Alltagsgeschichten
aus dem heutigen China
Von Atze Schmidt
Vor zwei Jahren hatten wir in der Rubrik
„China-Bücher“ eine Besprechung des Romans „Warten“ von Ha
Jin mit der Überschrift „Mitten ins Herz treffend“ versehen.
Das war die passende Aussage zu einem bemerkenswerten Buch,
entnommen einer Rezension in dem Magazin The New Yorker.
Dieser erste Roman des Autors wurde zunächst in den USA,
wo der heute 47-jährige als freier Schriftsteller lebt,
und dann auch in anderen Ländern begeistert gefeiert
und mit Preisen bedacht.
Nun erschien ein weiteres Buch von Ha Jin,
ein Band mit einem Dutzend Erzählungen aus dem heutigen
China, und wieder überschlagen sich manche Rezensenten vor
Superlativen: „Brillant! Ha Jin wird immer besser!“ liest
man in der Kirkus Review, und der Kritiker von Commercial
Appeal fühlt sich gar an Tschechow und den frühen Hemingway
erinnert.
Solche Lobeshymnen hätte man sich m.
E. besser aufsparen sollen für den Fall, dass Ha Jin wirklich
wieder ein großer Wurf gelingt, denn diese Sammlung
von Geschichten ist es nicht. Es scheint, dass dem Autor die
Form des Romans eher liegt als die der knappen Erzählung.
Dennoch, wer an China ein besonderes Interesse
hat, wird das Buch sicher mit Gewinn lesen, gibt es doch Einblicke
in den chinesischen Alltag ganz normaler Menschen von heute.
Ha Jin: „Ein schlechter Scherz“, Deutscher
Taschenbuch Verlag, 255 Seiten, 14,50 Euro