Würfelspiel
Das Würfelspiel ist nicht nur in Tibet, sondern auch in anderen Gebieten des Landes verbreitet. Zum Beispiel wird auch beim Mah-Jongg-Spiel gewürfelt. Würfelspiele sind bei der tibetischen wie bei den meisten anderen in China lebenden ethnischen Gruppen nur dem Vergnügen und der Unterhaltung gewidmet.
Das tibetische Würfelspiel hat seine eigenen Regeln. Man braucht zum Spiel ein Holzgefäß mit relativ kleiner Öffnung, einen runden, mit Yak- oder Schafwolle oder einem anderen Stoff gepolsterten Teppich und Würfel aus Knochen oder Plastik. Solche aus Elfenbein und Knochen der Echten Karettschildkröte sind sehr selten, außerdem dürfen sie heute gemäß dem internationalen Artenschutzabkommen weder angefertigt noch gehandelt werden. Als Spielmarken werden von drei Gruppen je neun „Laghi“ (Stäbchen; jede Gruppe hat eine Farbe) und 108 „Zhongbu“ (kleine Kugel) gebraucht; dann muss man sich auf die Zahl der Spieler einigen. Es können zwei, drei, vier oder sechs spielen. Wollen noch mehr am Spiel teilnehmen, müssen je zwei eine Gruppe bilden. Wichtig ist, dass die Zahl der gewürfelten „Augen“ der Zahl der vom Spieler oder seinem Gegner gebotenen „Laghi“ entspricht.
Typisch für das tibetische Würfelspiel ist, dass die Spieler dabei Verse rezitieren. Jeder Spieler wirft einmal zwei Würfel. Die Zahl der gewürfelten „Augen“ entscheidet über den Ausgang des Spiels. Darum gibt man der erhofften Augenzahl besonders liebevoll klingende Bezeichnungen. Es gibt unzählige lustige Verse, die beim Würfeln gesprochen werden. Während der Spieler würfelt, rezitiert er zwei Verse. Hat er zum Beispiel zwei Punkte geworfen, sagt er: „nun habe ich gerade zwei Punkte, da wird der Gegner schon nicht ausreißen.“ Zeigen die beiden Würfel zum Beipsiel drei Punkte, sagt man: „Gerxi ist vom Pferd gefallen, da muss ich nicht erst absteigen, um ihn niederzuschlagen“... Zu allen möglichen Augenzahlen zwischen zwei und zwölf gibt es solche Sprüche und Verse, die jeder Spieler kennt. Der inhaltliche Hintergrund all dieser Sprüche bezieht sich stets auf die kulturelle, religiöse und soziale Geschichte Tibets.
Da man keine komplizierten Gerätschaften oder große Räume zum Würfelspiel braucht, erfreut es sich großer Beliebtheit. Wo man sich gut amüsiert, würfelt man auch. Dabei versetzen sich die Spieler so in Spannung und Begeisterung, dass alle von ihrer guten Laune angesteckt werden.