Die
WTO erfüllt den Traum der Chinesen von einem Familienauto
Von Wang Zhipeng

Zu Beginn des neuen
Jahres, kurz nachdem China der WTO beigetreten war, sanken die
Preise der in China hergestellten Autos – in erster Linie Wagen
der Economy-Klasse, aber auch einige aus der Mittel- und Oberklasse
– in einem bisher nie dagewesenem Ausmaß von 6 bis fast
20 Prozent.
Der Hauptgrund dafür
ist der große Druck, dem der chinesische Automarkt nach
Chinas Eintritt in die WTO voraussichtlich ausgesetzt sein wird.
Bis 2006 werden Zölle auf importierte Autos von derzeit
80 bis100 Prozent auf 25 Prozent reduziert werden, und diejenigen
auf importierte Ersatzteile werden auf 10 Prozent schrumpfen.
Obwohl es sich dabei um einen evolutionären Prozess handelt,
wurden die Preise für in China produzierte Economy- und Mittelklasse-Autos
gezwungenermaßen schon jetzt gesenkt, da sich auch die
importierten Autos generell verbilligt haben, einige sogar um
30 Prozent. Das bedeutet, dass eine steigende Zahl von Autos
importiert werden wird, und einige werden nicht mehr kosten
als Autos aus einheimischer Produktion. Preissenkungen sind
deshalb unumgänglich.
Um die Gelegenheit,
die das Frühlingsfest zur Ankurbelung des Konsums bietet, in
vollem Umfang auszunützen, setzen chinesische Autohersteller
Preisstrategien ein, die das Verkaufsvolumen steigern und die
durch die Preissenkungen verursachten Verluste ausgleichen sollen.
Das ist ihre einzige Möglichkeit, einen größeren
Marktanteil zu erringen und auf lange Sicht ihre Gewinne zu
sichern.
Die
chinesische Regierung hat der Entwicklung der Autoindustrie
immer große Bedeutung beigemessen. Seit der Gründung der
Volksrepublik im Jahr 1949 hat China der Autoindustrie einen
hohen Grad an Protektion gewährt mit dem Ziel, es zu einem
nationalen Industriezweig zu machen. Jedoch verlief die Entwicklung
nicht so schnell wie erhofft. Wenige der chinesischen Autounternehmen
sind größeren Maßstabs. Im Jahr 1982 gab es
über 2500 Auto- und Ersatzteilhersteller, aber deren gesamte
jährliche Produktion betrug weniger als die einer einzigen
Arbeitsschicht eines durchschnittlichen japanischen, amerikanischen
oder europäischen Herstellers.
Seit Mitte der 80er
Jahre haben, angespornt durch chinesische Sonderregelungen für
ausländische Investitionen, internationale Autoriesen wie
Volkswagen, General Motors, Ford, Toyota, PSA Peugeot-Citroën
und Fiat in China Joint-Ventures aufgezogen, die gute Aussichten
für die chinesische Autoindustrie bieten. Seit Mitte und Ende
der 90er Jahre haben verschiedene Joint-Ventures im Automobilbereich,
angeregt durch den harten Wettbewerb, ein Modell in der Economy-Klasse
entwickelt, um dem chinesischen Markt gerecht zu werden, und
unterdessen auch die Verlagerung der Produktion nach China verstärkt.
So hat z.B. VW Shanghai 95 Prozent seiner normalen Produktion
vor Ort angesiedelt. Aber bei Autos aus der Binnenproduktion
sträubt man sich noch gegen große Preissenkungen,
denn wegen der hohen Zölle auf importierte Autos ist man
sich hohe Gewinne gewohnt. Obwohl schon Fortschritte zu verzeichnen
sind, ist die Kluft zwischen chinesischen Autoherstellern und
internationalen Autoriesen, was Maßstab und Service betrifft,
immer noch groß. Bis dato hat China noch immer keine eigene
Autoindustrie etabliert, denn von den vielen chinesischen Autoherstellern
ist keiner international wettbewerbsfähig.
Mit Chinas Eintritt
in die WTO ist der inländische Markt mit riesigen Herausforderungen
konfrontiert, und die dramatischen Preissenkungen sind nur eine
davon. Nur durch scharfen Wettbewerb kann ein durchsetzungsfähiges
Unternehmen aufgebaut werden, und nur so kann die chinesische
Autoindustrie den Kinderschuhen entwachsen.
Da Autos leicht ersetzbare
Produkte sind, kommt ihrem Preis eine Schlüsselfunktion beim
Verkauf zu. Das wurde im Gefolge des Terroranschlags vom 11.
September deutlich, als es nur der Autoindustrie gelang, in
einem allgemein stark angeschlagenen amerikanischen Markt ihre
Prosperität aufrecht zu erhalten. Der Grund dafür lag in
der Anwendung von begünstigenden Regelungen, etwa Preissenkungen
und zinsfreien Krediten. In China haben Preissenkungen den vollkommenen
Ausverkauf mehrerer Autotypen zur Folge gehabt. Der derzeitige
Trend zum Familienauto in China bleibt aber für die meisten
Leute ein Traum, da der hohe Preis ein unüberwindbares Problem
darstellt. Zusätzlich steckt das Konsum-Kreditwesen noch
in seinen Anfängen: Sein Ausmaß ist beschränkt,
und strenge Auflagen müssen erfüllt werden. Folglich werden
nur zehn Prozent der Autos auf Kredit gekauft - ein weitaus
geringerer Prozentsatz als in Industrieländern. Nach Chinas
Eintritt in die WTO haben ausländische Finanzinstitutionen
nun die offizielle Genehmigung, Autokredite zu entwickeln, und
die betreffenden Reglemente werden von der Zentralbank aufgesetzt,
was zu einer allmählichen Verbesserung des chinesischen
Autokreditmarktes führen und den Chinesinnen und Chinesen eine
größere Auswahl bieten wird.
Verkaufsnetze der
Kundendienst müssen noch auf den neusten Stand gebracht und
verbessert werden. Das ist einer der Hauptgründe, warum eine
gewisse Anzahl von Angestellten, die sich eigentlich den Kauf
eines Privatfahrzeuges leisten könnten, aus Gründen der
Verlässlichkeit und Bequemlichkeit lieber ein Taxi nehmen.
Obwohl der chinesische Autoriese VW Shanghai an der kürzlich
durchgeführten Preissenkung nicht teilnahm, hat das Unternehmen
angekündigt, das Verkaufsnetzwerk und den Kundendienst zu verbessern
mit dem Ziel, mehr Kunden zu gewinnen. In naher Zukunft werden
die chinesischen Autokäufer in den Genuss eines guten,
umfassenden Services kommen.
Preissenkungen sind
nur der Anfang in einer Reihe von Anpassungen, die die chinesische
Autoindustrie vornehmen muss. Mit dem Beitritt Chinas zur WTO
wird die chinesische Autoindustrie zweifelsohne wiederbelebt.
Die chinesische Regierung kann sich den Traum erfüllen, die
Autoindustrie zum wichtigsten nationalen Industriezweig zu machen,
und inländische Autohersteller können ihre Wettbewerbsfähigkeit
verbessern und weltbekannte Autotypen auf den Markt bringen.
Was noch wichtiger ist: Als Ergebnis eines solchen harten Wettbewerbs
wird die Aussicht auf ein eigenes Familienauto auch in China
für den kleinen Mann aufhören, ein Traum zu sein.
