„Es fällt jedem Schriftsteller schwer, sich in seinen Werken zu verstecken. E. B. White (1899 – 1985) sagte dazu: , All writing is both a mask and an unveiling, and the question of honesty is uppermost, particularly in the case of the essayist, who must take his trousers off without showing his genitals‘“, kommentiert der Übersetzer Huang Yuning aus Shanghai.

Zhang hat in einem Brief geschrieben: „In diesem Roman habe ich eine leidenschaftliche Geschichte erzählt. Ich möchte damit ausdrücken, dass auch nach dem Ende einer Liebe noch etwas bleibt.“ Der Satz wurde als eine zum Nachdenken anregende Werbung auf die Buchbinde gedruckt.

Glückliches Zusammensein

Am 8. September 1995, kurz vor dem Mondfest (ein Fest, bei dem alle Familienmitglieder zusammenkommen sollen), fand man die 75-jährige Zhang Ailing in einem sehr einfachen Appartement tot auf.

Dieses Schicksal von Einsamkeit hat sie schon vorhergesehen. In jugendlichem Alter schrieb sie am Ende ihres Essays „Traum von einem Wunderkind“: „Das Leben ist eine schöne glitzernde Robe, aber voller kriechender Flöhe.“

Das neu erschiene Buch hält an der Beschreibung der Psyche von „Sheng Jiuli“ als rotem Faden fest. Ihre Beziehungen mit anderen spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle. In der Hauptfigur „Sheng Jiuli“ kann man die Arroganz und Kälte spüren, die in einem von Zhangs Fotos anschaulich gemacht wurden. In dem Foto steht die große schlanke Zhang Ailing mit den Armen in die Taille gestützt. Aber Sheng Jiuli hat auch die Zärtlichkeit und Süße einer liebreizenden Frau nicht verloren. Die nie enthüllte Empfindlichkeit, Minderwertigkeitsgefühle und Unruhe in den Beziehungen zu Familienmitgliedern und Verliebten treten auch zum ersten Mal ins Licht.

Foto von Zhang Ailing

 

Dreißig Jahre nach der Entstehung fällt das Buch den Lesern ins Auge, hat aber das lange gebildete Image von Zhang Ailing völlig verändert.

„Es wird immer gesagt, dass Zhang Ailing Hu Lancheng innig geliebt hat. Das ergibt sich aus Hu Lanchengs Autobiografie „Dieses Leben“, in der er die Liebesbeziehung mit Zhang jedoch geschönt hat“, sagte die Moderatorin Tan Aimin.

Es war eine unruhige Zeit, als Hu und Zhang sich auf den ersten Blick verliebten. Als Hu Zhang kennen lernte, war er schon zweimal verheiratet und schon Vater geworden. Aber er ließ sich von seiner zweiten Frau scheiden und heiratete gleich danach Zhang Ailing. Auf dem Ehevertrag steht: „Die Zeit vergeht schön ruhig, das Leben ist stabil“. Kaum war die Tinte auf dem Ehevertrag trocken geworden, brach Hu schon nach Wuhan auf, um dort eine Zeitung zu verlegen. Während seines Aufenthalts in Wuhan verliebte er sich schnell in eine junge Krankenschwester. Nach der Kapitulation der japanischen Armee floh Hu Lancheng, nun Vizedirektor der Abteilung für öffentliche Arbeiten des Marionettenregimes Wang Jingwei, nach Wenzhou. Dort ist er in eine Affäre mit Fan Xiumei verwickelt, wie später Zhang bei einem Besuch entdecken muss. Nach den Worten von Tan Aimin verlor Zhang in der Liebesbeziehung mit Hu damit alle Karten aus der Hand.