Chinesische
Telekommunikationsindustrie fit für die WTO

Von Ding
Wenxin
Ohne den Beitritt Chinas zur WTO wäre
2001 kein Sonderjahr für die chinesische Wirtschaft gewesen,
denn in diesem Jahr trat keine auffallende Wende ein und der
Staat unternahm keine wichtigen Reformen.
Tatsächlich
aber war 2001 ein spezielles Jahr, ein stabiles Jahr voller
Spannung, weil China in diesem Jahr der WTO beitrat.
In den letzten Jahren diskutierte man in China
darüber, was China nach seinem Beitritt zur WTO gewinnen und
verlieren könnte. Mit dem Paukenschlag in Doha wurde ein
Signal gegeben, ein Signal nicht zum Ende, sondern zum Beginn
der großen Spannung nach dem WTO-Beitritt. Man braucht
drei bis fünf Jahre, oder sogar noch mehr Zeit, um richtige
Antworten zu bekommen. Viele chinesische Unternehmen und Branchen
stehen vor der Alternative, die WTO zu nutzen oder Nachteile
zu erleiden.
Strukturelle Reorganisation
Es ist falsch, zu glauben, dass sich China
erst im Jahr 2001 darauf vorbereitete, den durch den WTO-Beitritt
hervorgebrachten Herausforderungen zu begegnen. Schon vor einigen
Jahren wurden manche Reformmaßnahmen getroffen, besonders
in einigen bedeutenden Branchen wie Landwirtschaft, Finanzwesen
(Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel), Automobilindustrie
und Telekommunikationswesen.
Der vor kurzem veröffentlichte Plan zur
Teilung und Reorganisation der Telekommunikationsindustrie ist
nicht nur ein Ergebnis der langjährigen Reformpraxis, sondern
auch der Beginn der Durchführung einer lange vorbereiteten Planserie
über die Reformen. Diese Pläne haben einen gemeinsamen
Charakter, und zwar die Kultivierung der starken Marktkonkurrenten
durch Regulierung der Branchenstruktur. Sie sollen die Entwicklung
ihrer jeweiligen Industriebranche fördern und gleichzeitig
zum Schutz gegen die ausländischen Unternehmen dienen,
die auf dem chinesischen Markt stoßen.
Am
11. Dezember 2001, dem ersten Tag nach Chinas offiziellem Beitritt
zur WTO, wurde der Plan zur Teilung von China Telecom veröffentlicht;
das war eine tiefgreifende Teilung – die zweite seit 2000. Dem
Plan gemäß werden Kapital und Anlagen der China Telecom
in den zehn Provinzen Nordchinas mit zwei anderen staatlichen
Telekommunikationsunternehmen (China Netcom Corporation und
China Jitong Netcom Corporation) zur China Network Communications
Group Company (China Netcom) fusioniert, während die Teile
der China Telecom in Südchina zu einer neuen selbständigen
Gesellschaft werden, die den Namen „China Telecom Group Company“
behalten wird. Auf diese Weise wird auf dem Gebiet des Telekommunikationswesens
eine neue Situation entstehen, in der sechs starke Firmen miteinander
konkurrieren, während ein großer Teil des Kapitals
und der Anlagen der ehemaligen China Telecom in die anderen
Firmen transferiert wird.
Dieser vom Staatsrat genehmigte Plan wird
vom Ministerium für Informationsindustrie in die Tat umgesetzt.
Ab Februar 2002 werden nach und nach reorganisierte Firmen ins
Leben gerufen. In diesem Plan sind zwei Grundsätze festgelegt.
Erstens: 30% der nationalen Langstrecken-Netzwerke der ehemaligen
China Telecom sollen der China Netcom übertragen werden. Zweitens:
lokale Kommunikationsnetzwerke der ehemaligen China Telecom
in den zehn Provinzen Nordchinas gehen auch auf die China Netcom
über und die China Telecom behält die lokalen Netzwerke
in den 21 Provinzen Süd- und Westchinas.
Als Resultat wird es vier Kommunikationsfirmen
in China geben, die umfassende Geschäfte tätigen dürfen.
