„Das Symbol unserer Gesellschaft ist ein Löwe mit schwarzer Mähne“, erzählt Wang stolz. Traditionell erstrahlt die Mähne der Löwen in Goldgelb oder leuchtendem Blau. Nur einen einzigen Löwen mit pechschwarzer Mähne gebe es, sagt Wang. Und hinter dem stecke eine ganz besondere Geschichte: „Als 1959 die Große Halle des Volkes errichtet wurde, wies der Vorsitzende Mao an, dass es in der neuen Halle zuallererst eine Aufführung geben sollte, an der sich ausschließlich Arbeiter und Bauern beteiligten. Unsere Löwentanzgruppe wurde ausgewählt. Damals mangelte es aber an Materialien. Unsere Tanzgruppe hatte keine gelben und blauen Farbstoffe, um die Löwenmähne zu färben. So fertigten wir kurzerhand eine Mähne aus Menschenhaar an. Die Aufführung wurde ein großer Erfolg und der schwarze Löwe zum Symbol unserer Gesellschaft.“
2008 dann wurden die Gesellschaft und ihr Löwentanz in die Liste des staatlichen immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Mit der staatlichen Unterstützung und auch durch Spenden von Unternehmen erlebt die Kunstfertigkeit heute eine zweite Blütezeit. 2009 durften die Künstler sogar auf dem Platz des Himmlischen Friedens auftreten, anlässlich des 60. Gründungsjahrs des Neuen China.
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Löwe mit schwarzer Mähne, das Symbol der Alten Gesellschaft für den Tai-Löwentanz |
Hartes Training für perfekte Abstimmung
Schon von Kindesbeinen an entwickelte Wang Jianwen eine Begeisterung für Kampfkunst. Als er, wie schon zuvor sein Vater, in der Gelddruckerei als Arbeiter anheuerte, begann er, den Löwentanz zu lernen. Wang hat eine stattliche und muskulöse Statur. Trotzdem sagt er: „Das Training ist hart. Man kann es kaum durchhalten.“
Das Löwenkostüm besteht traditionell aus einem schweren Kopf mit riesigem blutroten Maul, zwei großen Nasenlöchern und einer gewaltigen Stirn sowie einem langen Löwenkörper. Unter dem Kostüm verbergen sich in der Regel zwei Tänzer, einer, der den Löwenkopf trägt und ein weiterer unter dem Löwengewand. Durch perfekt aufeinander abgestimmte Bewegungsabläufe hauchen die Darsteller dem Löwen Leben ein, zaubern ganz natürliche und harmonische Bewegungen. Sie werden zu einer perfekten Einheit.
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Der Löwentanz erfordert eine perfekte Abstimmung der Tänzer. |
„Es dauert mindestens drei Jahre, bis man den Tanz einstudiert hat“, erzählt Wang. „Man muss nicht nur Kraft und Ausdauer trainieren, sondern auch das Mienenspiel und die Bewegungen des Löwen imitieren lernen. Für das Einstudieren der Kampfkunstelemente müssen einzelne Bewegungsabläufe oft stundenlang wiederholt werden, bis sie sitzen. Beim Üben der Grundstellungen sind mir unzählige Male die Beine eingeschlafen“, erinnert sich Wang.
Bis zu vier Stunden trainiert die Tanzgruppe, ohne Pause. Anfänger üben die Grundstellungen auf rechteckigen oder langen schmalen Tischen, um Gleichgewicht und Präzision zu schulen. Fortgeschrittene machen sich zu zweit mit dem Zusammenwirken und der Darstellung vertraut. Alles unter den kritischen Augen des 46-Jährigen. Wang Jianwen korrigiert penibel jede falsche Bewegung.