Oktober 2002
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Sonderberichte

30 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen China und Deutschland
Die erste künstliche Luftröhre

30 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen China und Deutschland

 

1972 nahmen die Volksrepublik China und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Seitdem sind 30 Jahre vergangen, in denen sich die bilateralen Beziehungen gesund und erfolgreich entwickelt haben.

Am 9. April dieses Jahres empfing Bundespräsident Johannes Rau in seinem Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin seinen chinesischen Amtskollegen Jiang Zemin mit militärischen Ehren. Zufällig oder absichtlich, dieser Staatsbesuch fand im 30. Jahr nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland statt. Bereits vor einem Jahr hatten die Regierungschefs beider Länder vereinbart, das 30-jährige Bestehen der chinesisch-deutschen Beziehungen würdig zu begehen.

In seiner Tischrede beim Begrüßungsessen am selben Abend erwähnte Staatspräsident Jiang Zemin diesen gemeinsamen Beschluss:

„In diesem Jahr werden wir gemeinsam das 30. Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland feiern. Ein chinesisches Sprichwort lautet: Mit 30 steht man auf festen Füssen. Das gilt im wahrsten Sinne des Wortes auch für die chinesisch-deutschen Beziehungen. Mit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen am 11. Oktober 1972 wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der chinesisch-deutschen Beziehungen aufgeschlagen. In den vergangenen 30 Jahren haben die bilateralen Beziehungen eine allseitige Entwicklung erfahren. In allen Bereichen hat sich die Zusammenarbeit erfolgreich entwickelt. Sowohl in der Tiefe als auch an der Breite sind die Beziehungen in eine neue Entwicklungsphase eingetreten. Die chinesisch-deutsche Freundschaft ist tief im Herzen der Menschen verankert. Die Kooperationen unserer beiden Länder, die auf einer soliden Basis beruhen und über ein enormes Potential verfügen, erfreuen sich einer breiten Perspektive“.

Enge Kontakte von Spitzenpolitikern beider Länder gelten von jeher als eine Besonderheit der chinesisch-deutschen Beziehungen. Ihre häufigen gegenseitigen Besuche schufen eine solide Basis sowohl für die Pflege der Freundschaft wie auch für die Verstärkung der Zusammenarbeit. Helmut Schmidt war der erste deutsche Bundeskanzler, der China besucht hat, und zwar im Oktober 1975. Zwischen 1984 und 1995 ist sein Nachfolger Helmut Kohl viermal nach China gereist. Roman Herzog war der erste Bundespräsident, der nach der deutschen Wiedervereinigung China besucht hat. Und die China-Reise des jetzigen Bundeskanzlers Gerhard Schröder im letzten Oktober war bereits die dritte in seiner Amtszeit. Umgekehrt haben fast alle Spitzenpolitiker Chinas Bonn oder Berlin besucht.

Zufälligerweise hieß der erste deutsche Politiker, der China besucht hat, genau so wie der jetzige Bundeskanzler, nämlich Gerhard Schröder.

Jener Gerhard Schröder war allerdings CDU-Politiker, und er kam damals als Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im deutschen Bundestag nach China: Auf Einladung des Instituts des Chinesischen Volkes für auswärtige Angelegenheiten unternahm er im Juli 1972 eine zweiwöchige Chinareise.

Die Einladung war von Wang Shu, einem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Xinhua übermittelt worden. Als Chefunterhändler nahm Wang später an den Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen teil. Und Wang Shu erinnert sich bis heute an die damalige Sondierungsmission von Gerhard Schröder:

„Ministerpräsident Zhou Enlai war sehr zufrieden mit seinem 5-stündigen Gespräch mit Schröder. Aus einem weiteren Gespräch mit Chinas Vizeaußenminister Qiao Guanhua ergab sich ein noch größerer Erfolg. Beide Seiten haben sich auf eine baldige Aufnahme diplomatischer Beziehungen geeinigt. Eine entsprechende Vereinbarung wurde von beiden Politikern unterzeichnet. Unmittelbar danach begannen die Verhandlungen, die nur 40 Tage dauerten. Am 11. Oktober 1972 unterzeichneten dann der damalige Bundesaußenminister Walter Scheel und der chinesische Außenminister Ji Pengfei in Beijing das gemeinsame Kommunique über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.“

Nach Auffassung von Wang Shu, der später als Chinas Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet hatte, ist die reibungslose Aufnahme der chinesisch-deutschen Beziehungen in erster Linie auf die historische Annährung zwischen Beijing und Washington sowie die sogenannte Ostpolitik der Brandt-Regierung zurückzuführen. „Die Ostpolitik darf nicht in Moskau aufhören, sondern soll weiter reichen, bis hin nach Peking“, so damals die allgemeine Stimmung in der deutschen Politik. Deutschlands jetziger Botschafter in Beijing, Joachim Broudre-Gröger, bestätigte diese Aussage:

