Wir alle hören gerne Vorträge

Ab 2003 hat Xu Yuhua angefangen, die unterschiedlichsten Vorträge in der Bibliothek der Hauptstadt zu hören. „Ich bin jetzt schon in Rente und höre Vorträge, vor allem um die Zeit zu genießen, gleichzeitig kann ich mir auch Wissen aneignen.“ Außer Vorträgen über Gesundheitsfragen interessiert sich Xu Yuhua auch für die populärwissenschaftlichen und aktuellen Vortragsreihen über Heimat sowie Kunst und Mode. „Der Vortragende hat vieles Praktisches erläutert: Zum Beispiel, wie man ein Kopftuch in verschiedenen Stilen binden und wie man den Haushaltmüll sinnvoll wieder verwenden kann.“

Da Xu Yuhua in der Nähe der Bibliothek der Hauptstadt lebt, liest sie Bücher in der Bibliothek, wenn sie Zeit hat. „Am Anfang jedes Monats kann ich ein Programm über Vorträge in der Bibliothek erhalten. Dann markiere ich die Vorträge, für welche ich mich interessiere.“ Xu Yuhua hört die Vorträge nicht allein, manchmal bewegt sie auch ihre Familie, sich an dieser Veranstaltung zu beteiligen. „Am Wochenende besuchen mich meine Söhne und Töchter mit ihren Kindern, ich bringe sie dann mit zu den Vorträgen. Ich glaube, es ist besser so für sie, als zu Hause zu bleiben und Mah-Jongg zu spielen.

Wei Wenting ist eine seit vier Jahren berufstätige junge Frau, die sich für Kunst interessiert. Sie ist gewöhnt daran, an jedem Wochenende Vorträge zu besuchen. Scherzhaft sagt sie, dass sie ein Fan ist, aber nicht von Filmstars, sondern von prominenten Intellektuellen.

He Fang arbeitet in einer ausländischen Firma, ihr Lebensrhythmus ist schnell. Die Freizeit ist für sie sehr wichtig und wertvoll. Trotzdem nimmt sie sich an jedem Wochenende Zeit, um einen Vortrag zu hören. „Einerseits kann ich auf diese Weise etwas lernen und mich weiterentwickeln. Ich höre gerne praktische Vorträge, beispielsweise solche zur Verbesserung meiner Englischkenntnisse und solche zur beruflichen Weiterbildung. Zur Entspannung wähle ich aber auch gerne Vorträge über mich interessierende kulturelle Themen, wie z. B. über Filme, Lesen und Geschichte.

Informationsbeschaffung über das Internet ist schneller und einfacher

Früher bekam He Fang Informationen über Vorträge aus Zeitungen und Magazinen. Jetzt hat sie Internetzugang und kann Informationen über Vorträge sehr viel schneller und einfacher bekommen. „Täglich besuche ich Unsere Gemeinsame Stadt auf der Website www.douban.com. Hier finde ich Empfehlungen zu Veranstaltungsorten und von anderen Internetbesuchern herausgegebene Informationen über verschiedene Vorträge.“

Jeden Donnerstag sendet Yun Shan 14 000 Usern per E-Mail Informationen über Aufführungen, Ausstellungen und andere künstlerische Veranstaltungen in der kommenden Woche in Beijing. „Ich suche die Nachrichten für Vorträge auf der Website www.douban.com oder bei schon etablierten Veranstaltern. Manchmal setzen sich die Veranstalter auch aktiv mit mir in Verbindung und liefern mir Informationen über Vorträge.“

Yun Shan mit dem Usernamen Elvita betreibt bereits seit drei Jahren diesen Service. Alles begann damit, dass im Jahr 2007 sie und ihr Mann Guan Wei zufällig mehr als 30 Nachrichten über Veranstaltungen während der Goldenen Woche nach dem Nationalfeiertag sammelten und diese ihren Freunden sandten. Unerwartet wurde die E-Mails an hunderte Leute weitergeleitet. Danach sammeln die beiden regelmäßig Informationen über kulturelle Veranstaltungen in Beijing und veröffentlichen sie auf www.douban.com unter Überschrift „Das ist Beijing in Kultur“.

Yun Shans Credo: „Vorträge sind sehr wertvoll, viel Wissen und Informationen können wir nur durch Vorträge erhalten.“ Wenn sie einen Vortrag empfiehlt, vermeidet sie mit Absicht kommerzielle Beweggründe. „ Ich ziehe das Künstlerische und Kulturelle vor.“

Erwähnenswert ist noch, dass immer mehr Universitäten der Öffentlichkeit ihre Tore geöffnet haben. „Als ich vor mehreren Jahren an der Universität studierte“, erinnert sich He Fang, „waren unsere Vorlesungen meistens nur für die Studierenden an der Uni. Informationen über Vorträge dürften nur die Studenten in ihrem Fachbereich bekommen. Das ist jetzt ganz anders. Viele Universitäten geben gerne die Informationen über Vorträge per Internet bekannt, um außeruniversitäre Interessenten einzuladen, die Vorträge zu hören.“ Und lächelnd fügt He Fang hinzu: „Ich glaube, die Universitäten sollten so öffentlich und weitherzig wie möglich sein. Das einzige Problem ist, dass man keinen Sitzplatz bei einem guten Vortrag findet, wenn man zu spät kommt“.