HOME>已删栏目>Leserfavoriten

Die Stadt Jinan – Unbekannte Perle in Chinas Osten

2020-05-26 16:07:00 Source:China heute Author:
【Schließen】 【Drucken】 GroßMittelKlein
 

Touristenmagnet: Die Baotu-Quelle ist die bekannteste der vielen Quellen Jinans.

 

Von Lu Xiansheng*

 

Geht es um chinesische Städte mit historischen Artefakten und berühmten Persönlichkeiten kommt die Sprache wohl nur selten auf Jinan. Mit namenhaften Metropolen wie Beijing, Nanjing oder Xi'an, die jedes Jahr Tausende Touristen anziehen, kann die Stadt in der ostchinesischen Provinz Shandong kaum mithalten. Zwar hat auch Jinan hoch aufragende und herrliche Berglandschaften, dennoch laufen ihr berühmte Städte wie etwa die Millionenmetropole Chongqing auch in dieser Hinsicht meist den Rang ab. Und auch wenn es um wasserreiche Landschaften geht, kommt die Sprache stets zuerst auf Orte wie Harbin, Hangzhou oder Suzhou. Auch hier zieht Jinan in den Köpfen vieler Reisender also meist den Kürzeren.

 

Doch wer eine Stadt sucht, die mit all diesen Dingen gleichzeitig aufwarten kann - einer langen Geschichte, einer reichen Kultur, mit historischen Persönlichkeiten sowie Bergen, Wasserstraßen und zahlreichen Quellen - für den könnte Jinan unter Chinas Metropolen die perfekte Melange bieten. In dieser Hinsicht ist Jinan einzigartig im Reich der Mitte!

 

Traumhafte Berg- und Wasserlandschaften

 

Obwohl die Erhebungen in Jinan weder hoch noch berühmt sind, sind sie doch über die ganze Stadt verteilt und lassen die Metropole auf diese Weise wie eine riesige Bonsai-Landschaft anmuten. In Jinan kann jeder Berg zudem eine eigene Geschichte erzählen.

 

Der Tausend-Buddha-Berg (Qianfo-Berg) etwa, die höchste Erhebung der Region, liegt in der südlichen Vorstadt. Wer den Gipfel erklimmt, wird in der Nähe des Tanghuaiting-Pavillons auf einen Gedenkbogen mit einer horizontalen Tafel stoßen, auf der die vier chinesischen Schriftzeichen „Qi Yan Jiu Dian“ zu lesen sind. Sie erinnern die Wanderer daran, dass man von hier aus einen Blick auf alle neun Berggipfel Jinans hat. Ursprünglich sind sie zudem ein Vers aus einem Tang-Gedicht von Li He (ca. 790 – 817), in dem dieser beschreibt, wie er den Tausend-Buddha-Berg erklimmt, um von dort aus die neun kleineren Gipfel im nördlichen Teil von „Qizhou“, wie Jinan einst hieß, zu betrachten. In seinen Augen reihen sich die neun Gipfel wie an einer Perlenschnur aufgefädelt von Ost nach West aneinander, wobei jede dieser grünen Perlen in ihrer ganz eigenen Schönheit erstrahlt.

 

Neben diesen neun Gipfeln finden sich in Jinan noch viele weitere sehenswerte Berge wie der „Heldenberg“ (Yingxiong-Berg), der Berg des Goldenen Hahnes (Jinjilingshan) sowie der Sechs-Meilen- und der Sieben-Meilen-Berg (Liulishan und Qilishan). Ursprünglich waren diese Berge Teil der umliegenden Landschaft, doch im Zuge der Stadtentwicklung hat sich Jinan die Erhebungen nach und nach einverleibt. Heute sind sie Teil des Grundrisses der Stadt und auch berühmte Wahrzeichen. Zwar wird man in China viele Städte mit malerischen Bergen finden, dennoch sind die Erhebungen Jinans einzigartig und sehenswert. Über jeden der Gipfel bestehen uralte Legenden und Erzählungen, was die Besucher bei der Besichtigung in vergangene Tage entführt.

