Olympia-Tagebuch X: Skulpturen schauen Olympia
Zwei Orte, an denen die Olympischen Spiele auf großen Leinwänden übertragen werden, habe ich in den letzten Tagen aufgesucht: Ditan-Park und das Millenniums-Monument. Heute – bei bestem Wetter – machte ich mich auf zur dritten Stätte des gemeinsamen Schauens, zum International Sculpture Park. Er gehört bei mir in die ungelenke Kategorie „Was ich immer mal sehen wollte, aber dann immer wieder verschoben habe, weil es ja auch noch später Möglichkeiten geben wird…“. Da eine U-Bahnstation östlich die Sportanlage Wukesong mit zwei Baseballfeldern und dem Basketballstadion liegt, könnte ich mir gut vorstellen, dass hier einige Besucher das Spiel Griechenland gegen China (Basketball) sehen wollen, da im Sculpture Park eine gigantische Leinwand aufgebaut ist, auf der jeder das Spiel ohne Eintritt zu zahlen verfolgen kann. Ein Teil des Parkgeländes wurde zu diesem Zweck vom Hauptgelände abgetrennt und Stände verkaufen Essen und Getränke. Auch hier gibt es wieder eine kleine Poststation, bei der man unter anderem das Video von der Eröffnungsfeier kaufen kann. Doch an diesem Nachmittag ist nicht viel los. Mag es daran liegen, dass die Sonne direkt hinter der Leinwand strahlt und man beim Blick darauf die ganze Zeit geblendet wird oder daran, dass zu dieser Zeit kein Kulturprogramm auf der Bühne nebenan läuft: Kaum jemand, auch keine Schüler, Rentner und Studenten haben sich hierher verirrt, um sich das durchaus attraktive Basketballspiel anzuschauen.
Auch ich mache mich auf den Weg in den eigentlichen Skulpturenpark. Etwa 140 Skulpturen soll es hier geben, derzeit vielleicht etwas weniger, denn vor Beginn der Spiele wurde angekündigt, dass einige als Leihgabe an den Olympischen Sportstätten aufgestellt werden sollen. Die Macher der Kunstwerke kommen aus allen Teilen der Erde und einige der Skulpturen sind durchaus witzig gemacht, zeugen von Kreativität und Humor, darunter eine Statue eines Künstlers aus Macao. Andere sagen mir nichts, ein untrügliches Zeichen dafür, dass es sich um Kunst handeln muss. Wieder andere sehen eher aus, als wären sie eine Installation, die für ein Kaufhaus, ein Wartezimmer beim Zahnarzt oder eine Hotellobby geschaffen worden wären: Eine bunte und seltsame Mischung.
Der Park wird von einem großen leeren Gelände in eine West- und eine Osthälfte geteilt, auf dem wohl normalerweise ein Zirkuszelt stehen muss, jedenfalls deutet einiges darauf hin. Gleich östlich des Geländes befindet sich eine Minikirmes, mit einem klassischen Karussell für kleine Kinder, was ich eindeutig als Ausgrenzung Erwachsener empfinde. Über den Westausgang verlasse ich den Park und fahre zurück in die Innenstadt, wo alle Fernseher in den Läden das gleiche zeigen: China gegen Deutschland im Finale des Tischtennisturniers der Herren. Das chinesische Team (Wang, Wang und Ma) machte keine Anstalten, es in irgendeiner Form spannend werden zu lassen und putzt das deutsche Team um Timo Boll sauber mit 3-0 von der Platte. Ich dachte noch daran, dass man ja vielleicht auch das Basketballspiel Deutschland gegen die NBA/USA-Auswahl schauen könnte, doch einen Restaurant-, Café- oder Ladenbesitzer davon zu überzeugen, dass das Tischtennisfinale ja nicht so wichtig sei, schien mir dann doch ein zu auswegsloses Unterfangen.
Lars Mörking 北京 2008年8月18日