Das lange Sterben einer Stadt - Gedanken über Lu Chuans Film „Nanjing! Nanjing! City of Life and Death“
Stefanie Rauscher
Der Dezember des Jahres 1937 markiert den Beginn eines dunklen Kapitels der neueren chinesischen Geschichte. Im Rahmen der japanischen Besatzung (1937 – 1945) wird zuerst Peking, dann Shanghai erobert. Schließlich ist der Weg nach Nanjing, der damaligen Hauptstadt der Republik China frei. Die Ereignisse, welche sich zwischen Dezember 1937 und Februar 1938 in der Stadt abspielen, gehen als das Massaker von Nanjing in die Geschichte ein. Bis heute debattieren Historiker über das Ausmaß des Massakers. Die aktuelle Forschung spricht von mehreren hunderttausend Opfern unter der Bevölkerung Nanjings.
Die Ereignisse von Nanjing haben auch im 21.Jahrhundert nichts an Brisanz eingebüßt und sind seit Jahrzehnten immer wieder Sujet chinesischer wie auch internationaler Filmproduktionen. Im April 2009 kommt Lu Chuans Film „Nanjing! Nanjing! City of Life and Death“ in die chinesischen Kinos. Er wird zu einem der zehn erfolgreichsten chinesischen Filmen des Jahres 2009 und erhält wichtige Nominierungen, darunter für den renommierten Golden Horse Award. Sowohl auf dem San Sebastian Film Festival als auch bei den Asian Pasific Screen Awards wird der Film mehrfach ausgezeichnet.
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Regisseur Lu Chuan bei den Dreiarbeiten |
Lu Chuan arbeitet in „Nanjing! Nanjing! City of Life and Death“ dominant mit dem Einsatz von dokumentarischem Realismus. Er entwirft mit seiner filmischen Interpretation der historischen Wirklichkeit das atmosphärisch dichte Schwarz-Weiß-Porträt einer blutenden Stadt und erzählt sowohl aus der Sicht der Bevölkerung, als auch ihrer Peiniger. Die Handlung setzt unmittelbar mit der Eroberung Nanjings durch die Japaner ein und zeigt die bald in Trümmern liegende Stadt in ihrem langen Sterbeprozess. Der Film verzichtet auf Dialoglastigkeit und arbeitet nur mit einem Minimum an Figurenrepliken, was dem Bild eine essentielle Bedeutung zukommen lässt. Die Kamera hat dabei eine vornehmlich dokumentierende Funktion.
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Eine Szene im Film |