Ein rasches Wirtschaftswachstum führt aber nicht zwangsläufig zu einem raschen Anstieg des Einkommens. Die Einkommensentwicklung hängt vom System der Einkommensverteilung ab. Auch die Verteilung von Dividenden am Aktienmarkt wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Der erste Faktor bezieht sich auf Indikatoren der Unternehmensleistung wie Umsatz und Gewinn. Auch die Pläne zur Entwicklung eines Unternehmens sowie die Investitionen in Forschung und Marketing spielen eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt hat auch das Unternehmensmanagement, etwa die Aktionärsversammlung, der Vorstand und der Aufsichtsrat, entscheidende Bedeutung für die Leistung eines Unternehmens. Und diese Leistung kann auch durch die Überwachung der zuständigen Verwaltungsorgane beeinflusst werden.
Chinas Kapitalmarkt blickt auf eine Geschichte von nur 20 Jahren zurück. Sowohl bei der Stabilität des Marktes als auch bei der Aufsicht gibt es noch viele Probleme. Kritiker bemängeln, dass weder Chinas Aufsichtsbehörden noch die börsennotierten Unternehmen selbst langfristige Investitionen fördern. Die Interessen von Kleinaktionären sind oft unterrepräsentiert. Einige Unternehmen haben beispielsweise die Gehälter ihrer Top-Führungskräfte, die in der Regel auch einen großen Aktienanteil besitzen, auf ein ungerechtfertig hohes Niveau gehoben. Auf diese Weise würden Kleinaktionäre ihrer Dividenden beraubt, so die Kritiker. Außerdem spiegelten in China die Aktienkurse börsennotierter Unternehmen weder deren Betriebssituation noch ihre Wettbewerbsfähigkeit oder die Entwicklung des Kapitalmarktes wider.
In den letzten Jahren hat die chinesische Regierung eine Reihe von makroökonomischen Maßnahmen ausgearbeitet, die sich speziell auf die nationale Finanzindustrie beziehen. Die Kapitalrücklagen für Finanzinstitutionen wurden erhöht, Zins- und Mindestreservesätze der Banken mehrmals angehoben und auch der Wechselkursmechanismus ständig verbessert. Trotzdem blieben die Hoffnungen für die Politik der Einkommensverteilung unerfüllt. Die ungleiche Einkommensverteilung ist mittlerweile zu einem Hauptanliegen der Investoren geworden.
Wie kann ein starkes Wirtschaftswachstum mit einer stabilen Leistung am Aktienmarkt gefördert werden? Diese Frage diskutieren Ökonomen weltweit. Die Lage in den entwickelten Ländern ist dabei nicht besser als in BRICS-Ländern wie China. Die chinesische Regierung setzt weiter auf eine konsequente Reform- und Öffnungspolitik, baut den nationalen Kapitalmarkt kontinuierlich aus und ist bestrebt, die Gewinne am Aktienmarkt zu erhöhen. Auf der nationalen Konferenz für finanzielle Arbeit im Januar dieses Jahres in Beijing betonten die Verantwortlichen, China werde seinen Finanzsektor weiter eröffnen. Hierzu wolle man noch bestehende Hindernisse für den Marktzugang reduzieren, die makroökonomische Kontrolle der Finanzen verbessern sowie die Koordinierung und die produktive Wechselwirkung zwischen Geld-, Finanz-, Aufsichts- und Industriepolitik stärken. Außerdem soll der Wechselkursmechanismus weiter verbessert werden. Chinas Kapitalmarkt wird sich wohl gesund entwickeln, so lauten zumindest die Prognosen der Fachleute. China ist bestrebt, seinen Kapitalmarkt noch risikoresistenter und effizienter zu machen, um so die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu fördern, die Gewinne am Aktienmarkt zu steigern und seinen Anlegern bessere Dividenden zu bescheren.
*Hu Jiangyun ist Forscher am Forschungszentrum für Entwicklung des Staatsrates.