Hangzhou:
Paradies auf Erden
Von unserer
Reporterin Zhang Xueying

Hangzhou,
bekannt als „Paradies auf Erden“, hat ein feuchtes Klima,
frische Luft, eine saubere, wohlgeordnete Umwelt und den Westsee
als Hintergarten. Hangzhous Umland ist eines von „Fisch und
Reis“, aber auch ein Produktionsstandort für Seide. Jeder,
den man auf der Straße antrifft, strahlt vor Zufriedenheit.
Eine wachsende Zahl von Leuten kann sich glücklich schätzen,
eine Villa in der Gegend erstehen zu können, was die
Immobilienpreise hat ansteigen lassen.
Hangzhou
ist eine berühmte Touristenstadt. Obwohl nicht besonders groß,
drängen sich hier 40 Sehenswürdigkeiten, für deren Besichtigung
eine gute Woche einzuplanen ist. Der sechs km2
große Westsee ist der Stolz dieser Provinzhauptstadt,
und die meisten lohnenswerten Ziele befinden sich in seiner
Umgebung. Anders als die künstlich angelegten Seen so mancher
anderen Stadt ist der Westsee ein natürliches Gewässer,
und sein Anblick ist zu jeder Jahreszeit einfach bezaubernd.
Gelehrte und Dichter haben ganze Bände mit Gedichten
und Prosa gefüllt, in denen sie von ihrem Besuch am Westsee
schwärmen. Einige ließen sich gar hier nieder,
und manch einer zog sich für ein Einsiedlerleben zurück. In
der überwältigenden Fülle an Sehenswürdigkeiten eröffnet
sich mit jedem Schritt ein weiterer bezaubernder Anblick.
Die Landschaft ist poetisch, malerisch, vergänglich.
Hier wird jedes Souvenirfoto zum meisterhaften Landschaftsgemälde.


Die Einwohner
Hangzhous betrachten den Westsee als ihren Lebensmittelpunkt.
Sie kommen für ihre Mahlzeiten hierher, für einen Tee, ganz
allgemein, um ihre freie Zeit zu verbringen. Manche gehen
nicht ins Bett, ohne einen Spaziergang am Ufer absolviert
zu haben. Die Hotels, Restaurants und Teehäuser am See
machen ausnahmslos gute Geschäfte. Alle Einheimischen
genießen die Streifzüge durch die wunderschöne
Landschaft sichtlich, und gelegentlich begegnet man ihnen
zu dritt oder gar zu viert beim Lustwandeln auf dem Bai- oder
dem Su-Damm. So mancher wird an einem schönen Tag der
Versuchung nicht widerstehen können und die Arbeit ruhen
lassen, um am Seeufer auszuspannen. Am Wochenende strömen
ganze Familien am See zusammen, und die begehrtesten Stellen
sind bald mehr als gut besetzt. Die Leute sitzen auf dem samtweichen
Rasen und genießen die Frühlingssonne, während
sie ihre Energiereserven mit den mitgebrachten Esswaren und
Getränken wieder auffüllen. Sie schwatzen, lachen, scherzen
vor den wunderschönen Blumen in ihrem Rücken und ergeben
sich dem Schlaf, wenn er sie übermannt.
Hangzhou
ist genauso für seine wunderschönen Frauen berühmt, die
nicht nur gut aussehen, sondern auch leise sprechen. Die Frauen
in Hangzhou sind elegant und anmutig. Sie lieben es, wenn
man sie fotografiert, ob auf dem Rasen sitzend oder liegend,
an einem Baum gelehnt, oder unter einem Pfirsichblütenzweig.
Davor lassen sie sich schnell ihre Frisur richten, greifen
sich ihr bestes Stück aus der Garderobe, und bisweilen borgen
sie sich von Passanten einen Schirm aus, auf dass ihre Erscheinung
noch anmutiger werde.
Neben
dieser wunderbaren Szenerie und den Sehenswürdigkeiten kann
Hangzhou mit vielen romantischen Geschichten aufwarten. Unter
den klassischen Erzählungen findet sich die Legende von
Su Xiaoxiao, einer berühmten Kurtisane. Su Xiaoxiao war schön
und gewandt. Eines Tages, als sie die Sehenswürdigkeiten besuchte,
traf sie einen jungen Mann aus einer adligen Familie. Es war
Liebe auf den ersten Blick. Einige Tage später kehrte
der Mann nach Hause zurück und kam nie wieder. Die 19-jährige
Xiaoxiao erlag schließlich einer tödlichen Krankheit.
Es gibt eine ganze Menge von Gedichten, die sie besingen,
und auf dem Su-Damm wurde ihr ein Denkmal errichtet.
