Die Marco-Polo-Brücke erstreckt sich 266 Meter über den Yongding-Fluss (Fluss der immerwährenden Beständigkeit). Die Brücke ist acht Meter breit und wird von elf Bögen getragen. Die originalen dicken Steinquader sind an der Mitte der Brücke an der Oberfläche noch erhalten. Durch die vielen Passanten wurden sie über die Jahrhunderte hinweg stark ausgetreten. Die Geländer der Brücke bestehen aus je 140 mit Marmorplatten verbundenen Säulen. Auf jeder der Säulen sitzt eine steinerne Löwenskulptur. Wer genauer hinschaut, entdeckt, dass auf vielen der großen Löwen noch viele kleine Löwen eingemeißelt sind. Ein geflügeltes Wort lautet: „Es ist unmöglich, die Löwenfiguren auf dem Geländer der Marco-Polo-Brücke zu zählen: also es sind einfach zu viele. “ Die Steinlöwen würden, so der Volksmund, dann verschwinden, wenn man sie zählen könnte. Die Löwenskulpturen sind alle individuell gestaltet, insgesamt sind es 485 Skulpturen. Die tragenden Pfeiler der Brücke sind so konstruiert, dass mit ihrer Hilfe die in früheren Jahrhunderten oft reißenden Strömungen entschärft werden konnten. Jeder Pfeiler endet oben mit einer Eisenspitze, die einer Legende nach die Drachen, die Beijing bereits zur Gründungszeit heimsuchten, aufspießten, sofern sie sich den Fluss hinunterwagten. Die Brücke mit ihren elf Bögen lässt sich vom Ufer aus am besten in Augenschein nehmen.
Trotz ihrer monumentalen Bauart wurde die Marco-Polo-Brücke in den Jahren 1444 und 1689 durch Fluten teilweise zerstört, jedoch auch immer wieder aufgebaut. Im Jahre 1751 avancierte die Brücke unter dem Kaiser Qianlong zu einer der so genannten Acht Sehenswürdigkeiten von Yanjing (dem heutigen Beijing). Zu diesem Zeitpunkt erhielt sie auch den schönen Titel „Der Mondschein vor Tagesanbruch über der Lugou-Brücke“. Heute heißt die Brücke Lugou Qiao, was als Schilfrohrgrabenbrücke übersetzt werden kann. Ihren heutigen Beinamen Marco-Polo-Brücke trägt sie, weil sie in den Reiseberichten des Venezianers Marco Polo Bewunderung findet. Er selbst nannte sie Pulisanging, aus dem Persischen pul für Brücke und sangin, einem weiteren Namen für den Yongding-Fluss.
Dank der Beschreibungen Marco Polos erlangte die Brücke auch im Westen große Bekanntheit. Das war nicht immer so. Im modernen China ist die Brücke trotz der architektonischen Schönheit, ihrer historischen Bedeutung und bewegten Vergangenheit ein häufig vom Tourismus unbeachtetes Kunstwerk. Umso schöner ist es, einen Ausflug zu dem prachtvollen Bauwerk zu machen, wo eines der wichtigen Kapitel in der Geschichte Chinas begann.