Die
Narzissen
Von Chen Yi und Zhou Li


Immer, wenn das Frühlingsfest vor der Tür
steht, pflegen die Chinesen ein Paar Narzissen zum Treiben
in Töpfe zu legen. Und an den Festtagen blühen sie schon
auf. Die schneeweißen Blumen, die smaragdgrünen Blätter
und silberfarbigen Wurzelfasern sowie ihr frischer Duft, die
ihnen die Bezeichnung „Fee der Eisfrische“ eintrugen, verschönern
so die festliche Freude.
Die Narzissen wuchsen ursprünglich wild
in Moorböden an der südostchinesischen Küste. Durch jahrhundertelange
Kultivierung sind sie erst eine kostbare Zierpflanze geworden.
Ihre Kultivierung wird bereits in alten Aufzeichnungen aus
der Song-Dynastie im 10. Jahrhundert erwähnt. Heute werden
sie hauptsächlich in den Provinzen Fujian, Zhejiang,
Hubei und Hunan gezogen. Die berühmtesten Narzissen kommen
aus Zhangzhou, Provinz Fujian, und zwar von einem kleinen
Berg namens Yuanshan. Die Narzissen vom Yuanshan sind als
die sehr wertvolle „Chinesische Zhangzhou-Form“ weltbekannt.
Der Yuanshan befindet sich in der küstennahen
Zhangzhou-Ebene, wo das Klima warm und feucht ist. Am Bergfuß
des Yuanshan ist die Erde fruchtbar, und viele Flüsse sorgen
für gute Bewässerung. Vormittags gibt es viel Sonnenschein
und nachmittags wegen des Berges viel Schatten, was für das
Wachstum der Narzissen sehr günstig ist. Durch sorgfältige
Fortpflanzung ist es Gärtnern gelungen, einige Dutzend
Sorten und Varianten von Narzissen zu züchten. Sie lassen
sich in zwei Hauptgruppen teilen: die „goldfarbige Bechernarzisse“
mit einteiligen Blütenblättern und die „silberfarbige
Bechernarisse“ mit mehrteiligen Blütenblättern, die auch
als „Hundertblatt“ bezeichnet wird.
Zur Fortpflanzung muss man Anfang Okotber
die von den Mutternarzissen getrennten kleinen Zwiebeln eintopfen
und sie im folgenden Jani wieder ausgraben. Dieser Vorgang
wird noch zweimal wiederholt – es dauert drei Jahre, bis sie
reif sind. Die daraus gezogenen Narzissenzwiebeln sind groß,
und ihre Blütenstiele treiben viele Schößlinge.
Die Blütezeit der frisch duftenden Narzissen ist lang, und
ihr Ertrag ist hoch.
Besonders berühmt sind die traditionellen
Topflandschaften aus Narzissen. Berühmte Künstler können
mittels eines Schnitzmessers in einigen Minuten faszinierende
Miniaturlandschaften mit Tierchen wie Fischen und Insekten
aus Narzissenzwiebeln formen, lassen sie termingemäß
blühen und lebensecht zum Vorschein kommen. Ein Beispiel dafür
ist die „Narzisse der Krebsfüße“, deren Zwiebel dem
Krebskörper nachgebildet wird und deren Blätter
und Blüten sich nach beiden Seiten krümmen. Die Narzissen
können vielfärbig aufblühen, wenn das Wasser im
Topf vor der Blütezeit gefärbt worden ist. Ihre Eigenfarbe,
golden oder silbern, ist jedoch am beliebtesten. Werden Narzissen
in unterschiedlicher Höhe und Dichte in farbenreichen
und vielgestaltigen Töpfen gepflanzt, scheinen sie besonders
erhaben und vornehm, so dass man sich bei deren Betrachtung
unwillkürlich alter Gedichte und Malereien erinnert.
Chinas Narzissen finden nicht nur im Inland
guten Absatz, sondern sind auch als „Freundschaftskuriere“
in der ganzen Welt verbreitet.
Chen Yi, ein Kameramann, ist ein Narzissenliebhaber.
Sein Kultur-Farbfilm „Blumengarten“ ist in fünf Fremdsprachen
synchronisiert worden. Auch Zhou Li, der im Shanghaier Filmstudio
für Übersetzung und Synchronisation arbeitet, ist ein
Liebhaber von Narzissen.
Aus „China im Aufbau“, Nr.
2, 1981