Ein anderes
romantisches Märchen handelt von der Liebe zwischen einem
jungen Mann namens Xu Xian und der „Weißen Schlange“
(einer Unsterblichen, welche auf Erden die Form einer schönen
Frau annahm, sich jedoch nach einigen Gläsern Wein in
eine weiße Schlange verwandelte). Ihre Liebe bestrafte
die Gesellschaft mit Verachtung, und die Weiße Schlange
endete im Kerker unter dem Leifeng-Turm, während Xu Xians
Familie in alle Winde verstreut wurde.
Die Hangzhouer
von heute sind sehr romantisch, und der Westsee ist der Ort,
wo sie sich den Hof machen. In der Dämmerung versammeln
sich die Liebespaare am Seeufer, so wie man es vom Bund in
Shanghai gewohnt ist.
Von der
romantischen Natur der Hangzhouer ließ sich mancher
Künstler inspirieren. Die Stadt brachte zahlreiche Gelehrte
und Schriftsteller hervor, und Kunst liegt hier förmlich
in der Luft. Jedes Gebäude ist ein Prachtstück, ganz
besonders diejenigen am Westsee – durch den Ort weht Nostalgie.
In den Parks wie Taiziwan oder Gushan werden oft internationale
Skulpturausstellungen abgehalten. Die Landschaft gibt eine
vorzügliche Kulisse für die Werke ab, die wiederum die Umgebung
bereichern. An der Nanshan-Straße, in der Innenstadt,
an der sich jetzt Galerien, Teehäuser und Bars aneinanderreihen,
steht die Kunstakademie, deren Ursprünge in die 1930er Jahre
zurückreichen. Eine Gruppe von Künstlern kehrte damals aus
Europa zurück und gründete die erste Kunstakademie Chinas.
Diese Künstler führten westliche Maltechniken in China ein
und waren die ersten in der chinesischen Geschichte, die Nacktmodelle
malten. Sie revolutionierten die bildenden Künste in China.
Nicht wenige wichtige Figuren in der Geschichte der chinesischen
Malerei absolvierten ihr Studium hier.
In
der Südlichen Song-Dynastie (1127–1279) war Hangzhou die wohlhabendste
Stadt der Welt. Die Tradition des müßigen Nichtstuns,
welche die Hangzhouer heutzutage so ausgiebig pflegen, lässt
sich auf diese Epoche des Reichtums zurückführen. In früheren
Zeiten war das Teetrinken die elegante und feine Art, die
Stunden verstreichen zu lassen – dafür mussten allerdings
gewisse Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst einmal
musste das Wetter angenehm und die Landschaft schön sein.
Zweitens hatten das Wasser, der Tee und das Teegeschirr von
höchster Qualität zu sein. Heute hat das Teetrinken
die Förmlichkeit alter Tage verloren und begleitet nurmehr
eine Mahlzeit. Um den Westsee herum gibt es Restaurant, die
Speisen und auch Tee anbieten. Ihr Dekor und die Hintergrundmusik
sind zwar im alten Stil gehalten, doch das Scheppern von Geschirr
und Besteck zerstört die Stille gründlich, die nötig
wäre, um eine Tasse Tee in aller Form zu genießen.
In den letzten Jahren sind mehr und mehr Cafés eröffnet worden,
die wohl auf Dauer die alten Teehäuser ersetzen werden.
Ihre bequeme Ausstattung, die ausladenden Pflanzen, das gedämpfte
Licht und die eingängige Musik ziehen eine wachsende
Klientele unter den besser Verdienenden an.
Hangzhou
ist nicht minder berühmt für seine kulinarischen Künste. Originell
gewürzte Soßen prägen die lokalen Gerichte, die
nicht zu ölig sind, und ihre Präsentation steht
der Landschaft am Westsee um nichts nach. Es gibt mehr als
40 bekannte Gerichte aus Hangzhou, z. B. Saurer Fisch nach
Westsee-Art, „Bettlerhuhn“, Fischkopf und Tofu, Dongpo-Schweinefleisch,
Krebs mit Longjing- (Drachenbrunnen-) Tee oder „Tante Songs
Fischsuppe“. Fünf von diesen Berühmtheiten sind ein Muss für
Besucher: Dongpo-Schweinefleisch ist nach Su Dongpo benannt,
einem namhaften Schriftgelehrten der Song-Dynastie. Es ist
etwas fett, aber nicht ölig. Für den Sauren Fisch nach
Westsee-Art wird zartes Fischfleisch mit einer süß-sauren
Soße übergossen. Krebs mit Longjing-Tee entstand durch
Zufall. Einst gab ein Koch aus Versehen Teeblätter statt
Gewürze zum Gericht, doch dem Kaiser schmeckte es so gut,
dass es berühmt wurde. „Bettlerhuhn“ist schmackhaft und zart
mit einem Hauch von Lotusblättern, „Tante Songs Fischsuppe“
pikant. Um diese bekannten Gerichte zu kosten, suchen Touristen
altehrwürdige Restaurants auf. Das „Louwailou“ steht am Nordufer
des Westsees und ist für seine lokale Küche berühmt, aber
relativ teuer. Das „Zhiweiguan“ hat sich einen Namen für exquisite
Häppchen gemacht. Gedämpfte Teigtaschen, Wonton-Suppe
und fritiertes Zuckerwerk sind örtliche Spezialitäten
und gar nicht teuer. Zu Mittag und am Abend ist dieser geräumige
Esstempel vollgepackt.
