Januar 2004
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Chinas Nationales Kunstmuseum wird auf Vordermann gebracht

Von Zhang Xueying

Beijing wird immer internationaler – diesem Umstand sollte seine wichtigste Kunstinstitution, das Nationale Kunstmuseum, Rechnung tragen. Es sollte zu einem Haus von Weltrang werden, einem chinesischen Louvre oder Metropolitan Museum. Nach einer einjährigen Schließung für Renovationsarbeiten öffnete Chinas Nationales Kunstmuseum genau zum 40. Jahrestag seiner Gründung die Tore wieder.

Fundament der Kunst

Chinas Nationales Kunstmuseum stand immer im Zentrum der modernen chinesischen und der zeitgenössischen Kunst. Seine Sammlung umfasst 60 000 Werke, darunter Meisterwerke wichtiger Künstler und repräsentative Werke aus der Volkskunst. Als größte staatliche Kunstgalerie führt es wichtige Ausstellungen und Veranstaltungen durch. So zeigte es 1988 die erste Akt-Ausstellung in China – ein skandalöses Ereignis, an das sich Liu Xilin, der Direktor der Wissenschaftlichen Abteilung des Museums, noch lebhaft erinnert: „Die Besucher strömten in Scharen herbei. Vor dem Eingang bildete sich eine endlose Schlange, und wir mussten die Ausstellung verlängern, um dem Interesse nachzukommen.“ Andere Ausstellungen, wie diejenigen über Henry Moore, Salvador Dali und Skulpturen von Rodin oder ein Rückblick auf 100 Jahre Ölmalerei in China, lenkten die Aufmerksamkeit im Land auf zeitgenössische Kunst. Das Museum konnte Erfolge in Serie vermelden.

Überholt und verbittert

Ab Anfang der 90er Jahre jedoch machte das Museum nur geringe Fortschritte. In den letzten fünf Jahren betraten, abgesehen von beruflich Kunstinteressierten, nur wenige Besucher die Museumsräume, um ihren Kunstgeschmack zu verfeinern. In jene Zeit fällt der Aufstieg der Kunstmuseen in Shanghai und Guangzhou, die mit kleineren Galerien dem Nationalen Kunstmuseum Konkurrenz machten. Die meisten dieser Neulinge folgen einem westlichen Modell, das auf Flexibilität, Individualität und architektonische Innovation setzt.

„Das größte Problem ist der Geldmangel“, hält Qian Linxiang, der Vizekurator des Museums, knapp fest. Die acht Millionen Yuan an öffentlichen Mitteln, die dem Haus jedes Jahr zur Verfügung stehen, reichen bei Weitem nicht aus. Vor der umfangreichen Renovation, die 160 Mio. Yuan verschlang, erreichten die Jahreseinnahmen des Nationalen Kunstmuseums 10 Mio. Yuan. Dies deckte knapp die Unterhaltskosten. Da ihm die Mittel fehlten, um Sammlungen anzukaufen, war das Haus in hohem Maße von privaten Schenkungen und von der Übernahme von Wechselausstellungen abhängig. Unter der Planwirtschaft waren dies günstige Wege, um neue Werke zu erwerben, denn die Materialkosten für Ausstellungen beliefen sich lediglich auf einige hundert Yuan. Mit dem Einzug der Marktwirtschaft hat sich diese Praxis jedoch überholt.

Um die Einkünfte zu steigern, vermietete das Museum seine Ausstellungsräume, sah sich jedoch bald Gerüchten gegenüber, die Ausstellungsinhalte ungenügend zu kontrollieren, so dass nur wenige Werkschauen zustande kamen. „In jenen Tagen standen wir unter großem Druck“, sagt Qian. „Das Museum war eine öffentliche Dienstleistung, doch der Eintrittspreis von 4 Yuan war einfach zu wenig, um einen angemessenen Teil des Budgets zu decken.“ Geldmangel wirkt sich direkt auf die Qualität einer Sammlung aus. An Yuanyuan von der Kunstabteilung im Kulturministerium bemerkt dazu: „Es ist mittlerweile ein internationales Problem, die Mittel für den Ankauf teurer Werke aufbringen zu können.“

„Wer aber das Nationale Kunstmuseum kritisiert, sollte einiges bedenken“, fährt An fort. „Chinas Kunstmarkt ist noch nicht reif, und die Beteiligten sind mit der internationalen Kunstwelt noch nicht vertraut. Bis heute fehlen in unserem Land Bestimmungen zu Schenkungen, wie sie in anderen Ländern üblich sind. Dort erhält Steuernachlass, wer eine Schenkung tätigt, und dies kommt den Museen sehr zugute. In China gibt es zwar noch keine Erbschaftssteuer, doch im Ausland ist sie meistens so hoch, dass es sich für die Sammler lohnt, ihre Werke öffentlichen Einrichtungen zu überlassen, anstatt sie ihren Erben weiterzugeben.“

Der Wettbewerb in der Kunstwelt hat allen vor Augen geführt, dass die alten Regeln und Bestimmungen aus der Zeit der Planwirtschaft abgeschafft gehören und durch fortschrittliche Managementmethoden ersetzt werden müssen. Erst dann werden die Museen die wachsenden kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen können.

Neue Ausrichtung

Im renovierten Museum gibt es 21 Ausstellungsräume, ein Drittel mehr als bisher, und im vierten Stock wurde ein 240 m2 großer Versammlungsraum für akademische Vorträge erweitert. Man findet offene Schauvitrinen, und es gibt Verpackungs- und Lagerräume, die durch unterirdische Gänge mit dem Hauptsaal verbunden sind. Diese Verbesserungen haben die Sicherheits- und Transportprobleme rund um die Ausstellungen gelöst. Das Haus ist heute mit modernen Feuer- und Diebstahlalarmsystemen ausgestattet und bietet spezielle Rampen, Toiletten und Fahrstühle für Behinderte.

Ebenfalls verändert hat sich die Art, die Kunstwerke zu präsentieren. Anstatt sie wie bis anhin einfach aufzuhängen, beauftragt das Kunstmuseum Fachleute vom Palastmuseum und dem Chinesischen Landesmuseum damit, jede Schau eigens einzurichten. Die Ausstellungen werden von Komitees kuratiert, die namhafte chinesische Kunsthistoriker und -kritiker für die Auswahl der Werke zu Rate ziehen. Yang Lizhou, der Museumsdirektor, streicht heraus, es sei das erklärte Ziel des Hauses, zu einem der prominentesten Kunstmuseen der Welt zu werden. In den letzten Jahren konnte es seinen Bestand um über 100 berühmte ausländische Werke verschiedener Stilrichtungen erweitern.

Über die nächsten fünf Jahre kann das Museum mit einem jährlichen Zuschuss von 50 Mio. Yuan aus den Kassen des Finanzministeriums rechnen, um seine Sammlung weiter auszubauen. Es bereitet sich aber bereits auf eine zweite Umbauphase vor, welche die Ausstellungsfläche bis 2007 um 40 000 m2 vergößern wird. Die eingeschlagene Richtung stimmt, ist An überzeugt: „Es wäre unrealistisch, unser Museum mit seiner Geschichte von bloß 40 Jahren mit europäischen Häusern zu vergleichen, die schon seit Jahrhunderten bestehen. Doch es hat schon große Fortschritte gemacht.“

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