Schmerzhafter
Mangel an Wissen
Von
Atze Schmidt
"Dieses Buch ist aus dem Gefühl heraus
entstanden, einem Übermaß an Eindrücken nicht gewachsen
zu sein", so leitet Susanne Röckel ihre Shanghai-Impressionen
ein.
Diesen Satz muß man zweimal lesen.
Und dann empfiehlt es sich, sofern man nicht ein Übermaß
an Zeit zur Verfügung hat, das Buch einfach beiseite zu legen.
Denn was die Autorin an anderer Stelle als "Lückenhaftigkeit
meiner Kenntnisse nach allen Seiten hin" bezeichnet,
wird spürbar, sowie man sich auf das Buch einläßt.
Ein knappes Jahr war sie in Shanghai, als
Deutschlehrerin an einer Universität, und "überwältigt
von dem, was zu hören, zu sehen, zu riechen, zu schmecken
war, begann ich zu schreiben". Wogegen auch nichts einzuwenden
ist, aber muß man, was dem Tagebuch anvertraut wird,
gleich der Öffentlichkeit präsentieren? "Immer
wieder wurde mir schmerzhaft der Mangel an Wissen bewußt",
lesen wir. Und nun schmerzt dieser Mangel den Leser, vor allem
dann, wenn er durch bessere Bücher oder gar eigenes Erleben
mehr über China erfahren hat als die Autorin.
Ein paar nette Stilübungen finden sich in
dem Buch, doch ging auch stilistisch manches gründlich daneben.
Susanne Röckel: "Chinesisches
Alphabet / Ein Jahr in Shanghai", Luchterhand Literaturverlag,
224 Seiten