Ansichten der chinesischen Bevölkerung zur Reform des politischen Systems
Von Dai Yuanchu* und Wei Lai*
Über das Thema der Reform des politischen Systems wurde in letzter Zeit in China viel diskutiert. Welche Ansichten und Meinungen hat die chinesische Bevölkerung zur Reform des politischen Systems? Welche Vorschläge hat sie gemacht? Dazu hat das Meinungsforschungszentrum Huanqiu, das zur chinesischen Zeitung „Global Times“ gehört, Meinungsumfragen in sieben repräsentativen chinesischen Städten durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass die meisten Befragten der Meinung waren, China solle die Reform des politischen Systems durchführen, dabei aber der Stabilität höchste Priorität einräumen. Die meisten Befragten waren nicht damit einverstanden, das politische System der westlichen Demokratien zu praktizieren. Das Ziel der Reform des politischen Systems solle darin liegen, ein demokratisches politisches System chinesischer Prägung aufzubauen und vorhandene Probleme in China zu lösen. Als konkretes Ziel der Reform des politischen Systems betrachteten die meisten Befragten die „Verkleinerung der Diskrepanz zwischen Reich und Arm und die Schaffung sozialer Gerechtigkeit“ sowie die „Beseitigung der Korruption“.
Vom 28. bis zum 31. Oktober 2010 hat das Meinungsforschungszentrum Telefonumfragen in sieben chinesischen Städten durchgeführt, um die erwünschte Richtung der Reform des chinesischen politischen Systems und des zukünftigen Arbeitsschwerpunktes zu erkunden. Die sieben ausgewählten Städte Beijing, Shanghai, Guangzhou, Changsha, Chengdu, Xi’an und Shenyang sind repräsentativ für Nord-, Ost-, Süd-, Zentral-, Südwest-, Nordwest- und Nordostchina. Die Umfragen wurden anhand der vom Staatlichen Statistikamt im Jahr 2008 veröffentlichten jüngsten Bevölkerungsdaten und unter Betrachtung der regionalen Verteilung, der Altersstruktur und des Geschlechts vorgenommen. 1327 über 18 Jahre alte Stadtbewohner wurden befragt.
Die Frage „Sollte China die Reform des politischen Systems vorantreiben?“ bejahten 78,4% der Befragten, 5,0% verneinten.
Zur Frage „Was ist das Ziel der Reform des politischen Systems?“ waren über 50% der Meinung, „ein demokratisches politisches System chinesischer Prägung aufzubauen und nach einem eigenen Entwicklungsweg zu suchen“. Konkret befürworteten 57,3% der Befragten den Aufbau eines demokratischen politischen Systems chinesischer Prägung, 53% waren für die Suche nach einem eigenen Entwicklungsweg, 46,5% der Befragten sahen darin die Lösung der vorhandenen Probleme Chinas und 15,5% meinten, das politische System der westlichen Demokratien sei das Ziel der Reform des politischen Systems. Es gab auch Befragte, die sich noch „keine klare Meinung dazu gebildet hatten“.
Zhang Weiwei, Professor an der Genfer School of Diplomacy and International Relations in der Schweiz, war der Auffassung, es sei erfreulich, dass die chinesische Bevölkerung diese Einstellungen habe. China müsse bei der Förderung der Reform des politischen Systems die Tradition „die Wahrheit in den Tatsachen suchen“ fortführen. Man dürfe nicht inhaltslos über die Reform des politischen Systems debattieren, nicht den Weg einer „politischen Romantik“ einschlagen, sondern müsse pragmatisch sein und auf Einzelheiten eingehen. Beispielsweise müssten „erstklassige Auswahlmechanismen von qualifizierten Fachkräften, erstklassige demokratische Kontrollmechanismen und erstklassige gesellschaftliche Konsultationsmechanismen“ verständlicher und transparenter als bisher sein. Die erfolgreichen Erfahrungen der Wirtschaftsreform Chinas in den vergangenen 30 Jahren umfassen „schrittweises Vorwärtskommen, Versuch und Akkumulation“; dies sei auch für die Reform des politischen Systems geeignet.
Zhang Shuhua, Wissenschaftler an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, meinte, dass es nur den Prozess zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme verzögern würde, wenn China sein politisches System reformierte, ohne sich gesetzlich und kulturell ausreichend darauf vorzubereiten. Beispielsweise sei die politische Reform der ehemaligen Sowjetunion gescheitert und die Gesellschaft in die „Demokratie der Oligarchie“ geraten, so dass sich die soziale Kluft weiter vertieft habe. Die chinesische Bevölkerung sei entschieden gegen eine derartige Reform. Die Ergebnisse der Meinungsumfragen spiegeln die Vernunft und Gelassenheit der chinesischen Bevölkerung wider. Zhang Shuhua ist der Ansicht, das Ziel der Reform des politischen Systems solle darin liegen, die internationale politische Konkurrenzfähigkeit Chinas zu stärken. Man solle sich über den Hauptgedanken der Reform des politischen Systems im Klaren sein und keinesfalls nur oberflächlich daherreden, sondern gezielt und konkret ins Gespräch kommen.