Die Qualitäten
der Hangzhouer beschränken sich jedoch nicht, wie man
meinen könnte, auf ihre poetische Ader. Sie sind gerade
so gewieft wie die Shanghaier, und ihr Geschäftssinn
steht dem ihrer nordöstlichen Nachbarn in nichts nach.
Um die Bedürfnisse der Touristen zu befriedigen, säumen
Verkaufsstände die Wushan-Straße, die Seide, Gemälde,
Kalligraphien, Antiquitäten und antike Möbel feilbieten.
Es gibt echte und gefälschte Antiquitäten, und nur
Experten sind in der Lage, einen Unterschied zu erkennen.
Die Preise variieren, deshalb empfiehlt es sich, zu feilschen.
Es kann vorkommen, dass ein Seidenschal an einem Stand zehn
Yuan kostet, an einem anderen jedoch vier. Man vergesse nie,
dass der Verkäufer immer schlauer ist. Einheimische Käufer
steigen in der Regel mit einem Angebot ein, das leicht über
der Hälfte des angegebenen Preises liegt. Besucher, die
Seide kaufen möchten, sollten ins „Silk City“ gehen.
Hier ballen sich die Export-Verkaufsstellen von Hangzhous
berühmten Seidenmanufakturen. Obwohl die Preise hier etwas
höher liegen, sind die Produkte von besserer und beständigerer
Qualität.
Reiseführer
Die beste
Zeit für einen Besuch in Hangzhou ist zwischen April und Oktober.
Die berühmtesten Stellen liegen am Westsee und umfassen die
„zehn Sehenswürdigkeiten“ und die „zehn neuen Sehenswürdigkeiten“.
Hier eine Auswahl:
Frühlingserwachen
am Su-Damm (Sudi Chunxiao): Der Su-Damm, 3000 Meter lang,
wurde in der Nördlichen Song-Dynastie (960-1127) errichtet,
als Su Dongpo Gouverneur von Hangzhou war. Der Damm führt
über sechs Brücken und ist auf beiden Seiten mit Pfirsichbäumen
und Weiden bepflanzt. Zum Frühlingsbeginn ergeben die roten
Pfirsichblüten und die grünen Weiden einen entzückenden Anblick.
Der Su-Damm steht an erster Stelle unter Hangzhous „zehn Sehenswürdigkeiten“.
Schneeschmelze
an der gebrochenen Brücke (Duanqiao Canxue): Diese Brücke,
auch „Brücke der Liebenden“ genannt, ist eine Steinbogenbrücke
und Schauplatz der legendären Liebesgeschichte zwischen
der Weißen Schlange und Xu Xian. Nach einem Schneefall
schmilzt der Schnee auf der Sonnenseite, während er auf
der Schattenseite unberührt bleibt – daher der Name „Schneeschmelze
an der gebrochenen Brücke“.
„Lotosse
in der Brise im verwinkelten Hof“ (Quyuan Fenghe): Dieser
Hof war in der Südlichen Song-Dynastie eine Brauerei und wurde
nach den Lotossen benannt, die darin wuchsen. Hier sind der
„Verwinkelte Hof“, „Lotosse in der Brise“, das Seeufer und
der „Dichte Hain“ zu sehen. Im Gebiet der „Lotosse in der
Brise“ gedeihen Dutzende Arten von Lotos, und der „Dichte
Hain“ mit seinen hohen Kiefern ist kühl und ruhig, ideal für
eine Grillade oder ein Picknick.
