Der jüngste Handelsstreit über Rohstoffe ist nicht der erste Fall, der auf Chinas Ausfuhren zielt. Bereits im Jahr 2004 hatte die EU Anklage gegen China erhoben. Der Vorwurf damals: Die Volksrepublik verstoße durch ihre Beschränkungen für Koksexporte gegen die internationalen Handelsregeln. Die EU vollzog damit eine komplette Kehrtwende. 2001 hatte die EU noch Antidumping-Zölle auf chinesischen Koks eingeführt. Zwar konnte zwischen den Streitparteien eine Einigung erzielt werden, noch bevor die Beschwerde von die WTO behandelt wurde, aber Experten sahen durch den Fall eine neue Ära eingeläutet und warnten, zukünftig könnte China vermehrt Ziel von Streitigkeiten um seine Exportaktivitäten werden.
Dass China dieses Mal die Berufung bei der WTO verloren hat, könnte auch auf den Handel von anderen natürlichen Ressourcen negative Auswirkungen haben. Es ist wahrscheinlich, dass die USA und die EU nun weitere Anklagen gegen China bei der Welthandelsorganisation vorbringen, und zwar zu Chinas Beschränkungen von Ausfuhren Seltener Erden. Der juristische Rückschlag könnte zum Präzedenzfall für den Westen werden, schreibt etwa die „New York Times“. Der Westen werde nun wohl auch Chinas Exportbeschränkungen für andere natürliche Ressourcen, vor allem der Seltenen Erden anfechten.
In der Tat ist abzusehen, dass Länder wie die USA, die EU-Mitglieder und Japan auch unabhängig vom Ausgang des jüngsten Zwistes, weiterhin Druck auf China wegen seiner Beschränkungen für den Export Seltener Erden ausüben. Bereits Mitte 2011 hatten die USA und Mexiko bei der WTO gemeinsam einen Bericht eingereicht, in dem sie die Aufhebung der bestehenden Beschränkungen fordern.
Es ist kein Geheimnis, dass die USA über große Reserven an Bodenschätzen verfügen. Während sie große Anstrengungen unternehmen, ihre eigenen natürlichen Ressourcen zu bewahren, fordern sie von China, seine Exporte von mineralischen Ressourcen zu erhöhen. China ist weder das einzige noch das erste Land, das seine Ausfuhren bestimmter Produkte beschränkt. Die USA wachen beispielsweise mit Argusaugen über ihre Hightech-Exporte nach China, Australien und Brasilien dominieren den weltweiten Exportmarkt für Eisenerz und Russland plant auch Getreide mit Ausfuhrzöllen zu belegen.
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Objekt der Begierde: Hier am Kai Lianyungang, Provinz Jiangsu, werden Seltene Erden verfrachtet. Westliche Staaten drängen China zu höheren Exportquoten. |
„Was ich nicht denk und tu, mute ich auch keinen anderen zu“, so lautet ein chinesischer Sinnspruch. Im Hinblick auf Seltene Erden haben die USA und andere Länder keinen Grund, China zu kritisieren. Im vergangenen Jahr wurde zum Beispiel nur die Hälfte der Exportquoten von Seltenen Erden erfüllt. Diese steht für den Kauf zur Verfügung. Als ein Land, das sich noch in der Frühphase der Industrialisierung befindet, ist es für China unvermeidlich, dass es in der Vergangenheit zu Fehlern beim Konzept für den internationalen Handel gekommen ist. Dennoch richtete China 1998 ein Lizenzmanagement-System für die Exportquote von Seltenen-Erden-Produkten ein. Später wurden diese Produkte in die Kategorie der Produkte aufgenommen, deren Verarbeitung und Handel verboten ist. Aber an der Umsetzung haperte es in den nachfolgenden Jahren mit der Folge, dass die Regelung für die Ausfuhrbeschränkung für die neun Stoffe nicht eingehalten wurde. Am 19. März 2011 veröffentlichten das chinesische Handelsministerium und die Generalzolladministration eine gemeinsame Verordnung, in der festgelegt wurde, dass Eisenlegierungen, die nach Gewicht mehr als zehn Prozent Seltener Erden enthielten, in das Lizenzmanagement-System für Exportquoten aufgenommen und auch mit Ausfuhrzöllen von 25 Prozent belegt werden sollten. Ausgehend vom Gedanken des Umweltschutzes und dem Wunsch nach einem veränderten Wachstumsmodus beim Außenhandel will China langfristig vom Export preisgünstiger Rohstoffe zurücktreten und die Umstellung auf Produkte mit höherem Technisierungsgrad fördern. Den Ressourcen-Export im Tempo der vergangenen Jahre fortzuführen, würde die heimischen mineralischen Reserven ausschöpfen und stünde auch im Widerspruch zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung der Weltwirtschaft.
Die westlichen Länder sollten Chinas Ausfuhrbeschränkungen einiger Rohstoffe nicht anprangern. Vielleicht ist China in Zukunft bereit, eine größere Menge seiner endlichen natürlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, wenn die entwickelten Länder ein stärkeres Engagement zeigen, ihren Versprechungen in Sachen Technologietransfer in die Entwicklungsländer nachzukommen, indem sie beispielsweise ihre technologieintensive Verbreitung von Rohstoffen nach China verlegen. Hiervon würden alle Beteiligten profitieren und es müsste keine Zeit mehr damit verschwendet werden, über Urteile der Welthandelsorganisation zu diskutieren.
*Der Autor Bai Ming ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und stellvertretender Direktor der Forschungsabteilung für Internationalen Markt an der Chinesischen Akademie für Internationalen Handel und Wissenschaftliche Zusammenarbeit.