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Mein Zugang zu China 

– Erinnerungen an Eduard Erkes (1891-1958)

Von Helga Scherner 

Mein Weg zur Sinologie war nicht geradlinig. Unter kapitalistischen Verhältnissen vom Zugang zu höherer Bildung ausgeschlossen, gehörte ich zu jenen in frühester Jugend durch Krieg und Kriegsende Geprägten, denen nach der Befreiung vom Faschismus neben der leiblichen Not ein großer Bildungshunger eigen war. So war damals eine Suche nach Allgemeinwissen und nach einem geistigen Halt typisch, den nicht wenige im Marxismus-Leninismus fanden. Ich begann eine Buchhändlerlehre und wurde gleichzeitig begeisterte Hörerin der Leipziger Volkshochschule, wo ich mich auf vielen Wissensgebieten umschaute - von der Algebra bis zur Geschichte der Philosophie – und natürlich ging ich zu den Vorlesungen von Prof. Herbert Schaller über Goethes Faust. Gern folgte ich dem Ruf an die Arbeiter- und Bauernfakultät Leipzig, die ich von 1948-1950 absolvierte – mein großes Bildungserlebnis. Ich besuchte eine naturwissenschaftlich-technische Klasse, in der ich das einzige Mädchen war. Ich wollte mich mit Schwermaschinenbau oder Astrophysik befassen, aber an der ABF war man davon nicht begeistert. Geschichte sollte ich studieren, aber das lag mir fern. Schließlich nahm mich ein Student in ein Seminar von Walter Markov mit. Es ging um mir bis dahin völlig unbekannte Probleme, zum Beispiel um fließende Grenzen von Feudalstaaten, von Prof. Markov so meisterhaft dargelegt, auch in Sprache und Stil, so dass ich mich für das Fach Geschichte einschreiben ließ. 

Neben dem Studium der Politischen Ökonomie, wo ich das Glück hatte, die Vorlesungen von Prof. Fritz Behrens über „Das Kapital“ zu hören, und neben Lehrveranstaltungen über „Erwachsenenbildung“ hörte ich Markovs Vorlesung über Allgemeine Geschichte der Neuzeit, die im Grunde eine Geschichte der bürgerlichen Revolutionen von der niederländischen bis zur französischen und schließlich bis zur Pariser Kommune war. Faszinierend war, dass Markov wirklich Universalgeschichte lehrte, fern von jedem Eurozentrismus. Unvergessen sind für mich die Darlegungen über China, seine Gesamtsicht  auf die Geschichte dieses Landes, seine sozialen Probleme, seine in ihrer Tiefe und Dimension für uns unvorstellbaren Bauernaufstände, die sogar zur Gründung neuer Dynastien geführt hatten, und schließlich die Geschichte der Opiumkriege und über den Taiping-Aufstand, gestützt auf die Analysen von Marx und Engels. Markov hatte damit bei mir einen Nerv getroffen.  

1948/49 an der Arbeiter- und Bauernfakultät hatten wir auf einer Chinakarte mit Fähnchen den Weg der Chinesischen Volksbefreiungsarmee nach Süden abgesteckt. Mein Wunsch, mich näher mit diesem wunderbaren Land zu beschäftigen, keimte auf. Ich wagte aber nicht, ein Studium der Sinologie auch nur in Erwägung zu ziehen, weil mir meine sprachliche Vorbildung als unzureichend erschien, was sich als nicht so abwegig erweisen sollte. Nun war die Volksrepublik China gegründet, und und man konnte erste Filme über den Kampf um China und den Sieg der chinesischen Revolution anschauen. Als ich nun hörte, wie ein Student der Sinologie in einem großen überfüllten Kino einen dieser Fílme mit, wie mir schien, ziemlich unsinnigen Bemerkungen einleitete, dachte ich, wenn der Chinesisch lernen kann, kannst du das auch - und schließlich hatte ja Walter Markov, wie gesagt, meinen Nerv getroffen. 

