Bildung und Unterhaltung durch Vorträge am Wochenende

Von Zhao Yayuan

Vortragsveranstaltungen zu besuchen, hält Frau Xu Yuhua, 68 Jahre alt, für ihre wichtigste Aktivität am Wochenende. In Beijing ist die Zahl von Menschen, die am Wochenende ihre freie Zeit in Vorträge investieren, beträchtlich. Jedes Wochenende gibt es in Beijing nahezu einhundert kostenlose Vorträge. Sie locken viele Leute aus verschiedenen Alterstufen und Berufsgruppen an. Mit den unterschiedlichen Vortragsveranstaltungen offenbart diese alte Stadt ihr reichhaltiges kulturelles Flair.

Es gibt mindestens einen Typ, der Ihnen gefällt

Würde man die Vortragsveranstaltungen mit einem Warenangebot vergleichen, käme der Werbespruch „Es gibt mindestens einen Typ, der Ihnen gefällt“ zur Geltung, so vielfältig ist das thematische Angebot.

Viele Leute halten die Vorträge in den Bibliotheken für die erste Wahl. Wang Hairu, die Direktorin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und Planung an der Bibliothek der Hauptstadt, sagt, dass ihre Dienstleistungseinrichtung jedes Jahr ungefähr 180 Vorträge arrangiert. „Als Institution der öffentlichen Kultur hat die Bibliothek die Pflicht, die Verbreitung der Kultur in der Gesellschaft zu fördern,“ erläutert Frau Wang. „Die Vortragsveranstaltungen haben sieben thematische Schwerpunkte, z. B. Vorträge zur Heimatkunde, zu speziellen Themen, über Kunst und Mode sowie zum Thema Gesundheit. Die Inhalte dieser Vortragsreihen erstrecken sich auf Geschichte, Kultur, Leben, Kinderlektüre und Gesundheit. Das vermittelte Wissen und die Informationen befriedigen die Bedürfnisse der Hörer aus verschiedenen Altersstufen und verschiedenen Bildungsniveaus.

Die von der Biliothek der Hauptstadt veranstalteten Vortragsreihen ziehen viele Hörer an.

Die Vortragsreihe über die Heimat ist am beliebtesten. Sie wird ab dem 4. Januar 2003 angeboten. Die Vorträge in dieser Reihe nehmen die Themen und Stoffe aus heimischen Geschichten in Beijing und erklären den Stadtbewohnern die Beijinger Kultur. Bis Ende des Jahres 2009 sind schon mehr als hunderttausend Besucher in die Bibliothek gegangen und haben die Vorträge aus dieser Reihe gehört. Seit Mai 2008 arrangiert die Bibliothek Vorlesungen zu speziellen Themen, die einen besonderen kulturellen Gehalt haben. „Wir haben schon eine Vortragsreihe über die Verbotene Stadt in Beijing organisiert, die auf großes Interesse gestoßen ist. Jeder Vortrag hat ungefähr 500 Personen angezogen“, so Wang Hairu.

Als Verantwortliche für Planung und Realisierung jeden Vortrags schildert Wang Hairu ihre Arbeit so: „Jeder Vortrag funktioniert als eine Tür. Durch sie kann man einen neuen Bereich betreten. Ich hoffe, dass die Besucher durch den Besuch der Vortragsveranstaltung angeregt werden, ihre Interessen zu vertiefen und weitere Studien anzustellen.

Außer den großen Bibliotheken entstehen in Beijing fast unbemerkt auch andere Veranstaltungsorte für Vorträge. Organisatoren wie Buchhandlungen und Kunstcenters laden in unregelmäßigen zeitlichen Abständen Künstler und Medienleute ein, bei ihnen Vorträge zu halten. Auch manche Cafes und Bars veranstalten Vorträge zu allgemein interessierenden Themen und für unkommerzielle Zwecke.

Über ein bestimmtes Thema hält Shi Hang, ein Drehbuchautor, am letzten Sonntag jeden Monats einen Vortrag im No.32 Cafe in der Qiang Liang-Gasse im Osten Beijings. Die Vortragsreihe „Kabelloses Lesen in der Qiang Liang-Gasse“ wurden bereits zehn Mal durchgeführt. „Der Besitzer des Cafes ist eine mir verwandte Seele“, bekennt der Büchernarr Shi Hang, der für sein Leben gern alte Bücher sucht und kauft. „Eigentlich veranstalteten wir die Vorträge, um andere Leute dazu zu bringen, alte Bücher zu sammeln.“ Die Vorträge von Shi Hang behandeln verschiedene Literaturgattungen wie Theater, Krimis und Gedichte, alles dreht sich um Bücher. „Bei den Vorträgen tausche ich mit den Lesern meine Erfahrungen über das Lesen aus. Meine Vorträge sind nicht utilitär, gleichzeitig kann ich garantieren, dass mindestens die Hälfte des Inhalts in meinen Vorträgen für die Leser unbekannt ist. Mir macht es einfach Freude, mit 50 unbekannten Leuten einen Nachmittag zusammen zu verbringen.“

Der Drehbuchautor Shi Hang bei einem Vortrag über avantgardistische Dramen