Eine völlig andere Geschichte habe ich erlebt, als ich gut gelaunt ein deutsches Museum besuchte, indem viele christliche Objekte ausgestellt waren. Als ich jedoch die Bilder sah und die Erklärung des Begleiters hörte, dass Jesus durch einen seiner Jünger verraten wurde, überkam mich eine große Trauer. Schwarz, unendliches Schwarz versetzte mich in eine Trauerfeierstimmung. Heute, wenn ich diese beiden Bilder wieder vor Augen habe, möchte ich nicht oberflächlich behaupten, dass sich der Unterschied zwischen den beiden religiösen Bildern lediglich am Begriffspaar Fröhlichkeit – Traurigkeit festmachen lässt. Der Unterschied liegt eher an den verschiedenen Grundeinstellungen und Belehrungen: vergessen oder erinnern. Das erste buddhistische Bild lehrt uns, dass es in der Welt eigentlich keine Sorgen gibt, nur sorgenbeladene Herzen. Vergessen Sie bitte die unnötigen Sorgen und genießen und schätzen Sie den jetzigen Augenblick. Morgen ist wieder ein neuer Tag. Das zweite Bild vermittelt dagegen eine nachdenklich stimmende Nachricht: Erinnern Sie sich bitte an die Geschichte, wie die Menschen dank einem, der sein Leben geopfert hat, weiter leben können und dankend und denkend leben sollen. Ich weiß nicht, ob man damit vollständig erklären kann, dass die Chinesen sich an lachende Gesichter gewöhnt haben und die Deutschen an Seriöses und Nachdenkliches. Aber das ist mein erster Versuch, um den typischen chinesischen Frohsinn und die typische deutsche Seriosität zu interpretieren und zu verstehen."
„Vielen Dank für Ihren kleinen wissenschaftlichen Vortrag. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich darf eine Ergänzung machen: Seitdem ich Sinologie studiere, habe ich viel mehr gelacht als je zuvor. Jetzt weiß ich endlich warum." Der Moderator lachte dabei typisch chinesisch, um seiner Bemerkung Nachdruck zu verleihen. Die anderen Gäste, Deutsche und Chinesen, wurden davon auch angesteckt.
„Mit der vorherigen These bin ich zwar nicht hundertprozentig einverstanden, aber ich finde, dass sie hochinteressant und aufschlussreich ist. Ich bin ein Unternehmer, ein Deutscher." Ein Mann mittleren Alters stand auf und stellte sich vor. „Haha, natürlich bist du ein Deutscher, lange Nase und blaue Augen. Haha!" Eine Kinderstimme hat seine Vorstellung unterbrochen. „Oh, nein, nein, meine Kleine. So natürlich ist es auch nicht. Ich habe einen chinesischen Pass, wie du." „Dann bist du auch ein Chinese?" , fragte das Kind neugierig. „Ja ... so ungefähr," antwortete der Chinese und/oder Deutsche. „Ich heiße Wolfgang Weiland, mein chinesischer Name ist WeiWo唯我 (Nur Ich), was meine deutschen Verwandten sehr toll finden, aber meine chinesische Frau für überheblich und arrogant hält. Für sie ist die Familie am wichtigsten, die nicht nur aus mir und unseren Kindern besteht, sondern auch die Omas, Opas, Eltern und viele andere Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins väterlicher und mütterlicher Seite umfasst, deren Kinder und Verwandte inklusive. Das erschien mir am Anfang schon eine sehr große Familie zu sein. Ich konnte mir nicht alle Namen und Beziehungen merken. Cousine Ma habe ich mit Cousine Wang angesprochen und Onkel Liu fälschlicherweise Enkel Liu genannt. Beim ersten Fall ist mir noch klar, dass ich nur den Namen verwechselt habe, eine Entschuldigung hat alles wieder gut gemacht. Aber ein kleines Kind, das wesentlich jünger als ich ist, muss ich Onkel statt Enkel nennen. Meine Frau lehrte mich, vom Familienbuch aus gesehen gehöre das Kind zur älteren Generation, sodass das einjährige Kind ein Onkel für mich, einen 41-jährigen Erwachsenen, ist. Ich fand das unsinnig. Aber meine Frau belehrte mich weiter, dass Unsinn auch seinen Sinn habe.
