Für den Wohlstand der Bauern
Von Li Wuzhou
Die
Dorfbewohner drängeln sich um eine kleine Bambusbühne und
hören stehend, sitzend und hockend einer 21-jährigen
Kandidatin für den Volkskongress der Gemeinde zu.
Diese
Szene spielte sich vor 18 Jahren im Dorf Xujiaqiao, Provinz
Hunan, ab. Xie Xin’ai erinnert sich, dass sie ein wenig nervös
war nach ihrer Rede, als sie den Dorfbewohnern in ihrem Wahlkreis
zusah, wie sie sich vor den Urnen anstellten, um ihre Stimmen
abzugeben. Wie es kam, wurde sie mit überwiegender Mehrheit
zur Abgeordneten für den Volkskongress der Gemeinde gewählt.
Xie
hatte seit ihrer Kindheit von diesem Tag geträumt. Ihre
Mutter war damals eine tüchtige Dorfvorsteherin, und ihre Familie
empfing oft Kader aus der Kreis- und der Bezirksregierung, die
für einen Augenschein im Dorf vorbeikamen. Während sie
sie auf ihrem geschäftigen Rundgang durch das Dorf beobachtete
und ihren Diskussionen zuhörte, beschloss sie, eines Tages
in ihre Reihen einzutreten. Nach dem Mittelschulabschluss legte
sie die entsprechende Prüfung ab und wurde Kader im Kreis Bamaoxi.
1985, im zweiten Dienstjahr, begann sie ihre Karriere als Abgeordnete
des Volkskongresses des Kreises Sangzhi im Nordwesten der Provinz
Hunan.
Xie
wandte sich Geschäften zu, welche die Bauern direkt betrafen.
Schon damals war sie der Überzeugung, dass Armut ein bedeutendes
Hindernis für die ländliche Entwicklung ist und ihre Bekämpfung
der Schlüssel für die Bewältigung vieler weiterer Probleme
auf dem Land. Damals war Sangzhi ein isoliertes, rückständiges
Berggebiet. Die ortsansässigen Bauern konnten sich selber
ernähren, hatten jedoch kein Geld übrig für anderes. Nachdem
sie zur Abgeordneten gewählt worden war, machte sie sich
zu ihrem Fürsprecher und drängte auf den Bau von Straßen,
Wasserversorgungsanlagen und den Ausbau der Telekommunikationsverbindungen.
Auf der Suche nach Wegen, um das Leben der Bauern zu verbessern,
trug sie Informationen aus Büchern und den Medien zusammen und
veranstaltete Weiterbildungskurse für die Dorfbewohner. In den
letzten 18 Jahren ist sie von der Abgeordneten des Volkskongresses
auf Kreisebene zur Abgeordneten des Volkskongresses auf Stadtebene
aufgestiegen. Sie reichte über 100 Anträge ein, von denen
70 angenommen wurden. Besonders stolz ist sie auf den Vorschlag
zur umfassenden Nutzung des Chenjiahe-Tals, den sie im Bezirkskongress
vorbrachte.
Die
Bauern in Chenjiahe lebten früher auf Terrassenfeldern, die
sie dem Berghang abrangen und die wenig Ertrag abwarfen. Abgesehen
von den ökologischen Schäden, die diese Bewirtschaftungsmethode
verursachte, blieb in Dürrejahren der Ertrag ganz aus. Nach
einer einmonatigen Untersuchung präsentierte Xie einen
detaillierten Bericht und schlug vor, die Felder wieder aufzuforsten,
um den Boden und den Wasserhaushalt zu schützen, an den Hängen
Orangenbäume zu setzen und im Tal Bewässerungskanäle
zu bauen. Nach der Verwirklichung dieses Plans überzog üppiges
Grün die einst kargen Berge. Jedem Bauernhaushalt im Dorf wurde
ein Mu (1/15 ha) für den Obstanbau zugeteilt, dessen
Einkünfte ein Vielfaches des Ackerbaus betrugen. Heute ist die
Hälfte der Haushalte in Chenjiahe in neue Häuser umgezogen,
die über einen Telefonanschluss verfügen.
Als
sie ihren Vorschlag vorbereitete, besuchte Xie Xin’ai, damals
Dorfvorsteherin, Tag für Tag die Dorfbewohner und bat sie um
Informationen und ihre Meinung. Abends beugte sie sich über
Fachbücher und Nachschlagewerke. Sie ging so weit, ihre Pflichten
als Mutter und Ehefrau zu vernachlässigen. Doch wie so
viele andere Ehemänner, die ihre im Dienste der Öffentlichkeit
tätigen Gattinnen unterstützen, übernahm ihr Mann ohne
Murren die Aufgaben im Haushalt. Dennoch hatte Xie Schuldgefühle,
und sie versprach ihrem Mann: „Nur dieses eine Mal, nie wieder.“
Sie hat ihr Wort gehalten, und seither erübrigt sie Zeit für
ihre Familie, egal, wie viel sie zu tun hat. „Ich möchte
lieber eine gute Ehefrau und Mutter sein als eine “Eiserne Lady‘“,
sagt sie.