China heute: Haben die betroffenen Unternehmen bereits einen Strategiewechsel vorgenommen?
Ich denke schon, dass sich Strategien auch ändern. Aber das sieht bei jedem Unternehmen anders aus. Es ist auf alle Fälle sinnvoll, sich anzuschauen, wo Schwerpunkte im Konjunkturprogramm gesetzt worden sind, und sich dann auf diese Bereiche zu konzentrieren. Es gibt einige Bereiche, in denen die deutschen Firmen viel leisten können. Im Mittelpunkt des chinesischen Konjunkturprogramms steht der Ausbau der Infrastruktur in all ihren Facetten. Energieeffizienz, erneuerbare Energien wie zum Beispiel Windkraft und soziale Bereiche wie Sozialversicherungssysteme, Gesundheitsfürsorge, Bildung und Qualifizierungsmaßnahmen sind dabei besonders hervorzuheben. Das sind alles Bereiche, wo deutsche Unternehmen sehr viel bieten können. Es gibt so viele Felder in der deutsch-chinesischen Kooperation, wo das Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. Allerdings ist auch in Bereichen, wo seit Jahren schon Anreize gesetzt wurden, die Kooperation zu intensivieren.
China heute: Zur Förderung einer stabilen und relativ schnellen Entwicklung hat die chinesische Regierung ein umfassendes Konjunkturpaket eingeführt. Es dient dazu, Chinas eigene Wirtschaft anzukubeln. Hat es auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche und technische Kooperation zwischen China und Deutschland?
Das Konjunkturpaket von vier Billionen Yuan ist natürlich wie die Konjunkturpakete aller anderen Länder in erster Linie darauf gerichtet, der eigenen Wirtschaft neue Impulse zu geben. Dafür werden aber bestimmte Technologien und Know-how gebraucht. Deutschland hat diese Technologien und dieses Know-how, insofern können auch ausländische Unternehmen vom chinesischen Konjunkturpaket profitieren.
Blicken wir zurück auf die chinesische Einkaufsdelegation, die im Februar in Europa war. Die ausgegebenen 15 Milliarden € stammten ja aus dem Konjunkturpaket für den Import von Technologien. Der größte Teil der Verträge ist mit Deutschland abgeschlossen worden, nämlich im Wert von elf Milliarden €. Die Delegation hat auch angekündigt, dass das erst der erste Schritt gewesen sei. Das zeigt ganz eindeutig, dass es für China wichtig ist, auf der einen Seite der Wirtschaft im eigenen Land neue Impulse zu geben; auf der anderen Seite ist es für China auch wichtig, dass die Volkswirtschaften der Partnerländer wieder in Bewegung kommen. China leistet letztendlich auch einen Beitrag, dass die Wirtschaft in Europa wieder in Schwung kommt. Davon profitiert letztendlich auch die chinesische Wirtschaft, weil die jetzige Krise für China keine Finanzkrise, sondern vor allen Dingen eine Absatzkrise, eine Exportkrise ist. Die chinesische Wirtschaft ist sehr stark vom Export abhängig, und zwar von Exporten in die USA und nach Europa. In dem Moment, wo in den USA und in Europa die Nachfrage nach chinesischen Konsumgütern zurückgegangen ist, bekam dies auch die chinesische Volkswirtschaft insgesamt zu spüren. Demzufolge ist natürlich der chinesischen Regierung daran gelegen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass es in der Weltwirtschaft wieder aufwärts geht, dass dort wieder eine Nachfrage nach chinesischen Produkten entsteht. Die Welt ist heute nicht mehr so strukturiert, dass jedes Land für sich alleine existieren kann. Die Volkswirtschaften der Welt sind eng miteinander verflochten und voneinander abhängig. Insofern denke ich, das Konjunkturpaket dient natürlich in erster Linie der Förderung der nationalen Wirtschaft. Gleichzeitig werden aber auch Maßnahmen ergriffen, die internationale Kooperation zu vertiefen.