 

Jinan wird außerdem auch als „Stadt der Quellen“ bezeichnet. Alles Wasser, das durch die Stadt fließt, ist süßes, frisches Quellwasser. Die Quellen, die überall in den kleinen Wohngassen, in den Wäldern der Stadtparks und aus den Felsenritzen der Gräben sprudeln, verwandeln das Stadtbild in ein glitzerndes, plätscherndes Wasserparadies. 

 

Zu den allgemein bekannten Quellen zählen insgesamt 72, wobei die unzähligen kleineren Quellen, die sich über die ganze Stadt verteilen, noch gar nicht eingerechnet sind. Die Öffnungen vieler dieser Quellen sind in den Rissen riesiger Felsen oder in der Nähe der Öffnungen größerer Quellen verborgen. Obwohl sie der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt sind, leisten sie doch still und heimlich einen unermüdlichen Beitrag zur Quellwasserversorgung der Stadt.

 

Das Wasser ist Lebensader und Seele Jinans. Es wird zur endlosen Quelle von Romantik und Vitalität. 

 

Flanieren über das bunte Brückengeflecht

 

Was wäre eine Stadt mit zahlreichen Wasserquellen und Flüssen ohne malerische Brücken? In Jinan schmücken Wasserübergänge verschiedenster Bauart die Stadt und verweben sich zu einer einzigartigen Stadtlandschaft. Die großen und kleinen Brückenbauten halten Jinan, das von zahlreichen Flüssen unterschiedlicher Größe unterteilt wird, architektonisch zusammen. Brücken sind also ein wichtiges Bindeglied der Stadt.

 

Jinans Brücken haben dabei ihren ganz eigenen baulichen Charme. Da der Ort am berühmten Gelben Fluss liegt, der nördlich von Jinan sehr breit und gemächlich dahinfließt, ist der Nordteil der Stadt nur über Brücken zu erreichen. 

 

Ein architektonisches Meisterwerk, auf das die Einheimischen besonders stolz sind, ist die Yellow River Highway Bridge. Der Bau dieser Brücke begann im Dezember 1978. Im Juli 1982 wurde sie dem Verkehr übergeben. Das Bauwerk hat eine Gesamtlänge von 2023,44 Metern und setzt sich aus einer Hauptbrücke und einem Brückenanflug zusammen. Die Hauptbrücke mit ihrer Länge von 488 Metern hat fünf Bögen, von denen die maximale Spannweite 220 Meter beträgt. Bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1982 war sie einst die größte Brücke Asiens und die achtlängste Schrägseilbrücke aus Spannbeton der Welt. Seit sie dem Verkehr übergeben wurde, ist sie eine beliebte Attraktion für Einheimische wie Touristen.

 

Eine der interessantesten Sehenswürdigkeiten am Gelben Fluss sind die schwimmenden Brücken aus Pontons und Eisenketten. Egal, ob Sie als Besucher den Fluss per Auto, Fahrrad oder zu Fuß überqueren, haben Sie stets einen schönen Blick auf die Wasserlandschaft. Und Sie werden von den stürmischen Strömungen des Gelben Flusses tief beeindruckt sein. Ein unvergessliches Erlebnis ist es zudem, an einem heißen Sommertag auf einer der schwimmenden Brücken zu verweilen und die frische und kühle Luft, die der Fluss versprüht, einzuatmen.

