Mutig voraus: Guangdonger Unternehmen setzten trotz Flaute auf Expansionsstrategie

Von He Liu

2011 war kein leichtes Jahr für Chinas Wirtschaft, vor allem für die Provinz Guangdong mit ihrer stark exportorientierten Wirtschaft. Im Oktober stieg zwar das Exportvolumen gegenüber der Vorjahrsperiode um 7,8 Prozent, fiel damit aber gleichzeitig erstmals in den einstelligen Bereich. Außerdem nahm es im Vergleich zum Vormonat um 8,7 Prozent ab. Zhu Xiaodan, amtierender Gouverneur der Provinz, erklärte öffentlich, man habe mit ähnlich schwierigen Herausforderungen wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 zu kämpfen.

Chinas Reformen bei der Veränderung der Art und Weise seiner Wirtschaftsentwicklung sind in eine entscheidende Phase eingetreten und stellen Chinas Wirtschaft vor schwere Herausforderungen. Die europäische Schuldenkrise setzt die Industrie dabei zusätzlich unter Druck. Zhu Xiaodan zeigt sich trotz alledem zuversichtlich, dass die strukturelle Wirtschaftsanpassung und die Niveauhebung der Industrie gelingen werden. „Unter dem Druck des Marktes werden die Unternehmen gezwungen sein, sich an die Veränderung anzupassen. Die äußeren Herausforderungen werden ihre Schritte in Richtung einer veränderten Entwicklungsweise beschleunigen", sagt er.

Zhuhai BP Chemical als Vorreiter

Das Unternehmen Zhuhai BP Chemical ist ein Joint Venture zwischen dem britischen Konzern BP und dem chinesischen Unternehmen Zhuhai Chemical. Der Firmensitz befindet sich in der Petrochemischen Zone Gaolangang in der südostchinesischen Wirtschaftssonderzone Zhuhai. Zhao Chunming, Generaldirektor des Unternehmens, kündigte vor zehn Jahren seine Stelle bei Sinopec, um eine neue Karriere bei dem Joint Venture zu starten. Zhao ist kein Mann großer Umschweife, er spricht klare Worte. Mit großer Zuversicht berichtet er über die dritte Bauphase des Projekts zur Erweiterung der Produktion von PTA (gereinigte Terephthalsäure), und das in einer Zeit, in der die übrige Branche eher Trübsal bläst. PTA ist ein wichtiger Stoff zur Herstellung vieler Gebrauchsgegenstände in unserem Alltagsleben, etwa für chemische Fasern, Textilien, Behälter und andere Polyesterprodukte.

Blick auf Zhuhai BP Chemical

Die Volkswirtschaftslehre sieht die Nachfrage nach PTA in direktem Zusammenhang mit dem Bruttoinlandsprodukt. So schnellte die PTA-Nachfrage in China seit 1996 angesichts eines rasanten Wirtschaftswachstums kontinuierlich in die Höhe. Der BP-Konzern erkannte das große Marktpotential und stieg in das Geschäft ein, indem er ein Joint Venture mit dem chinesischen Partner gründete. Nach mehrjährigen Anstrengungen konnte die erste Bauphase des Projekts zur PTA-Produktion im Jahr 2003 schließlich abgeschlossen und die Produktionsanlage erstmalig in Betrieb genommen werden.

Stimuliert durch die große inländische Nachfrage wurde die Produktionskapazität schnell erweitert, von 2005 bis 2008 konnte sie sogar mehr als verdoppelt werden. Insbesondere 2006 wurde die Produktion um 3,9 Millionen Tonnen gesteigert, das Wachstum lag bei 65,5 Prozent. 2007 erreichte die chinesische PTA-Produktionskapazität 10,95 Millionen Tonnen und belegte damit weltweit Platz eins. In diesem Jahr wurde ein Viertel der weltweiten PTA-Produkte in China hergestellt.

Die blinde Expansion brachte jedoch schwerwiegende Folgen mit sich. Von Ende 2006 an mussten einige PTA-Unternehmen Verluste verbuchen, im Jahr 2007 brach schließlich die ganze Branche ein. Erst die chinesische Regierung als Reaktion auf die internationale Finanzkrise ein Konjunkturpaket in Höhe von 4 Billionen Yuan, umgerechnet rund 496 Milliarden Euro, auf den Weg brachte, wurde eine Wende eingeläutet. Der Boom konnte fortgesetzt werden.