Die Belebung des tibetischen Buddhismus auf der „unteren Route“ (2)
Als die Nachricht über die Weiterentwicklung des tibetischen Buddhismus in Amdo durch Laqen Gomba Rabsai Ost- und Zentraltibet, den Ursprungsort des tibetischen Buddhismus, erreichte, zeigten sich die dortigen feudalen Lehensherren hoch erfreut. Ost- und Zentraltibet standen damals unter der Herrschaft der Nachkommen Yumtans, des Sohns von Lang Darma. Laut Angaben von der Sammlung historischer Schriften über die Han und die Tibeter hatten Yumtan und seine Nebenfrau Drashesco einen Sohn namens Tride Gonyan, dessen Söhne Tride Rigpagon und Nyimagon waren. Nyimagons Sohn Nyiwo Palgon und dessen Nachkommen wohnten in Lungrue, Pengyul, Amdo und Kham. Tride Rigpagon hatte zwei Söhne: Tridepo und Dorjebar. Dorjebars Enkel Tsana Yeshe Gyaltsan war ein Lehensherr im Bezirk Samye, eine Persönlichkeit in der späteren Blütezeit, die durch die rege Förderung des tibetischen Buddhismus bekannt war. Laut der Roten Geschichte soll Tsanna Yeshe Gyaltsan, als er von der Weitergabe der Vinaja-Sutras in Amdo erfahren hatte, sehr begeistert gewesen sein und Anhänger des Buddhismus sofort nach Amdo geschickt haben, die dort die Mönchsweihe empfangen und die Weitergabe der Vinaja-Sutras betreiben sollten. Wichtige Buddhisten, die zum Dantig-Kloster in Amdo kamen, waren Lumes Tsukrimshesrab, Tsangyeshes Yumtan, Rashes Tsukrimyungna, Patsukrimlogros und Sumpa Yesheslogros aus Ost- und Zentraltibet und Lostondorje Bangphug, Tsongtsun Shesrabsengge und die Brüder Ahli Baraogyi und Pudong Baonpaltika aus Westtibet.
Als die zehn Buddhisten im Dantig-Kloster angekommen waren, empfingen sie bei Grumgyeshes Gyaltsan, einem Schüler des Schülers von Laqen Gomba Rabsai, die Mönchsweihe und bekamen zum Zweck deren Fortführung das Vinajapitaka. Als sie wieder in Tibet waren, nahmen sie in Ost-, und Zentral-, beziehungsweise Westtibet Schüler auf, bauten Klöster und verstärkten das Mönchstum. Diesbezügliche Berichte in den tibetischen Geschichtsbüchern unterscheiden sich jedoch voneinander. Größere Unterschiede liegen besonders in der Zahl der buddhistischen Anhänger, die aus Ost-, und Westtibet gekommen waren und im Dantig-Kloster Mönchsweihe empfangen hatten. In der Bustons Geschichte des Buddhismus werden zehn erwähnt und in der Geschichte der Tibetischen Könige zuerst sieben und dann fünf, also insgesamt zwölf.
Als die neu geweihten Mönche wieder in Tibet waren, arbeiteten sie daran, eine Grundlage für die spätere Blütezeit des tibetischen Buddhismus zu schaffen. Besonders erwähnenswert waren die fünf nach Ost- und Zentraltibet zurückgekehrten Mönche. Als sie wieder in Ost- und Zentraltibet ankamen, war Tsana Yeshe Gyaltsan, der Lehensherr von Samye, schon gestorben. Sie wurden von seinem Sohn Ngasah Tripa herzlich empfangen und ausgezeichnet. Zuerst arbeiteten die fünf Mönche am Aufbau des Klosters Nyingmai Gyalgon mit, des ersten Klosters in der späteren Blütezeit. Später führten sie jeweils ihre eigenen Tempel. Lumes Tsukrimshesrab war als Verwalter in Samye für die Kayun-Gebetshalle zuständig. Die Brüder Rashes Tsukrimyungna waren als Verwalter in Gegyishiemalhin tätig. Tsangyeshes Yumtan war für Kansungsankanglhin und Patsukrimlogros für die Haupthalle Samyes zuständig. Um ihren religiösen Einflussbereich im Gebiet Lhasa auszudehnen, bauten sie noch weitere Klöster. Das waren Zeichen dafür, dass Ost- und Zentraltibet schon in die spätere Blütezeit des tibetischen Buddhismus eingetreten waren.
Lumes Tsukrimshesrab baute das Lamkyardu-Kloster und machte es zur Basis für seine Dharma-Predigt. Das Kloster war eine Ausbildungsstätte für seine vier bedeutendsten Schüler: Drumaitsukrimyungna baute das Sunathangchen-Kloster, das er selber als Basis verwendete, und gründete die Thang-Schule; Shangnanam Dorjebangphug baute das Radra- und das Gyi-Kloster, verwendete sie als seine Basis und gründete die Shang-Schule; Dojamgyuyungna baute das Yebapalri-Kloster als seine Basis und gründete die Do-Schule; Langyeshesrab baute das Kyasalgang-Kloster als seine Basis und gründete die Lang-Schule. Die vier Schulen gehörten zur Lumes-Schule. (Die Lumes-Schule ist der Oberbegriff für diese vier Schulen.)