Aufschwung
der Provinz Jiangsu
-
Gespräch mit Hui Liangyu, Parteisekretär der Provinz
Jiangsu
Von Wu
Xinyi und Gao Yan
Die
Provinz Jiangsu liegt in der Mitte des Küstenstreifens am Unterlauf
des Yangtse, im östlichen Teil des chinesischen Festlandes.
Im Osten grenzt sie an das Gelbe Meer und im Süden an das Wirtschaftszentrum
Chinas Shanghai. Der Yangtse durchfließt von Westen nach
Osten die Provinz und der Große Kanal stellt eine Verbindung
zwischen dem Norden und dem Süden dar. Das Klima hier ist mild
und der Boden ist fruchtbar. Seit alters her wird die Provinz
als die "Heimat von Fisch und Reis" bezeichnet. In
der Qin- und Han-Zeit (221 v. Chr.-220) war das Gebiet ringsum
Xuzhou und Huai'an eine wichtige Agrarwirtschaftszone. In der
Sui- und Tang-Zeit (581-907) entwickelte sich Jiangsu zu einem
wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum Chinas und am Ende
des 19. Jahrhunderts zur Wiege der Industrie der chinesischen
Nation.
Heute ist Jiangsu eine Provinz, deren Wirtschaft
hoch entwickelt ist. Aber wie kann die Provinz ihre Entwicklungstendenz
im Wirtschaftsbereich nach Chinas Beitritt in die WTO weiter
halten, wie die Reform und Öffnung sowie den Aufbau der
Modernisierung weiter fördern? Um solche Fragen zu beantworten,
führte "China heute" ein Gespräch mit Hui Liangyu,
Parteisekretär der Provinz Jiangsu.
Eine bedeutende Wirtschaftsprovinz Chinas
China
heute: Die statistischen Angaben 2000
zeigten, dass die Wirtschaft der Provinz Jiangsu eine führende
Stellung im ganzen Land einnahm. Vieles hatte sich verändert,
besonders im Verkehrsbereich. Könnten Sie das etwas erläutern?
Hui:
Nach fünfjährigen Anstrengungen hat die Länge der
Autobahn in Jiangsu 1088 km erreicht. Der Streckenabschnitt
der Autobahn Huning (Shanghai-Ningbo) in Jiangsu, die Brücke
über den Yangtse in Jiangyin, der internationale Flughafen Lukou
in Nanjing und die zweite Brücke über den Yangtse in Nanjing
sind fertig gebaut und haben das fortgeschrittene Niveau der
Welt erreicht. Zur Zeit sind die Brücke über den Yangtse Runyang
(Zhenjiang-Yangzhou), das Atomkraftwerk Tianwan und der Kanal,
der den Huaihe-Fluss mit dem Meer verbindet, im Bau. Der Aufbau
der Einrichtungen im Verkehrsbereich in Jiangsu hat große
Fortschritte gemacht.
China heute:
Seit der Einführung der Refom- und Öffnungspolitik 1978
hat die private Wirtschaft einen großen Beitrag für die
Entwicklung der Makrowirtschaft geleistet. Das ist für alle
offensichtlich. Jiangsu ist Ursprungsort der Industrie der chinesischen
Nation in der Neuzeit. Hat sich die private Wirtschaft in Jiangsu
auch schnell entwickelt?
Hui:
Genau. Seit den letzten Jahren spielt sie in der Wirtschaft
Jiangsus eine immer wichtigere Rolle. Ende 2001 gab es 230 000
private Betriebe, in keiner anderen Provinz Chinas ist die Zahl
größer. Die Steuerabgaben an den Staat machten 1/7
der gesamten Steuereinnahmen im Industrie- und Handelsbereich
der Provinz aus. Unter allen High-Tech-Betrieben waren 1/3 private
Betriebe.
China
heute: Jiangsu liegt beiderseits des
Yangtse und nahe der Stadt Shanghai. Sie verfügt über sehr gute
Voraussetzungen für die Entwicklung einer nach außen orientierten
Wirtschaft. Aber 2001 verlangsamte sich das Tempo der Weltwirtschaft.
Übte diese Entwicklung negative Einflüsse auf die Provinz
Jiangsu aus, in der bekanntlich die Strategie der "Internationalisierung
der Wirtschaft" durchgeführt wird?