Zwei Jahre später können sie Lizenzen für alle Geschäftsbereiche
erhalten. Noch bedeutungsvoller ist es, dass die Wettbewerbsvorteile
der China Telecom und anderer Firmen erheblich abgeschwächt
werden, so dass eine faire Konkurrenz zwischen Kommunikationsfirmen
entstehen kann.
Prosperität durch Teilung
Im
Rückblick auf die Änderungen in den letzten Jahren kann
man die Entschlossenheit der chinesischen Regierung zur Reform
im Telekommunikationswesen und die dabei erzielten Erfolge leicht
erkennen. 1998 wurde die erste Teilung der China Telecom, die
als „Dinosaurier“ bekannt war, erörtert. Damals war sie
eine absolute Monopolistin, die fast alle Geschäfte in
ganz China wie Fest- und Mobiltelefon, Satelliten-Kommunikation
und Pager betrieb. Dementsprechend verbreitet waren Klagen über
schlechten Service und ein unzureichendes Angebot.
Im Jahr 2000 wurde die erste Teilung der China
Telecom erfolgreich unternommen. Mobiltelefon, Pager und Satelliten-Kommunikation
wurden von der China Telecom abgetrennt. Später wurden
einige neue Firmen ins Leben gerufen und es entstand eine echte
Konkurrenz zwischen ihnen.
Chinesen spürten recht bald die aus der Konkurrenz
entstandenen Vorteile. Sie stellten fest, dass die Gebühren
sowohl für die Fest- und Mobilgespräche als auch für den
Einstieg ins Internet sanken. Besonders im Jahr 2001 waren ermäßigte
Telefonkarten und Anzeigen über Kommunikationsservice mit Vorzugspreisen
auf den Straßen allgegenwärtig.
Manche
Analysten meinen, dass die Preise für verschiedenartige Kommunikationsdienstleistungen
noch schneller herabgesetzt werden könnten, wenn die Reorganisation
im Telekommunikationswesen abgeschlossen ist. Nach einer Preissenkung
rechnet man mit einer sprunghaften Aufwärtsentwicklung
in der chinesischen Telekommunikationsindustrie.
Vorbereitung auf die Herausforderungen
Der Beitritt Chinas zur WTO brachte China
sowohl Chancen als auch Gefahren, die Kommunikationsindustrie
steht vor allem unter Druck.
Experten sind der Auffassung, dass China sich
in vielfältiger Weise vorbereiten muss, wenn es garantieren
will, dass die einheimischen Telekommunikationsfirmen einem
Angriff des ausländischen Kapitals widerstehen können.
Vor allem soll das Monopol auf diesem Gebiet gebrochen und die
Vitalität der einheimischen Firmen durch Marktkonkurrenz
erhöht werden. Außerdem sollen die einheimischen
Firmen in der Lage sein, auf dem Markt mit ausländischen
Unternehmen zu konkurrieren.
Die Reorganisation in der Telekommunikationsindustrie
folgt denn auch diesem Leitgedanken. China Telecom mit Sachanlagen
von 600 Milliarden Yuan wird zerteilt, mit ihrem Kapital und
ihren Ressourcen werden andere Firmen ergänzt. Der Kapitalmangel
gilt stets als großes Hindernis für die Entwicklung der
Telekommunikationsindustrie Chinas. Wegen der „Empfindlichkeit“
dieser Branche ist die chinesische Regierung bei der Einführung
ausländischen Kapitals in diesen Industriezweig bisher
immer vorsichtig gewesen.