 

Besonders reizvoll sind auch die unzähligen kleinen Steinbrücken, welche in der Nähe der vielen Quellen zu finden sind. Gemeinsam mit den traditionellen Wohnhäusern der Umgebung entfaltet sich vor dem Auge des Betrachters eine ganz besondere, pittoreske Szenerie. Die kleinen, malerischen Brücken laden zum Verweilen ein, wobei man dem gurgelnden Wasserlauf lauschen und das herrlich plätschernde Nass beobachten kann, das sich, gesäumt von Trauerweiden, zwischen den Pavillons entlangschlängelt. Wer einmal hier gestanden hat, wird sich in der Stadtlandschaft regelrecht verlieren und gar nicht mehr fort wollen.

 

Der Garten der Herbsttrauerweiden

 

Neben den vielen Quellen und Steinbrücken ist der Qiuliu-Garten, der „Garten der Herbsttrauerweiden“, ein weiteres Highlight. Am südöstlichen Ufer des Daming-Sees befindet sich zwischen all den Gesteinsformationen ein Felsen, der die Aufschrift „Qiu Liu Han Yan“ trägt, was soviel wie „Trauerweiden im Herbstnebel“ bedeutet. Geht man ein paar Schritte weiter, kommt man zu einem alten Innenhof in den Weidenhainen. Auf einer Tafel über dem Eingang sind die drei chinesischen Schriftzeichen „Qiu Liu Yuan“ eingraviert, was „Garten der Herbsttrauerweiden“ heißt. Ursprünglich wurde dieser Garten zur Erinnerung an den großen Dichter Wang Shizhen (1634 - 1711) aus der frühen Qing-Dynastie angelegt. 

 

Wang Shizhen war äußert bewandert in klassischer Literatur und konnte alte Schriften und Gemälde sowie antike Opfergefäße identifizieren, in die Inschriften eingraviert waren. Darüber hinaus war er auch ein Experte für Steinschnitzerei. Während der Regierungszeit des Qing-Kaisers Kangxi (1654 - 1722) wurde er mit der Führung des damaligen Vereins wichtiger Dichter betraut. Neben der Ausübung seiner Pflicht für den Kaiserhof widmete er sich in seiner Freizeit dem Schreiben und verfasste Zeit seines Lebens mehr als 560 Bände. Aufgrund seiner großen literarischen Erfolge wurde er schon zu Lebzeiten als hervorragender Dichter und Schriftsteller hoch geschätzt.

 

Im Alter von 23 Jahren reiste Wang einmal nach Jinan. Während seines Aufenthalts lud er Persönlichkeiten aus literarischen Kreisen der Stadt zu einem Treffen im Pavillon am Daming-See ein. Bei dieser Zusammenkunft verfasste er vier Gedichte über die Trauerweiden im Herbst. Inspiriert von Wangs Versen verfasste eine Vielzahl anderer Dichter aus dem ganzen Land ähnliche Gedichte als Antwort auf Wangs poetische Zeilen. Es wurde gar eine eigene Poetenvereinigung der Herbsttrauerweiden, die „Qiuliu Shishe“ ins Leben gerufen. Später taufte man ein Gässchen am Südostufer des Sees „Qiuliu-Garten“, um an Wangs Gedichte über die herbstlichen Trauerweiden zu erinnern.

 

Wer heute durch den Qiuliu-Garten am Seeufer entlangflaniert, kann sich vielleicht die lebendige Szenerie ausmalen, wie die Dichter sich hier einst bei Tee und Schnaps vergnügten und unsterbliche Zeilen verfassten. Vielleicht wird ja der eine oder andere gar durch die traumhafte Umgebung inspiriert, selbst zum Stift zu greifen und seine Eindrücke in poetischen Versen zu Papier zu bringen.

 

Es ist wie überall auf der Welt: die Entdeckung, Wertschätzung und Bewahrung der kulturellen Relikte repräsentieren nicht nur den Respekt vor der Vergangenheit, sondern schaffen auch Visionen für die Zukunft. Das gilt insbesondere im Falle von Städten.

 

Jinan im Winter 



Der Daming-See ist nicht nur eine Attraktion für Touristen, sondern auch ein Paradies für Winterschwimmer.

