Rot ist zu dieser Zeit die dominierende Farbe. Es werden Glücksbringer aufgehängt, mit glücksbringenden Zeichen und Sprüchen bemalte Spruchbänder aus Papier. Diese werden umgedreht an die Türen gehängt, da das chinesische "dao" (umdrehen) ungefähr dieselbe Aussprache wie "dao" (ankommen) hat.

Das Feuerwerk und die rote Farbe dienen dazu, das Jahresmonster nian (Jahr) zu vertreiben, vor dem sich die Chinesen nach einer Sage gefürchtet und sich abends in der Wohnung versteckt hatten, bis sie herausfanden, dass es nur einmal im Jahr auftauchte und sich vor Lärm und roter Farbe fürchtete. Das Chinesische Frühlingsfest ist wahrlich nicht zu überhören. Am 25. Januar, dem chinesischen Silvester, knallten, nachdem das Abbrennen von Feuerwerkskörpern innerhalb des vierten Rings in Beijing jahrelang verboten war, die Böller vom frühen Nachmittag an und nach Einbruch der Dunkelheit erstrahlte der Himmel über Beijing in einem stundenlangen farbenprächtigen Feuerwerk bis zum Beginn des neuen Jahres.

Die lautesten Knallfrösche heißen in Deutschland China-Böller und ich hatte in diesem Jahr die Gelegenheit, diese manchmal meterlangen Schnüre ohne Unterbrechung über Stunden zu „genießen“. Chinesische böse Geister scheinen ein zähes Volk zu sein. Noch an den folgenden Tagen und Abenden sind Nester gesichtet worden. Außerdem scheinen sie mit einigen Autoalarmanlagen im Bunde zu stehen, die nach lauten Knallern zu jaulen anfangen und den Unmut der Geister auszudrücken scheinen.

Es gehört zur guten Tradition, dass man im Frühlingsfest einen Tempelmarkt besucht. Man kann dort nicht nur an Opferriten teilnehmen, sondern auch an zahllosen kleinen Ständen Kunstgewerbe und Gebrauchsartikel aller Art kaufen und Volkskünste wie Vorträge von volkstümlichen Geschichten, Löwen- und Drachentänze, Gesangsdarbietungen und Musik auf traditionellen Instrumenten bewundern. Eine Vielzahl von Imbissständen lädt zu kulinarischen Exkursionen ein.

Der Ditan-Park (Tempel des Erdgottes) war am ersten Tag des neuen Jahres voll von großen und kleinen Menschen, die sich auf dem Volksfest des Jahres prächtig amüsierten. Besonders beliebt waren diesmal riesige Stofftiere und natürlich Ochsen in allen Variationen. Zu einer kulturellen Irritation kam es, als ich ein kleines Mädchen mit roten Hörnern auf dem Kopf sah. Ein Teufelchen? Nein, lediglich eine Variante zur Kopfbedeckung im Ochsen-Jahr.

Der Tempelmarkt im Ditan-Park war eine Augen-, Ohren- und Gaumenweide. Der Erdgott hat sicherlich mit Wohlgefallen und viel Verständnis dem Treiben zugeschaut und wird sicherlich auch im nächsten Jahr, dem Jahr des Tigers, seinen Segen dazu geben.