„Reich
der Fahrräder“ im Verschwinden
Von
Hua Chunyu und Ma Yang


China
wurde einst von Ausländern, die in chinesischen Städten
weitläufig angelegte Fahrradabstellplätze und den
nicht enden wollenden Fahrradstrom in der Rush-hour bestaunten,
als „Reich der Fahrräder“ bezeichnet. Doch heute ebbt
dieser Strom allmählich ab.
Nach
Statistiken des Chinesischen Radfahrerverbands sank der Fahrradbestand
pro einhundert Familien in Städten von 182,1 (1998) auf
142,7 (2002). Heute fahren nur 20% der Berufstätigen
in Beijing mit dem Fahrrad zur Arbeit, vor mehr als zehn Jahren
waren es noch 60%.
Dazu
bemerkt Wang Fenghe, der Geschäftsführer des Chinesischen
Radfahrerverbands : „Der Umfang der Stadt ist größer
geworden, und die Verkehrsmittel sind auch erheblich vielfältiger
geworden.“
Verkehrsteilnehmern
stehen verschiedene Arten von öffentlichen Verkehrsmitteln,
wie Omnibusse, U-Bahnen, S-Bahnen und Taxis, zur Verfügung.
Sie erleichtern den Stadtbewohnern den Verkehr auch in Zeiten
der Stadterweiterung. Aus einer Untersuchung geht hervor,
dass bei der Wahl der Verkehrsmittel für den städtischen
Verkehr in Beijing die öffentlichen Verkehrsmittel den
ersten Platz einnehmen. 45% der Verkehrsteilnehmer benutzen
sie, auf dem zweiten Platz liegen die Fahrräder (25%),
13% der Verkehrsteilnehmer benutzen Privatautos, 8% sind Fußgänger,
6% nehmen Taxis und 3% fahren Motorrad.
Die
rasante Zunahme von Privatautos macht viele Radfahrer zu Autofahrern.
In den ersten vier Monaten 2003 wurden in China 560 000 Autos
hergestellt und 540 000 Autos verkauft, im Vergleich zum Vorjahr
bedeutet das einen Anstieg von jeweils 113% und 88%. In Beijing
gibt es 1,28 Mio. Privatautos.
Das
schnelle Wachstum des Bestands von Privatautos kann in Beijing
durch den Ausbau der städtischen Straßen, der in
den letzten Jahren bei 30% lag, nicht bewältigt werden.
Die Autoschlangen auf den Straßen bieten ebenso einen
„grandiosen Anblick“ wie die Fahrradströme von früher
und bereiten der Stadt viel Kummer in ihrer Entwicklung. Die
rasche Zunahme von Autos und der beschleunigte Straßenbau
stehen im Wettbewerb.
Der Beijinger Hanglun-Fahrrad-Klub
sieht seine Aufgabe darin, Fahrradausflüge zu organisieren
und Mountainbike-Touren zu veranstalten. Der Leiter Zhang
Rongqin sagt, diesem Klub unterstünden 200 Gruppen, und jede
Gruppe habe 20 bis 50 Mitglieder, die neue Freude an ihren
Fahrrädern finden. Neben Beijing haben Tianjin, Xiamen
und Chengdu größere Massenorganisationen für Fahrradaktivitäten.
Nach
einer Vorhersage von Soziologen wird das Fahrrad auch nach
dem Ausbau anderer Verkehrsmittel von Chinesen nicht über
Bord geworfen werden. Mit der Erhöhung des Umweltschutz-
und Gesundheitsbewusstseins werden die Fahrräder erneut
von einem Teil der Verkehrsteilnehmer bevorzugt werden, weil
sie leise und umweltfreundlich sind. Außerdem wird Fahrradfahren
als Extremsport eine einzigartige Anziehungskraft auf immer
mehr junge Leute ausüben.
Aus
Xinhuanet, den 8. Dezember
2003