Hui:
Ja, aber nicht stark. In den 90er Jahren hat sich die Konkurrenzfähigkeit
der nach außen orientierten Betriebe dank der Öffnung
der Stadt Shanghai stark erhöht. Obwohl die weltweite Wirtschaftslage
2001 ungünstig war, erreichte die Zuwachsrate des Exportvolumens
von Jiangsu wie geplant 12% und stand damit auf dem zweiten
Platz des ganzen Landes. 7,1 Milliarden US-Dollar wurden eingeführt
und das war im Vergleich zum vorigen Jahr ein Anstieg um 10,8%.
150 der 500 Top-Unternehmen der Welt hatten 500 Projekte in
Jiangsu durchgeführt. Das Außenhandelsvolumen nahm den
ersten Platz des ganzen Landes ein. 255 Nichthandels-Betriebe,
darunter 56 Verarbeitungsfabriken, wurden im Ausland errichtet.
Insgesamt wurde ausländisches Kapital in Höhe von
56,4 Milliarden US-Dollar genutzt.
Ausgleichen der unterschiedlichen regionalen
Entwicklung
China
heute: Obwohl die Wirtschaft in Jiangsu hoch entwickelt
ist, gibt es doch Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen.
Im Vergleich zum Gebiet südlich des Unterlaufs des Yangtse hat
sich die Wirtschaft im Gebiet nördlich des Yangtse langsamer
entwickelt. Welche Ausgleichsmaßnahmen hat die Provinzregierung
geplant?
Hui:
Wirtschaftlich gesehen besteht die Provinz aus drei Teilen.
Zur Zeit ist der südliche Teil in die Periode der Industrialisierung
eingetreten. Jiangsu will bei der Modernisierung vorangehen.
Um dies Ziel zu erreichen, muss sich der südliche Teil zuerst
entwickeln. Der mittlere Teil ist ein wichtiges Übergangsgebiet
zwischen dem Nord- und Südteil. Aber der Unterschied zwischen
dem Süd- und Mittelteil wird immer größer. Um die
Wirtschaftsentwicklung im mittleren Teil zu fördern, muss
die Regulierung der Struktur beschleunigt und die Optimierung
der Industriebranchen gefördert werden.
China heute:
Was wird die Provinzregierung für die Förderung der wirtschaftlichen
Entwicklung in Nordjiangsu tun?
Hui: Nach
dem Prinzip der gemeinsamen Entwicklung haben wir dem Nordteil
mehr Unterstützung gegeben. Beispielsweise haben wir viel in
den Aufbau der Infrastruktur investiert und damit die Grundlage
für die weitere Entwicklung geschaffen. Dank der Entwicklung
der Industrie hat sich das Leben der Bevölkerung in Nordjiangsu
verbessert.
China heute:
In den letzten Jahren haben Sie Untersuchungen in vielen Gebieten
in Jiangsu gemacht. Welchen Eindruck haben Sie gewonnen?
Hui:
Ein großer Teil der Provinz Jiangsu liegt im Delta des
Yangtse und in der Nähe der Stadt Shanghai. Der erste ländliche
Betrieb Chinas wurde von den Bauern im Südteil der Provinz gegründet.
Von 1995 bis 2000 lag die durchschnittliche Zuwachsrate der
Wirtschaft bei 11,2%. 2000 erreichte das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt
1400 US-Dollar. 2001 machte die wirtschaftliche Entwicklung
wieder große Fortschritte: Der gesamte Inlandsproduktionswert
betrug 951,5 Milliarden Yuan und die Finanzeinnahmen durchbrachen
zum ersten Mal die 100 Milliarden Yuan-Schwelle. Das Absatzvolumen
der Konsumgüter, das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Stadtbewohner
und das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Bauern nahmen jeweils um
10,2%, 9% und 5% zu. Die registierte Arbeitslosenziffer wurde
unter 3,5% kontrolliert.
Wichtigkeit der schnellen Entwicklung
China heute:
Sie haben mehrmals betont, dass ein langsamer Fortschritt ein
Rückschritt sei. Warum?
Hui:
Die wirtschaftliche Entwicklung der Provinz Jiangsu liegt an
der Spitze des ganzen Landes. Man muss größere Anstrengungen
unternehmen, um die hohe Zuwachsrate zu halten. Die nach außen
orientierte Wirtschaft Jiangsus ist hoch entwickelt. Das Im-
und Exportvolumen macht 40% des gesamten Inlandsproduktionswertes
aus. Das genutzte ausländische Kapital ist verantwortlich
für 20% der gesamten Anlageninvestionen der Provinz und beläuft
sich auf 1/7 des gesamten eingeführten ausländischen Kapitals
Chinas. Nach Chinas Beitritt in die WTO werden zahlreiche ausländische
Firmen und Waren nach China strömen und damit wird die
Konkurrenz stark sein. In dieser Situation müssen wir uns bemühen,
um die Wirtschaft noch schneller zu entwickeln.
