
Ein
Sherlock Holmes im Reich der Mitte
Von Atze Schmidt
Ältere Leser dürften sich noch an den
Werbespruch eines großen deutschen Verlags erinnern:
„Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt
zu sein!“ Dasselbe lässt sich auch von Robert van Gulik
sagen, einem Kollegen des berühmten Meisters verwickelter
Kriminalstorys, der es mit zahlreichen Romanen gleichfalls
in den Olymp der Krimiautoren geschafft hat.
Der einstige Diplomat van Gulik, der seine
politische Karriere mit einem Botschafterposten in Japan krönte,
erweist sich in seinen Büchern als ausgesprochener Chinakenner.
Das China, das er für uns zu farbigem Leben erweckt, ist das
mittelalterliche China, und die Hauptperson seiner Krimis
ist Richter Di, ein wahrer Sherlock Holmes im Reich der Mitte.
In dem Roman „Halskette und Kalebasse“ steht
Richter Di, der tatsächlich gelebt hat, und zwar von
630 bis 700, vor einem der kompliziertesten und verwirrendsten
Fälle seiner Laufbahn. Ein grausiger Leichenfund im Fluss,
merkwürdige Gäste einer Herberge, eine Prinzessin in
Not und ein taoistischer Einsiedler - daraus strickt van Gulik
in gekonnter Manier eine abenteuerliche Geschichte, spannend
bis zur letzten Seite. Die aus dem Niederländischen von
Klaus Schomburg besorgte deutsche Übersetzung zeichnet
sich obendrein noch durch eine klare Sprache aus, was von
heutigen Übersetzungen leider nur zu oft nicht behauptet
werden kann.
Robert van Gulik: „Halskette
und Kalebasse“, Diogenes Verlag, 178 Seiten, 6,80 Euro