Markov war für mich, - ich kann wohl sagen, für fast alle unserer Studenten - Vorbild. Er war eine Persönlichkeit, bei der Wort und Tat, Theorie und Praxis in völliger Übereinstimmung standen. Plötzlich wurde ihm vorgeworfen, Stalin in seinen Vorlesungen nicht gebührend gewürdigt zu haben. Er las zu jener Zeit über die Geschichte der Völker der UdSSR und leitete ein Seminar über „Das Jahr 1917“. Alles war in unseren Augen klar und stimmig. Aber bei der Parteiüberprüfung im Jahr 1951 wurde er aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ausgeschlossen. Die Welt war nicht mehr heil. Die Hintergründe zu verstehen brauchte ich Jahre. 

Meine Erlebnisse aus den Jahren 1951 bis 1953 am Ostasiatischen Institut der Leipziger Universität bis zu meinem Hochschulwechsel an die Humboldt-Universität, in denen ich vor allem durch die Vorlesungen von Prof. Eduard Erkes erste Kenntnisse auf dem Gebiet der Sinologie gewann, sind vielleicht interessant für die Atmosphäre jener ersten Jahre der DDR an der Leipziger Universität, in der Antifaschisten wie Erkes eine so bedeutende Rolle spielten. 

Ich kam im Sommersemester 1951 an das Ostasiatische Seminar, über das merkwürdige Gerüchte im Umlauf waren: Die wenigen Studenten säßen bei den Vorlesungen gemeinsam mit ihrem Professor auf der Erde, und es werde meditiert. Ich hielt das zwar für Unsinn, aber befremdlich war mir doch manches in dem kleinen Hörsaal der Philosophischen Fakultät gegenüber der Nikolaikirche, als ich ihn zu Beginn des Sommersemesters 1951 zum ersten Male betrat. Die Studenten saßen natürlich auf Stühlen, es meditierte auch niemand. Aber als ich, wie damals nicht unüblich, beim Eintreten in den Seminarraum „Freundschaft“ sagte, erhob sich einer, knallte die Hacken zusammen und rief „Glaubitz“. Merkwürdig für mich war auch die Art, wie man sich hier in einen Raum hineinkomplimentierte: „...bitte, nach Ihnen“...usw. usf. Es waren also mehr die Gewohnheiten, wie die später offensichtlichen Welt- und Lebenssichten mancher Studenten aus bürgerlichen Häusern, die mich befremdeten.

Dann betrat ein älterer, würdiger Herr den Raum, wohl ein Chinese. Es stellte sich aber heraus, daß es Prof. Eduard Erkes war, der Prodekan der Fakultät. In der Vorlesung ging es um die Entwicklung der chinesischen Schrift, die „Paläographie“. Erkes stand vor einer recht kleinen, etwa einen halben Meter breiten schwarzen Tafel, auf die er unentwegt schrieb: einzelne chinesische Zeichen, die seit über zweitausend Jahren in Gebrauch waren, und für jede dieser Hieroglyphen gab er ursprüngliche, viel stärker bildhafte Formen an, wie sie zuerst in Schildkrötenpanzer und Tierknochen eingeritzt, später in Bronzegefäße gegossen wurden und wies auf ihren Bedeutungswandel hin. So wurde ich mit einer der schönsten Schriften der Welt bekannt, geführt von einem Gelehrten, der schon viele Jahre seines Lebens auf ihre Erforschung verwandt hatte. Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, dass die Methode, ein schon relativ abstraktes Zeichen aus seinen ursprünglichen, oft sehr konkreten Bestandteilen in Verbindung mit den Lebensumständen jener längst vergangenen Zeit zu erklären, für mich als absolutem Neuling völlig einleuchtend und logisch war, mir den Weg zum Verständnis der Zeichen erleichterte und viel Wissen über die alte chinesische Geschichte vermittelte. 

Damals, in den fünfziger Jahren, konnte Prof. Erkes darangehen, diesen wohl bedeutsamsten Teil seines Lebenswerks zum Druck in einem paläographischen Wörterbuch vorzubereiten, den die Sächsische Akademie der Wissenschaften besorgen wollte. Leider ging sein Wunsch nicht in Erfüllung. Zu jener Zeit wäre dies eine auch für die VR China bedeutsame Veröffentlichung gewesen, die gezeigt hätte, daß ein deutscher Gelehrter selbst unter dem Berufsverbot der Nazis eine wichtige Arbeit geleistet hatte. 

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