Deutschlernen – so schwer
Von An Ji
Eigentlich hätte ich schon an der Uni Deutsch als Nebenfach wählen können. Aber damals schien mir Englisch wichtiger zu sein. Nun, mehr als 10 Jahre später, habe ich endlich angefangen, Deutsch zu lernen.
Seit zwei Jahren lebe ich in Berlin. Ich möchte nicht zu denjenigen gehören, die zwar lange Jahre im Ausland gelebt haben, aber die dortige Sprache kaum können. Ich will mich in Deutschland gut einleben. Das erste Problem war nun, wie ich Deutsch lernen sollte. Eine Sprachschule besuchen oder ein systematisches Selbststudium betreiben? Meine Entscheidung fiel zugunsten der zweiten Möglichkeit. Denn mein Ziel ist es nicht, Deutsch wie ein Germanist zu beherrschen, sondern nur, mich mit den Einheimischen verständigen, deutsche Zeitungen und Zeitschriften lesen sowie Radio- und Fernsehprogramme im Großen und Ganzen verstehen zu können. Und es gibt noch einen Grund: Ich möchte es nicht mehr, im Unterricht zuzuhören, mit anderen Mitschülern zu üben und Prüfungen bestehen zu müssen, nachdem ich das Klassenzimmer so lange verlassen habe.
Aller Anfang ist schwer, insbesondere wenn man sich etwas einfacher vorgestellt hat. Da ich mehrere Jahre, von der Mittelschule bis zum Studienabschluss, Englisch gelernt hatte und Englisch und Deutsch zwei verwandte Sprachen sind, dachte ich, es werde bei meinem Deutschlernen zügig vorangehen. Ein Schlag direkt auf den Kopf war aber die Grammatik der deutschen Sprache. Sie ist wirklich furchtbar kompliziert. Wie schön wäre es ohne der, die, das. Außerdem: warum ein kleines Buch, aber das kleine Buch? Warum ich bin, du bist, er, sie, es ist, wir sind, ihr seid, sie sind und Sie sind? Warum steht das Verb häufig am Ende eines Satzes? Warum bestehen viele deutsche Wörter aus so vielen Buchstaben? Und so weiter, und so fort. Das bereitet mir Kopfschmerzen. Ich fühle mich vom dicken Nebel der deutschen Grammatik verhüllt. Wann kann ich mich davon befreien? Das nimmt bestimmt Fleiß und Geduld in Anspruch. Ich glaube, es ist genauso schwer für einen Deutschen, der Chinesisch lernt. Jedenfalls sind Chinesisch und Deutsch zwei so unterschiedliche Sprachen.
Die Sprache ist ein Fenster, durch das man eine andere Welt kennen lernen kann. Ich weiß die Chance zu schätzen, eine Fremdsprache direkt im Land lernen zu können. Ich kann mich deutlich daran erinnern, dass ich einen Brief zu verschicken hatte, nachdem ich die Lektion „Bei der Post“ gelernt hatte. Was für eine gute Übungschance!
Übung macht den Meister. Hören, sprechen, lesen und schreiben – alle diese vier Fertigkeiten muss man üben, üben und nochmals üben. Nun, zwei Jahre Selbststudium später, kann ich vergleichsweise am besten lesen - das ist aber klar. Sprechen fällt mir am schwersten. Wenn ich etwas auf Deutsch sagen möchte, muss ich die Wörter oder Sätze zunächst im Kopf auf Chinesisch organisieren. So spreche ich Deutsch meistens langsam und mit Unterbrechungen, na ja, ich brauche eben Zeit zum Denken. Außerdem kann ich das „R“ immer noch nicht richtig aussprechen. Dennoch soll man trotz Schwierigkeiten optimistisch sein. Mein Fleiß hat inzwischen Früchte getragen. Ein aktuelles Beispiel dafür: dieser Artikel. Als ich ihn schrieb, war ich wirklich ein bisschen stolz auf mich selbst, obwohl es darin vor der redaktionellen Bearbeitung ein paar Fehler gab. Dabei spürte ich die Freude der Ernte.