Herbstmond
auf dem ruhigen See (Pinghu Qiuyue): Hier treffen das westliche
Ende des Bai-Damms und Gushan (das Inselchen des einsamen
Hügels) aufeinander. In eine Steintafel ist die Inschrift
„Pinghu Qiuyue“ in der Kalligraphie von Kaiser Kangxi aus
der Qing-Dynastie eingemeißelt, und vor dem Pavillion
lädt eine Terrasse ein, sich hinzusetzen und den Mond
zu betrachten.
Fische anschauen im Blumenhafen (Huagang Guanyu): Dies war ehemals
ein Privatgarten, berühmt für seine Blumen und Fische, und ist
heute ein Park mit einem großen Rasen, einem Blumenhafen,
einem Hain und einem Teich mit über tausend roten Karpfen.
Drei
den Mond spiegelnde Teiche (Santan Yinyue): Diese Insel, die
größte im Westsee, wird auch Xiaoyingzhou genannt.
Sie ist für ihre Gärten berühmt. Außerhalb von
Xiaoyingzhou stehen drei Steinpagoden, die Hauptattraktion
von „Drei den Mond spiegelnde Teiche“. Die beste Zeit, um
den Mond zu betrachten, ist das Mittherbstfest im September.
Abendglocke
am Nanping-Hügel (Nanping Wanzhong): In der Abenddämmerung
wird die Nanping-Glocke im Jingci-Tempel geschlagen, und ihr
Klang hallt über den Westsee.
Nach
Tee fragen im Drachenbrunnendorf (Longjing Wencha): Die „Drachenbrunnen“-
(Longjing-) Quelle ist eine von drei berühmten Quellen in
Hangzhou, und der Longjing-Tee ist eine von Chinas zehn berühmten
Teemarken. Das Drachenbrunnendorf ist bekannt für seinen Tee,
und hier Tee zu trinken ist eine faszinierende Erfahrung.
Das Dorf ist mit Bus 27 oder Tourbus Nr. 3 erreichbar.
Grüne
Bäume in Nebelschwaden bei den neun Flüssen (Jiuxi Yanshu):
Dieser Ort wird von den Einheimischen die „Neun Flüsse und
18 Tobel“ genannt und eignet sich vorzüglich, um der Sommerhitze
zu entfliehen.
Neben
den erwähnten Sehenswürdigkeiten lohnt auch der Linyin-Tempel
(der Tempel des „Seelenrefugiums“) einen Besuch. Am Fuß
des Lingyin-Hügels im Nordwesten des Westsees gelegen, ist
er einer von zehn Zen-Tempeln in China und blickt auf eine
Geschichte von 1600 Jahren zurück. In der Halle des Großen
Helds steht eine neun Meter hohe Statue des auf einer Terrasse
in Lotos-Position sitzenden Sakyamuni. Dies ist die größte
ihrer Art im ganzen Land. Ebenfalls berühmt ist die örtliche
Höhlenkunst. Die meisten Skulpturen und Inschriften stammen
aus der Zeit der Fünf Dynastien (907–960) und der Song- (960–1279)
und Yuan-Dynastie (1271–1368). Die alte Qinghefang-Straße
mit ihren gut erhaltenen alten Quartieren bietet sich ebenfalls
für einen Besuch an.
Der wolkenverhüllte
Pfad im Bambushain (Yunqi Zhujing): Dieser Ort befindet sich
am Fuß des Wuyun-Bergs und ist nach den wolkenverhüllten
Pfaden in den Bambushainen benannt. Er ist ruhig und abgeschieden.
Die Qing-Kaiser Kangxi und Qianlong kamen oft hierher.
Osmanthus-Regen
beim Manlong-Tempel (Manlong Guiyu): Die Umgebung des Tempels
ist berühmt für die Osmanthus-Blüten, deren Duft die Gegend
erfüllt. Im Oktober wird hier ein 4-wöchiges Osmanthus-Festival
veranstaltet.
Tigerquelle
(Hupao Mengquan): Diese Sehenswürdigkeit befindet sich auf
dem Daci-Hügel zwischen dem Westsee und dem Qiantang-Fluss,
fünf Kilometer von der Stadt entfernt. Nach der Legende gefielen
einem Mönch der Tang-Dynastie diese Hügel so sehr, das
er bleiben wollte, doch der Gegend mangelte es an Wasser.
Eines Tages beobachtete er, wie zwei Tiger ein Loch gruben,
und siehe da, Wasser sprudelte hervor – daher der Name der
Quelle. Das klare und süße Wasser, das aus Felsspalten
quillt, wird in Flaschen abgefüllt und als Mineralwasser verkauft,
aber auch für Tee verwendet. Tee aus Longjing-Blättern
und Wasser aus der Tigerquelle wird weitherum als Hangzhouer
Spezialität gepriesen.