterpretiert wird. Ein Merkmal der chinesischen Außenpolitik ist die Partnerschaft mit möglichst vielen Ländern, darunter auch mit Russland und der EU. Chinas Beziehungen zu Russland oder anderen Ländern sind keine auf Verträgen beruhenden Bündnisbeziehungen, sondern echte Partnerschaften. Niemals haben wir der Entwicklung unserer Außenbeziehungen oder den freundschaftlichen und gutnachbarschaftlichen Beziehungen unseres Landes künstliche Grenzen gesetzt. Warum sollten wir auch? 

  

In der Ukraine-Krise ist die Position Chinas kohärent. Die von Staatspräsident Xi Jinping aufgestellten „vier Pflichten“ und „vier gemeinsamen Handlungen“ bilden Chinas grundlegenden Leitlinien. Tatsächlich sind auch wir ein „Kollateralopfer“ der Ukraine-Krise. Beispielsweise sind die Güterzugverbindungen auf einigen Strecken zwischen China und Europa aufgrund der Krise gestört, was die wirtschaftliche Zusammenarbeit stark in Mitleidenschaft zieht.  

  

Seit meinem Amtsantritt bestehe ich darauf, eine Botschaft an die europäische Seite zu senden: Die Ukraine-Krise darf nicht zu einem Problem zwischen China und Europa werden. Da die Krise in der Ukraine seit schon einem Jahr andauert, ist es das Gebot der Stunde, einen Waffenstillstand herbeizuführen, um die Kämpfe zu beenden und Leben zu retten. Zur Lösung der Krise bedarf es nicht nur eines aufrichtigen Herzens, sondern auch eines kühlen Kopfes. 

 

Europa braucht visionäre und weitblickende Führungspersönlichkeiten. Es ist allgemein bekannt, dass sich die EU dank Generationen solch kluger Köpfe zu dem entwickelt hat, was sie heute ist. Nun stehen wir erneut vor einem historischen Scheideweg. Angesichts der großen Veränderungen in der internationalen Lage sind die europäischen Staats- und Regierungschefs dazu aufgerufen, Weitblick zu zeigen und klar zu unterscheiden, was vorteilhaft und was nachteilig für Europa ist.   

 

  


Besucher probieren am 4. September 2021 am Stand von Irland, dem Gastland der China International Trade Fair for Services in Beijing, als geografische Herkunftsangaben geschützte Produkte aus China und der EU. 

  

Gemeinsam für das Inkrafttreten des Investitionsabkommens 

  

Was die China-Politik der EU angeht, schrieb man den Dreiklang von China als Kooperationspartner, Wettbewerber und systemischen Rivalen fest. Darin ist heute eine zunehmende Verschiebung der China-Wahrnehmung in Richtung der Attribute Wettbewerber und Rivale erkennbar. Eine solche Bewertung stößt auf der chinesischen Seite keineswegs auf Anerkennung. China nimmt seinerseits eine viel positivere Sichtweise ein, betrachtet Europa als Partner. Was den Wettbewerb betrifft, so ist ein gewisses Maß an Konkurrenz im wirtschaftlichen Sektor nur von Vorteil. In diesem Sinne lehnen wir Wettbewerb nicht ab - solange er fair ist. Überdies betrachten wir Europa nicht als Rivalen. Es wäre falsch und schädlich, diesen Aspekt zu betonen. Denn dies droht, unsere aktuelle und potenzielle Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zu behindern. Mein tiefster Eindruck seit meinem Amtsantritt ist, dass die chinesisch-europäische Zusammenarbeit übermäßig politisiert wird. Der Spielraum für weitere Kooperation ist nach wie vor groß, doch aus politischen und ideologischen Gründen hat die Zusammenarbeit stark gelitten. 

  

Apropos ideologische Fragen: Europa und China mögen sich zwar in Bezug auf Geschichte, Kultur und Entwicklungsstadium unterscheiden. Dass gewisse Unterschiede bestehen, ist jedoch völlig normal. Verschiedene Ideologien, Religionen und Kulturen haben unsere Welt zu der Vielfalt und Blüte geführt, die wir heute sehen. Die bestehenden Unterschiede sollten allerdings kein Hindernis für das Verfolgen gegenseitiger Interessen, für gemeinsamen Wohlstand und gemeinsame Anstrengungen sein. 

  

Vor meinem Amtsantritt habe ich schon viele Regierungsbehörden in China besucht. Eines der immer wiederkehrenden Themen im Austausch mit meinen chinesischen Kollegen ist das Investitionsabkommen zwischen China und der EU. Dieses Abkommen ist das Ergebnis von 35 harten Verhandlungsrunden über einen Zeitraum von sieben Jahren. Dabei haben beide Seiten ihre große Flexibilität gezeigt. Es würde die chinesisch-europäischen Wirtschaftsbeziehungen auf ein höheres Niveau heben und geht auf die Anliegen der europäischen Geschäftsleute ein. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es sich um ein für beide Seiten vorteilhaftes Abkommen handelt und keinesfalls um eine Art „Zugeständnis“ der EU an China. Ich bin bereit, mit meinen europäischen Kollegen gemeinsam auf eine Lösung und das Inkrafttreten dieses Abkommens hinzuwirken, um die Beziehungen zwischen China und Europa einen entscheidenden Schritt voranzubringen. 

  

*Fu Cong ist Leiter der Mission der Volksrepublik China bei der Europäischen Union.  

 

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