Dieser Widerspruch ist nun gelöst. Nach
dem WTO-Beitritt Chinas darf ausländisches Kapital, wie
von der chinesischen Regierung zugesagt, in die Telekommunikationsfirmen
investiert werden. Und kleine Telekommunikationsfirmen werden
nach Abschluss der Reorganisation gestärkt, so dass die
Risiken bei der Aufnahme ausländischen Kapitals im Wesentlichen
reduziert werden. So stehen am Ende zwei Sieger da: sowohl ausländische
als auch einheimische Firmen haben einen noch größeren
Raum zur Entwicklung. Jetzt gibt es zwei chinesische Firmen,
China Unicom und China Mobile, die schon an den Börsen
im Ausland notiert sind. Und am 11. Dezember 2001, am Tag des
Beitritts Chinas zur WTO, annullierte das Ministerium für Informationsindustrie
zwei Verordnungen zur Einschränkung ausländischer
Investitionen in die Branche des Telekommunikationswesens. Einige
Tage später wurden die neue „Bestimmungen über die Verwaltung
der ausländischen Investitionen in die Telekommunikationsfirmen“
veröffentlicht, eine der ersten nach den WTO-Regeln revidierten
Verordnungen Chinas über die Marktzulassung.
Dieses Tempo kam für viele unerwartet. In
Wirklichkeit bedeutet das alles nicht nur, dass die Kommunikationsindustrie
eine wichtige Branche ist, deren Öffnung die chinesischen
Regierung im Hinblick auf den WTO-Beitritt zusagte, sondern
auch, dass chinesische Telekommunikationsfirmen schon darauf
vorbereitet sind, die vom WTO-Beitritt hervorgebrachten Herausforderungen
anzunehmen.
Im Namen der WTO
In China gibt ist nicht nur die Telekommunikationsindustrie
den vom WTO-Beitritt mit sich gebrachten Einflüssen ausgesetzt.
Ebenfalls sind es in China nicht nur die Telekommunikationsfirmen,
die Reformen durchführen.
Seit vor einigen Jahren der Begriff „WTO-Beitritt“
aufkam, sind viele wirtschaftliche Reformen mit dem WTO-Beitritt
verbunden worden. Man sagte, dass es China ohne Reformen unmöglich
würde, der WTO beizutreten.
In Wirklichkeit ist es aber nicht so. Der
WTO-Beitritt wird der chinesischen Wirtschaft sicherlich große
Herausforderungen bringen. Ihnen soll und kann China auch entgegentreten.
In den letzten mehr als 20 Jahren seit der Einführung der Reform
und Öffnung erfuhr China große Wandlungen. Ausländische
und Privatbetriebe nehmen schon je ein Drittel des chinesischen
Marktes ein. Der Weg zur Marktwirtschaft ist längst nicht
mehr umkehrbar. Das alles wurde aber nicht im Hinblick auf den
WTO-Beitritt unternommen.
Seit einigen Jahren wird die chinesische Wirtschaftsreform
allmählich vertieft. Auch manche „empfindliche“ Branchen
wie Finanzwesen, Telekommunikationswesen und Kernproduktionsindustrien
werden dem privaten und ausländischen Kapital geöffnet.
Die chinesische Wirtschaft richtet sich nach den internationalen
Normen. Das alles ist eine notwendige Etappe für die chinesische
Wirtschaftsreform, ganz gleich, ob China der WTO beitritt oder
nicht.
Die WTO bietet der chinesischen Reform aber
eine gute Gelegenheit. Um sich nach den internationalen Normen
zu richten und die vom WTO-Beitritt hervorgebrachten Herausforderungen
anzunehmen, muss das Tempo der Reform auf allen Gebieten beschleunigt
werden. Manche Widerstände werden dadurch leichter überwunden.
Manche Leute fürchteten zum Beispiel, dass China Telecom, die
als einzige Telekommunikationsfirma Chinas mit den großen
internationalen Firmen konkurrenzfähig ist, durch ihre
Teilung abgewirtschaftet würde. Ohne den WTO-Beitritt hätte
sich diese Überzeugung durchgesetzt. In Wirklichkeit wäre
China Telecom ohne Teilung nur ein vom Aussterben bedrohter
„Dinosaurier“ und der Konkurrenz auf dem internationalen Markt
nicht gewachsen.
Das ist die Wirkung der WTO. In Zukunft werden
nicht nur die Telekommunikationsindustrie, sondern auch die
Reform und Öffnung der chinesischen Wirtschaft in
eine neue Phase eintreten.