 

Der Winter in Jinan verströmt eine besondere, bezaubernde Wärme, die sich von der klirrenden Kälte Nordchinas und der feuchten Wärme Südchinas deutlich unterscheidet. Selbst wenn die Stadt von kalten Strömungen heimgesucht wird, erwärmt sie sich schnell wieder, sobald die Sonne ihre Fühler ausstreckt. Dies ist vor allem ihrer besonderen geografischen Lage zu verdanken: Jinan liegt in einer gemäßigten Zone. Darüber hinaus tragen die schützenden Bergketten, von denen die Stadt gesäumt ist, das tief liegende Gelände und auch die zahlreichen Quellen zum milden Winterklima bei.

 

Die neun kleinen Berggipfel nördlich des Tausend-Buddha-Bergs sind nicht nur eine Augenweide, sondern dienen auch als natürliche Schutzmauer für die Stadt in kalten Wintermonaten. Das immergrüne Laub auf dem Tausend-Buddha-Berg umarmt die Stadt auf herzliche Weise. Und auch die welligen Bergkämme südlich des Tausend-Buddha-Bergs rahmen die Stadt in ewiges Grün und formen eine undurchdringliche Schutzmauer gegen einfallende Nordwinde.

 

Doch auch die unzähligen Quellen der Stadt leisten im Winter ihren wärmenden Beitrag. Sobald der Winter kommt, erhebt sich warmer Dampf aus den Quellmündungen und umgibt ihren oberen Teil. Von dort aus breitet er sich in jede Gasse und jeden Winkel der Stadt aus und wirkt wie ein natürlicher Luftbefeuchter. Die Einheimischen schwimmen selbst im Winter neben den Wildvögeln in den Seen, was zeigt, wie warm das Wasser ist. Jinans Seen gefrieren oder trocknen nur äußerst selten.

 

Während man in den Gebirgsgegenden Nordchinas im Winter nichts als den aufsteigenden Rauch der Küchenkamine findet, zeichnet sich in den Bergregionen im Süden Jinans ein ganz anderes Bild. Wer mit dem Auto eine Spritztour durch die Region macht, wird eine lebhafte Szenerie vorfinden, selbst an den kältesten Wintertagen. Der herrliche Duft frischer Speisen und feurigen Schnapses, begleitet von einem fröhlichen Stimmengewirr, ist allgegenwärtig. Jinan ist von daher auch in kalten Wintertagen ein beliebtes Ausflugs- und Reiseziel, wo man die sonst triste Jahreszeit herrlich mit Freunden genießen kann.

 

Der Daming-See ist eine der schönsten Sehenswürdigkeiten im Winter. Vor kurzem wurde er erweitert, sodass der alte See vor neuem Leben sprüht und Touristen aus allen Teilen Chinas anzieht. Darüber hinaus hat sich der See als Paradies für Winterschwimmer einen Namen gemacht. Regelmäßig werden hier winterliche Schwimmwettkämpfe veranstaltet, was nicht nur eine fröhliche Atmosphäre in der Umgebung des Sees schafft, sondern auch den Einwohnern die Ausdauer gibt, die kalten Wintermonate durchzustehen.

 

Das Heulen eisigen Nordwindes wird man dagegen im Jinaner Winter kaum vernehmen, und auch garstige Schnee- und Sandstürme sind hier kaum anzutreffen. Dafür ist warmes Sonnenlicht ein ständiger Besucher der Stadt, was eine Reise das ganze Jahr über angenehm macht.

 

Eine so warme Stadt, in der es selbst den ganzen Winter über üppiges Grün und strahlendes Sonnenlicht gibt - wer könnte sich nicht in sie verlieben?

 

*Lu Xiansheng ist Schriftsteller und Kalligraph.

 

Teilen:

Copyright © 1998 - 2016

今日中国杂志版权所有 | 京ICP备10041721号-4

京ICP备10041721号-4