Wann
kommt der Frühling für die private Wirtschaft in China?
Von
Wang Zhipeng
Um
ihren Versprechen zum WTO-Beitritt Chinas nachzukommen, setzte
die chinesische Regierung auf den 1. April den neuen „Anleitungskatalog
für ausländische Investitionsbereiche“ in Kraft. Im Vergleich
zu 1997 zeichnet sich die diesjährige Ausgabe dadurch
aus, die Öffnung Chinas erweitern zu wollen und ausländische
Unternehmen zu weiteren Investitionen anzuspornen. Im Katalog
ist die Zahl der Bereiche, in denen ausländische Investitionen
erlaubt sind, von 186 auf 263 gestiegen, während umgekehrt
die für ausländische Investoren gesperrten Sektoren von
112 auf 75 gesunken sind. Entsprechend den Versprechen über
die Investitionsgebiete, die Warenmenge, den Betriebsumfang,
die Aktienanteile und die Termine werden Dienstleistungs-
und Handelsbereiche wie Bankwesen, Versicherung, Außenhandel,
Tourismus, Telekommunikation, Speditionsbrache, Buchhaltung,
Rechnungsprüfung und Rechtswesen weitgehend geöffnet.
Wegen der vielen Vorteile und Vergünstigungen strömen
ausländische Investoren nach China. Im Finanzwesen konnte
z.B. die Citybank in Shanghai bereits die ersten Früchte ernten,
so dass die chinesischen Banken unter Druck gerieten. Dennoch
lehnte die chinesische Bankenaufsicht den Antrag eines privaten
Unternehmens auf Eröffnung einer Bank in Shanghai vor
kurzem ab. Nun hat das Unternehmen Anklage erhoben. Die Staatliche
Planungskommission wies einmal darauf hin, dass, ausgenommen
von speziellen Bestimmungen, private Unternehmen auch in diejenigen
Bereiche investieren können, zu denen ausländischen
Investoren Zugang gewährt wird, und dass die Vorzugspolitik
für ausländische Investoren auch für private Unternehmer
gelte. Ausländische Investoren brauchen lediglich den
Anleitungen im Katalog zu folgen, um die Formalitäten
beim Ministerium für Außenhandel und Wirtschaftliche
Zusammenarbeit und bei den zuständigen Verwaltungsbehörden
für Industrie und Handel zu erledigen. Für privates Kapital
dagegen gibt es kein festgelegtes Verfahren.
Seit
der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik im Jahr
1978 verfolgt China das Ziel, ausländische Investitionen
anzuziehen, und hat dazu eine Reihe von Vorzugsmaßnahmen
ergriffen. Ab 1993 steht China in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen
(FDI) auf Platz eins unter den Entwicklungsländern und
weltweit hinter den USA an zweiter Stelle. Seit 1996 beträgt
die durchschnittliche jährliche ausländische Direktinvestitionsmenge
über 40 Mrd. US-Dollar. Auch wenn im Jahr 2001 die Direktinvestitionen
weltweit schrumpften, konnte China 45 Mrd. US-Dollar für sich
gewinnen. Ausländische Investitionen haben nicht nur
Kapital eingeführt, sondern auch fortgeschrittene Technologie
und modernes Management mit sich gebracht, was einen großen
Beitrag zur wirtschaftlichen Transformation und Entwicklung
Chinas geleistet hat. Einigen Schätzungen zufolge ist
1/3 des raschen Wirtschaftswachstums Chinas in den letzten
20 Jahren ausländischen Direktinvestitionen zu verdanken.
Selbstverständlich bildet das Eindringen ausländischer
Investoren eine große Herausforderung für die staatseigene
und die private Wirtschaft. Zur Zeit sind die meisten der
weltweit 500 größten Großunternehmen in China
vertreten, und das ausländische Kapital ist fast in jeden
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich Chinas infiltriert.
Im
Lauf der Reform und Öffnung hat sich die private Wirtschaft
im engen Raum zwischen der staatseigenen Wirtschaft und ausländisch
finanzierten Unternehmen entwickelt, und ihr Betrag zur raschen
wirtschaftlichen Entwicklung Chinas ist nicht zu leugnen.
Nur knapp 5% der von den vier chinesischen staatlichen kommerziellen
Banken gewährten Darlehen entfielen auf private Unternehmen,
die restlichen kamen Staatsunternehmen zu. Trotzdem entspricht
der Wert der Waren aus privater Produktion demjenigen der
staatlichen Erzeugnisse. Heutzutage lassen sich die wirtschaftlichen
Leistungen privater Unternehmen und ihre Bedeutung für die
wirtschaftliche Entwicklung Chinas nicht bestreiten, dennoch
leiden sie in verschiedenen Bereichen unter unfairer Behandlung,
besonders hinsichtlich des Marktzugang, der Steuern und Abgaben
sowie der Finanzierung.
Seit
dem Markteintritt ausländischen Kapitals waren die „Globalisierung“
und die „Protektion der Nationalindustrie“ stets heiß
umstrittene Themen. Es ist offensichtlich, dass China als
riesiges Land nicht konsequent auf die Strategie der Globalisierung
setzen kann. Es muss die Entwicklung seiner konkurrenzfähigen
Nationalindustriebereiche fördern. So kann einerseits
die eigene wirtschaftliche Stärke gefestigt, andererseits
der faire Wettbewerb gefördert werden. Nur wenn chinesische
Unternehmen in der Lage sind, mit Multikonzernen zu konkurrieren,
werden diese fortgeschrittene Technologie nach China bringen
und einsetzen müssen, erst dann werden inländische und
ausländische Betriebe im fairen Wettbewerb stehen.
Von
der Einführung ausländischem Kapitals bis zum Beitritt
Chinas zur WTO befand sich die chinesische Öffnung nach
außen auf gutem Weg. Gleichzeitig muss auch die Öffnung
nach innen Schritt halten, sonst könnten große
Problem auftreten. Wenn langfristig die Öffnung nach
innen und die Verbesserung des Investitionsumfelds außer
Acht gelassen würden, könnte die chinesische Wirtschaft
vom Zuwachs ausländischer Investitionen abhängig
werden, so dass schließlich ausländisches Kapital
und Staatskapital die chinesische Wirtschaft gemeinsam beherrschen
würden, was auf lange Sicht die wirtschaftliche Entwicklung
nur beeinträchtigen könnte. Zur Zeit hat sich die
staatseigene Wirtschaft nicht erheblich verbessert, dabei
ist es besonders wichtig, ein gutes Entwicklungsumfeld für
die private Wirtschaft zu schaffen,
ihr zumindest eine Möglichkeit zu fairem Wettbewerb
zu geben. Private Unternehmen verfügen oft über flexible Betriebsstrukturen,
eine hohe Leistungsfähigkeit, und sie sind reich an Erfahrungen.
Wenn ihre Interessen gesichert werden, sind noch größere
Leistungen zu erwarten.
Die
chinesische Regierung unterstützt nachhaltig die Entwicklung
der staatseigenen Wirtschaft und bietet Bedingungen, ausländisches
Kapital einzuführen. Für die private Wirtschaft waren bislang
leider mehr Worte als Taten zu verzeichnen. Damit staatseigene
und private Unternehmen sowie Betriebe mit ausländischer
Beteiligung sich koordiniert entwickeln können, soll
eine faire Behandlung für das private Kapital frühzeitig in
die Tat umgesetzt werden. Wir hoffen, dass für die private
Wirtschaft der Frühling bald vor der Tür steht.