Olympia-Tagebuch IX: Der Drache heißt Dich willkommen
Heute bin ich richtig früh dran, denn ich muss einen für mich wichtigen Olympia-Gast vom Flughafen abholen. Am Sonntag um sechs Uhr morgens begegnen einem selbst in der Hauptstadt der Frühaufsteher nur spezielle Personengruppen: Rentner, Hundebesitzer, Obstverkäufer. Die Busse fahren schon in recht kurzen Abständen, so dass ich nicht lange an der Haltestelle zu warten brauche. Als ich in die U-Bahn umsteigen will, wird gerade die gesamte Straße zwischen drittem und viertem Ring abgesperrt. Überall wimmelt es von Freiwilligen und Sicherheitskräften. Ich frage nach, was denn los sei und erfahre, dass hier gleich die Marathonläufer entlangkommen werden. Die Spiele begegnen einem in diesen Tagen also auch völlig unerwartet. Mit der U-Bahn kann ich meinen Weg aber ungehindert fortsetzen. Die Linie 10 ist eine der wichtigsten für Zuschauer und Freiwillige, da sie direkt zum Olympiapark führt. Privatautos sind hier nicht erlaubt und Taxis eher ungern gesehen.
Nach 25 Minuten Fahrt steige ich in die nächste - extra zu den Olympischen Spielen fertig gestellte – Linie zum Flughafen um, die weitere 20 Minuten bis zum Terminal 3 des Beijing International Airport braucht. Das Dach des Terminals sieht tatsächlich ein wenig nach einem Drachen aus und schlängelt sich durch die sonst eher unansehnliche Umgebung. Flughäfen sind ja bekanntlich nicht als die charmantesten Orte bekannt. Aber auch der Innenraum des Terminals ist hübsch gemacht: Teilweise sieht er aus wie eine Hotellobby, teilweise wie eine große Shoppingmall. Es gibt hier viele Orte, an denen man die Wartezeit überbrücken kann, darunter Cafés, Restaurants und Massage-Salons. Die Halle ist erstaunlich wohltemperiert und gibt einem nicht das unangenehme Gefühl einer riesigen Halle, die im Hochsommer mit Hilfe von Klimaanlagen o. ä. runtergekühlt werden muss.
Ich muss nicht lange warten, der Gast kommt pünktlich und auch die Gepäckausgabe läuft seit Aufnahme des Betriebs des Terminals 3 reibungslos, was nicht selbstverständlich zu sein scheint, wenn man an Flughäfen wie Heathrow in London denkt, die bei Eröffnung des neuen Terminals erst einmal mit großen logistischen Problemen zu kämpfen hatten.
Nachdem die obligatorischen Dinge (Anmeldung bei der Polizei, Nachholen von Schlaf etc.) erledigt sind, fahren wir zum „Deutschen Haus“. Hier haben wir – anders als beim „Schweizer Haus“ und beim „Österreich Haus“ – die Wahl, entweder 200 Euro (etwa 2000 Yuan) Eintritt zu zahlen oder per Mail bei einer bestimmten Person um Audienz zu bitten, die einen dann kurzfristig informiert, wenn das „Deutsche Haus“ zu leer ist und sie für die anwesende Presse Menschen brauchen, um es nicht leer und verlassen aussehen zu lassen. Wir bedanken uns am Empfang für die erfahrene Gastfreundschaft und wechseln ins nahe gelegene „Österreich Haus“.
Lars Mörking 北京 2008年8月17日