China heute:
Eben haben Sie über Chinas Beitritt zur WTO gesprochen. Wie
hat sich die Provinzregierung darauf vorbereitet?
Hui: Um die Herausforderungen nach
dem Beitritt in die WTO anzunehmen, will die Provinzregierung
großen Wert auf die Regulierung der Struktur legen. Die
Industrialisierung wird durch die Entwicklung der Informationstechnik
gefördert werden, damit die Konkurrenzfähigkeit der
Wirtschaft auf dem internationalen Markt erhöht werden
kann. Wir müssen uns bemühen, alles, was die wirtschaftliche
Entwicklung verhindert, zu beseitigen. Uns soll bewusst sein,
dass die Wissenschaft und Technik die erste Produktivkraft,
die technischen Erneuerungen die erste Antriebskraft und die
Ressourcen an Fachkräften die größten Ressourcen
sind. Die Strategien wie "Aufschwung der Provinz durch
die Bildung sowie die Entwicklung der Wissenschaft und Technik",
"Internationalisierung" und "nachhaltige Entwicklung"
müssen durchgeführt werden.
China heute:
Sie haben gesagt: "Erst wenn man das Gefühl für eine Krise
hat, kann man die Krise vermeiden."
Hui:
Bei der wirtschaftlichen Globalisierung ist Jiangsu unter einen
großen Druck geraten, weil nicht nur die Gebiete, die
Jiangsu übertreffen wollen, sondern auch die heute noch rückständigen
Gebiete, sich sehr schnell entwickeln. In dieser Situation soll
die Provinz Jiangsu all ihren Mut zusammennehmen, um größere
Fortschritte zu machen. Der Schlüssel zum Erfolg der Einwohner
in Jiangsu liegt darin, dass sie viel mehr Anstrengungen als
die anderen unternommen haben.
Aufbau einer starken Provinz
China heute:
Im November 2001 hat die Provinzregierung das Ziel gesetzt,
Anfang des neuen Jahrhunderts Jiangsu zu einer starken Provinz
aufzubauen, in der die Einwohner ein wohlhabendes Leben führen
und die Modernisierung im Wesentlichen realisiert wird. Könnten
Sie dazu etwas erklären?
Hui:
Der Kern dieses Ziels ist, dass alle Einwohner ein wohlhabendes
Leben führen können. Das ist die Grundlage für den Aufbau
einer starken Provinz und der wichtigste Punkt der von der Provinzregierung
durchgeführten Politik. Wir sollen uns auf die Kraft der breiten
Volksmassen verlassen und deren Fähigkeiten unter Beweis
stellen. Alle Staatsbeamten sollen sich bemühen, der einfachen
Bevölkerung zu dienen. Außerdem spielt die Geschlossenheit
eine wichtige Rolle. Die Prestige der Partei in der Bevölkerung
ist die wichtigste Kohäsionskraft.
China heute:
Seit dem Jahr 1985 sind Sie Beamter der Provinzregierung. Welche
persönlichen Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Hui:
Ich bin eine einfache Person. Dank der Erziehung der Partei
und der Bevölkerung hatte ich die Möglichkeit, einen
Beamtenposten auszufüllen. Deshalb habe ich mehr Chancen, etwas
für die einfache Bevölkerung zu tun. Als hoher Beamter
soll ich mein Bestes tun, der Bevölkerung zu dienen. Außerdem
soll mir bewusst sein, dass ich kein Beamter, sondern eine einfache
Person sein werde, nachdem ich in Pension gegangen bin. Dann
kann ich wenigere Fehler machen. Ich hoffe, dass ich noch ein
Stück "Jade" bin, wenn ich in den Ruhestand trete.
Hui Liangyu, geboren im Oktober 1944, hat
sein Studium an der Hochschule des Parteikomitees der Provinz
Jilin abgeschlossen. Im April 1966 trat er der Kommunistischen
Partei Chinas bei. Ab dem Jahr 1985 war er Beamter der Provinzregierung
von Jilin, Hubei und Anhui. 1995 bis 1999 fungierte er als Chef
und Parteisekretär der Provinz Anhui. Seit dem 6. Januar
2000 ist er Parteisekretär der Provinz Jiangsu.