Dank ihrer systematischen Umerziehung habe ich allmählich mein großes Ich beiseite gelegt und stattdessen eine große Familie gewonnen. Langsam habe ich eine neue Fähigkeit entwickelt: mitdenken und mitfühlen. Auf mein Geschäft angewandt, habe ich die Geschäftspartner auch wie Familienmitglieder empfangen, mit freundlichem Lachen, ehrlichen Gesprächen und herzlicher Einladung, natürlich zum Essen. Dadurch habe ich mein Geschäft immer mehr vergrößert. Die überraschende Entdeckung war, dass ich dabei mein eigenes Ich nicht vergessen habe oder das Individuum vernachlässige, wie viele meiner deutschen Freuden vermutet haben. Ganz im Gegenteil, gerade durch das Mitdenken und Berücksichtigen der anderen habe ich Karriere gemacht und ein noch selbstbewussteres Ich gewonnen. ,Vergrössern durch Verkleinern oder Vergessen'. So ist die großartige chinesische Philosophie."
„Hao (Gut), hao! Sehr gut! Gute Philosophie und erfolgreiche Anwendung. Sollte ich auch eine chinesische Frau heiraten, sichere ich mir dann auch eine erfolgreiche Zukunft?", fragte der Moderator schlau. „Da können Sie sicher sein!", sprach ihm der Unternehmer Mut zu. „Chinesische Frauen, das ist immer ein faszinierendes Thema für uns." Eine der Zwillingsgeschwister von der Ostsee erzählte eine persönliche Geschichte aus der Zeit, als sie in China chinesische Literatur und Kunstgeschichte studierte: „Ich bin sehr davon überzeugt, dass die chinesischen Frauen unter dem scheinbaren Schleier von Schüchternheit ihre Intelligenz und Ehrgeiz gut verbergen. Die Studentinnen sind sehr fleißig und planen vernünftig ihre Karriere, zielstrebig und beständig. Unsere ehemalige Klassensprecherin, die immer die beste Leistung erbracht hat an der chinesischen Universität, nahm nicht gerne mein Kompliment „Ni hen mei" (Du bist sehr schön) an. ,Schönheit vergeht, Intelligenz verweilt' ist ihre Devise. Interessanterweise wurden die Jungs damals in meinem Jahrgang auch sehr von dem Mädchen angespornt. Ein Junge sagte, es sei eine Schande für die Männer, wenn die Frauen immer die besten Noten bekommen. Was die Frauen schaffen, können auch die Männer. Die emanzipierten Männer wurden dann auch immer fleißiger. Ihre Leistungen verbesserten sich und letztendlich haben sie alle eine traumhafte Karriere gemacht." Als die Schwester die lustige Geschichte erzählte, lächelten der Mann neben ihr und eine bildschöne Chinesin.
„Möchten Sie etwas dazu sagen ?", sprach der Moderator die beiden an. „Ich bin der emanzipierte Junge in der Geschichte", gestand der Mann ein. „Und ich die Klassensprecherin", sagte die Dame. „Die beiden sind mein Zwillingsbruder und meine Schwägerin", meldete sich die Erzählerin wieder zu Wort und löste das Rätsel auf: „Immer wenn ich meinen Bruder anspornte, ignorierte er mich und glaubte, dass das, was ich gesagt habe so uninteressant wie ein Lehrbuch sei. Meine liebe chinesische Freundin und Schwägerin hatte mehr Erfolg. Wir deutschen Frauen sind relativ einfach und direkter, im Vergleich zu den chinesischen Frauen. Diese sind fassetenreich und rätselhaft, manchmal schon sehr schlau. Alle sind wie eine gut trainierte Beraterin, die mehr als 36 Strategien kennen." „Die Zeit vergeht, die Freundschaft verweilt", parodierte der Moderator den Spruch über Schönheit und Intelligenz und löste damit einen donnernden Applaus aus.