Brücke
zwischen östlichem und westlichem Denken
Von Atze Schmidt
Um
ein Buch schreiben zu können, wie es Adeline Yen Mah
mit ihrem jüngsten Werk gelungen ist, muss man wahrscheinlich
in beiden Kulturkreisen zuhause sein: im östlichen
und im westlichen. Anders dürften die für westliche Leser
oft unverständlichen Denk- und Verhaltensweisen von
Menschen aus Asien kaum zu vermitteln sein. Zumal wenn es
sich um die so diffizilen, in Jahrtausenden herausgebildeten
Denkmuster und Verhaltensformen der Menschen in China handelt.
Die
Autorin, Jahrgang 1937, stammt aus Nordchina und lebt seit
30 Jahren als Ärztin und Schriftstellerin in London,
Hongkong und Kalifornien. Nachdem sie mit ihrem Erstlingswerk
„Fallende Blätter“ auf Anhieb einen Bestseller auf
den Markt gebracht hatte, legt sie nun eine äußerst
lehrreiche Begegnung mit dem alten China vor. Ob Taoismus,
Buddhismus oder Konfuzianismus, ob traditionelle chinesische
Medizin, die angebliche Weisheit des Wahrsagebuches I Ging
oder die von manchen als existent beschworene Energie des
Fengshui – dies und vieles mehr bringt uns Yen Mah auf eine
sehr persönliche Weise nahe.
Sie
lässt ihren Großvater sprechen, der für sie als
ungeliebter Stieftochter die einzige Bezugsperson ihrer
Kindheit war (ihm hat sie das Buch auch gewidmet), sie berichtet
von eigenen Erlebnissen in Ost und West, und sie führt zum
besseren Verständnis des geistigen Kosmos ihrer Heimat
China eine Fülle von Beispielen aus der chinesischen Schrift
und Sprache an, die oft auf verblüffende Weise deutlichen
machen, was der Westler sonst nur schwer zu verstehen vermag.
Adeline
Yen Mah: „Der Ursprung der zehntausend Dinge“, 239 Seiten,
Deutscher Taschenbuch Verlag, 14,50 Euro