Der
Pionier der Seidenstrasse
Vor über 2100 Jahren, während
der Westlichen Han-Dynastie (260 v. Chr. - 24 n. Chr.), wurde
ein Beamter namens Zhang Qian vom kaiserlichen Hof beauftragt,
mit einer Gruppe von 100 Menschen eine diplomatische Mission
in die "Westlichen Regionen" zu unternehmen: nach
Xinjiang und in Teile Zentralasiens. Die Expeditionen führte
zur Eröffnung der alten Seidenstraße, einer Handelsroute,
die von Chinas Zentralen Ebenen über Zentralasien bis zum
Nahen Osten führte. Von dort aus wurden chinesische Waren,
insbesondere die begehrte Seide, per Schiff nach Europa transportiert.
Zhang war während der Regierungszeit
des Kaisers Wu Di (140 - 87 v. Chr.), als die westliche Han-Dynastie
auf ihrem Höhepunkt stand, Bediensteter am kaiserlichen
Hof. Obwohl er nur ein Beamter relativ niedrigen Ranges war,
schätzte der Kaiser seine Fähigkeiten und wählte
ihn für diese diplomatische Mission aus.
"Westliche Regionen ", das war
die alte Bezeichnung für jede Gebiete, die westlich von China
lagen. Im engeren Sinne bezog sie sich hauptsächlich
auf das Gebiet Xinjiang auf den beiden Seiten des Tianshan-Gebirges,
während sie im weiteren Sinne ein viel größeres
Gebiet westlich des Yumen-Passes in der heutigen Provinz Gansu
umfasste, einschließlich Zentralasiens, des Nahen Ostens
und mancher Teile Europas. Die hohen Bergeketten und die unendliche
Wüste in Zentralasien erschwerten den Transport und die Kommunikationen
zwischen den Zentralen Ebenen Chinas und den westlichen Regionen.
Hinzu kam das kriegerische Verhalten der Hunnen, einem alten
Nomadenvolk, das zu Anfang der Han-Zeit die Zentralen Ebenen
überfallen und den Hexi-Korridor, der in die Westlichen Regionen
führte, unter Kontrolle gebracht hatte. Die Hunnen stellten
für die Han-Zeit eine große Bedrohung dar.

Kaiser Wu Di hatte Zhang Qians Gruppe nicht
mit dem Auftrag nach Westen geschickt, eine Handelsroute zu
errichten, sondern um die Unterstützung von Darouzhi, einem
anderen Nomadenvolk, das im heutigen Talbecken des Yili-Flusses
lebte, für einen militärischen Gegenangriff gegen die
Hunnen zu gewinnen. Im Jahre 139 v. Chr. machten sich Zhang
Qian und sein Gefolge von Chang'an (heute Xi'an) aus auf den
Weg. Sie zogen den Wei-Fluss entlang, stiegen über das Qinling-Gebirge
und ritten in Richtung Nordwesten weiter. Nachdem sie den
Gelben Fluß überquert hatten, kamen sie in den Hexi-Korridor,
wo sie von den Hunnen gefangengenommen wurden. Der Hunnen-Führer
Chang Yu behielt Zhang Qian und seine Leute zehn Jahre lang
in Haft. Während dieser Zeit heiratete Zhang eine Hunnenfrau
und bekam einen Sohn. Aber nie vergaß er den kaiserlichen
Auftrag. Im Jahre 129 v. Chr. flohen Zhang und sein Gefolge
aus dem Gebiet der Hunnen und setzten ihre Reise nach Westen
fort. Sie zogen durch Cheshi im heutigen Turpan-Becken Xinjiangs
und Yanshi, folgten dem Tarim-Fluss, kamen durch Qiuci (heute
östlich von Kuche) und Shule (später Kaxgar und
heute Kashi genannt), überwanden das Congling-Gebirge und
erreichten schließlich Dayuan (ein altes Reich in Mittelasien).
Zu jener Zeit war Dayuans Landwirtschaft
hoch entwickelt. Weizen, Reis und Wein wurden in großen
Mengen produziert. Der Herrscher von Dayuan hatte bereits
viel Rühmliches über die Han-Dynastie gehört und wollte
schon längst Kontakte mit ihr herstellen, doch wegen
der hohen Gebirge und anderer Schwierigkeiten wurde der Plan
nicht verwirklicht. Glücklich über die Ankunft der Gesandten
der Han-Dynastie bereitete er ihnen einen armen Empfang und
gab ihnen einen wegkundigen Begleiter mit, der sie nach Kanju
(heute in Mittelasien) brachte. Von dort wurden sie weiter
nach Darouzhi geleitet.
Das Volk von Darouzhi führte
ein friedliches Leben und wollte sich nicht in einen Krieg
verwickeln lassen. Das beabsichtigte Bündnis gegen die Hunnen
kam deshalb nicht zustande. Bald danach verließen Zhang
und seine Leute Darouzhi, überquerten den Fluss Amudarja und
gelangten in die Stadt Lansi in Bactria, einem alten Reich
(heute in Afghanistan gelegen). Nach einem Aufenthalt von
mehr als einem Jahr beschlossen sie, nach Chang'an
zurückzukehren.
Um die Hunnen zu meiden,
überstiegen sie das Congling-Gebirge und ritten an der Nordseite
der Kunkun-Bergkette nach Osten - durch Schche (heute ein
Teil von Xinjiang). Trotz ihrer Vorsicht fielen sie den Hunnen
wiederum in die Hände und wurden festgenommen. Doch ein
Jahr später gelang Zhang Qian abermals die Flucht. Diesmal
nahm er auch seine Frau mit. Im Jahre 126 v. Chr. trafen sie
in Chang'an ein.
Nach mehr als zehn Jahre dauernden Kämpfen
gelang es der Westlichen Han-Dynastie schließlich, die
von den Hunnen drohende Gefahr zu bannen. Die Beziehungen
zwischen der Han-Dynastie und den Westlichen Regionen wurden
nun weiter verstärkt. Später, im Jahre 119 v. Chr.
wurde Zhang Qian von Kaiser Wu Di auf seine zweite Mission
in die Westlichen Regionen gesandt. Diesmal nahmen Zhang Qian
und sein Gefolge von 300 Menschen eine große Menge von
Goldmünzen, Siede und mehr als 10 000 Stück Schafe und Rinder
mit. Das Unternehmen war nicht nur eine diplomatische Mission,
sondern gleichzeitig eine Handelsreise.
Obwohl es Zhang nicht gelungen war, bei
seiner ersten Mission das Darouzhi-Volk als Verbündeten zu
gewinnen, ging er doch in die Geschichte ein als der erste
Chinese, der einen Weg in die Westlichen Regionen bahnte.
Seine Berichte über die Geographie und die Völker führten
zu einem regen Handel und Kulturaustausch zwischen China,
Zentralasien und dem Nahen Osten. Die Seidenstraße wurde
zum Hauptverkehrsweg zwischen Ost und West. Diese wichtige
Handelsroute übte dann jahrhundertelang einen nachhaltigen
Einfluß auf China und alle Länder in Asien und
Europa aus.