„Vor 30 Jahren war ich Vize-Konsul in Hongkong. Da kam die große Maschine aus Peking mit dem damaligen Außenminister Scheel und seiner Delegation. Und wir alle haben zelebriert in Hongkong, endlich die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern bekommen zu haben. In einer Zeit, in der ja noch Kalter Krieg war, in der Zeit, in der die Welt beileibe nicht so friedlich ausgesehen hat und so von Zusammenarbeit geprägt war wie heute.“

Dabei hat genau die Zusammenarbeit die vergangenen 30 Jahre der chinesisch-deutschen Beziehungen geprägt, sie gilt seit jeher als ein solides Fundament. China ist reich an Arbeitskräften und verfügt über einen riesigen Markt, während Deutschlands Vorzüge in starkem Kapital und modernen Technologien liegen. So können sich beide Länder in ihrer wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit gut ergänzen. Selbstverständlich bestehen noch zahlreiche weitere Möglichkeiten für eine enge Zusammenarbeit. Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1972 sind die Kooperationsbereiche kontinuierlich ausgeweitet worden. Ausgebaut worden sind der Austausch und Zusammenarbeit in Politik, Militär, Bildung, Kultur und Umweltschutz, was vom chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin entsprechend gewürdigt wurde:

„Mit großer Freude können wir feststellen, dass sich die freundschaftliche Zusammenarbeit in allen Bereichen trotz der Prüfungen der Zeit und der Veränderungen der Weltlage bewährt hat. Sowohl in Tempo und Tiefe, wie auch in der Breite haben die bilateralen Beziehungen eine historisch beispiellose Entwicklung erlebt. Besonders hervorzuheben sind die persönlichen Kontakte zwischen den Spitzenpolitikern beider Länder. Auf verschiedenen Ebenen und Gebieten wurden politische Konsultationsmechanismen etabliert. Auch die Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel ist ständig ausgebaut worden. Rasch zugenommen haben mittlerweile die direkten Investitionen deutscher Unternehmen in China. Deutschland ist und bleibt Chinas größter Handelspartner in Europa. Reger Austausch prägt alle Bereiche wie Kultur, Bildung, Wissenschaft, Umweltschutz und Rechtsordnung. Zwischen beiden Ländern bestehen Vertrauen, Verständnis und Unterstützung in den gemeinsam interessierenden Fragen.“

Bundespräsident Johannes Rau würdigte die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in der internationalen Politik:

„China und Deutschland tragen gemeinsam Mitverantwortung für die Entwicklung auf unseren jeweiligen Erdteilen. Wir werden die vor uns liegenden Aufgaben nur dann lösen können, wenn wir die Möglichkeiten der UNO weiter stärken. Ich freue mich darüber, dass China und mein Land in dieser Frage gemeinsame Position vertreten. Ich begrüße es, dass die Volksrepublik China als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates von Anfang an eine konstruktive Rolle bei der Bekämpfung des Terrorismus gespielt hat. Ich freue mich besonders darüber, dass unsere beiden Länder gemeinsam beim Wiederaufbau Afghanistans helfen.“

Der deutsche Bundespräsident meint, dass von der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit im Rahmen der UNO eine positive internationale Signalwirkung ausgehen könne. In diesem Zusammenhang erwähnte er zudem die bilaterale Kooperation in Umweltschutz und wertete sie als weltweit vorbildlich:

„Die Bedrohung der Umwelt ist eine weitere Gefahr, der wir nur gemeinsam im internationalen Rahmen begegnen können. Von der engen Zusammenarbeit beim Kyoto-Protokoll und von der großen deutsch-chinesischen Umweltkonferenz vom Dezember 2000 profitieren nicht nur unsere beiden Länder, sondern die Staatengemeinschaft insgesamt.“

Dabei gehören eine engere Zusammenarbeit und die gemeinsame Begegnung von Herausforderungen genau zu den vier Vorschlägen für die weitere Entwicklung der chinesisch-deutschen Beziehungen, die Chinas Staatspräsident Jiang Zemin bei einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder unterbreitet hat. Zur Bedeutung dieser Vorschläge sagte Jiang Zemin:

„Da wir mit globalen Problemen konfrontiert sind, brauchen wir für deren Lösung auch die umfassende Beteiligung aller Länder und Völker, die Solidarität und Kooperation der internationalen Gemeinschaft. Wir sind der Ansicht, dass Austausch und Dialog zwischen den Kulturen die Antriebskraft für Fortschritte der menschlichen Zivilisation darstellen. Unterschiedliche Kulturen und gesellschaftliche Systeme können langfristig miteinander koexistieren und sich im Wettbewerb gegenseitig ergänzen. Wir sind bereit, uns mit Deutschland für Frieden und Stabilität, für gemeinsame Entwicklung der Welt und für eine neue gerechte und vernünftige Weltordnung einzusetzen “.

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