Kunming:
Eine Stadt für alle
Von
Yang Hongyan

Kunming ist eine Stadt, die für alle da
ist. Ihr Sonnenschein, der blaue Himmel, ihre duftenden Blumen,
ihr Freizeitangebot, ihre Gelassenheit und ihre Geschäftsmöglichkeiten
wollen von vielen Leuten geteilt sein. Die Stadtbewohner sind
tolerant und nehmen das Leben von der leichten Seite. Es freut
sie, wenn Auswärtige die vielen Gelegenheiten zum Geldverdienen
nutzen, welche die Stadt bietet. Niemand in Kunming stört
sich daran, dass die Mehrheit der Gemüsehändler auf den
Märkten der Stadt aus den Nachbarprovinzen Sichuan und
Guizhou stammen. Diese wiederum schätzen die Toleranz
der Einheimischen, denn sie verdienen hier genug Geld, um
sich nach wenigen Jahren ein eigenes Haus zu bauen und sich
in der Stadt niederzulassen. So ist Kunming zu einer Zuwandererstadt
geworden, die offen ist für verschiedene Lebensgewohnheiten.
Die
Kunminger sind genügsam und nicht konkurrenzorientiert. Selten
äußern sie ihren Unmut, und wenn, dann beschweren
sie sich über einen der wenigen Tage, an denen schlechtes
Wetter herrscht. Ansonsten sagt man von ihrer Stadt, dass
dort zu allen vier Jahreszeiten Frühling herrscht. Das Tempo
der Stadt ist gemütlich, und Besucher kriegen oft den Eindruck,
Kunminger seien faul und träumten in den Tag hinein.
Wer nach Kunming kommt, läuft Gefahr,
einige lokale Gewohnheiten zu missverstehen. Häufig werden
die Einheimischen für knausrig gehalten, weil sie Gemüse in
kleinen Mengen kaufen – während Nordchinesen dazu tendieren,
gleich einen ganzen Wochen- oder gar Monatsvorrat zu besorgen.
Der Grund für das Einkaufsverhalten der Kunminger ist ganz
einfach: Frisches Gemüse ist das ganze Jahr über erhältlich.
Dasselbe gilt für Schnittblumen. Die Blumenzüchter der Gegend
freuen sich jeweils auf den Herbst und Winter, denn dann gibt
es im ganzen Land nur sehr wenige Orte, die mit ihnen konkurrieren
können. Sie nützen ihren Vorteil aus und verkaufen große
Mengen von Blumen in andere Städte des Landes, was ihnen
fette Gewinne einbringt. Dagegen sinken die Blumenpreise im
Frühling und Sommer beträchtlich. Im Engros-Blumenmarkt
an der Shangyi-Straße kann man dann für bloß zehn
Yuan einen riesigen Strauß erstehen und seine Freunde
oder Verwandte in anderen Provinzen mit einem wunderschönen
Geschenk beglücken, ohne gleich die Bank knacken zu müssen.
Als ich einen Mann aus der Provinz Hubei
traf, der zu Geschäftszwecken nach Kunming gekommen war,
fragte ich ihn nach seinen Eindrücken. Er fand die Leute in
Kunming ehrlich und aufrichtig, umgänglich und freundlich
zu Auswärtigen. Er hat sich in der Stadt ein Haus gekauft
und plant, sich hier niederzulassen. Die Kunminger seien so
gemäßigt wie das Klima ihrer Stadt, wo die jährliche
Durchschnittstemperatur 20° C beträgt. Sie freuen sich,
alles mit allen zu teilen.
Weit verbreitet ist auch der Irrglaube,
in den Straßen Kunmings tummelten sich Pfaue und Elefanten.
Tatsächlich trifft man nur gerade am Hauptplatz einige
Pfaue an. Sie haben sich an die Menschen gewöhnt und
sich dort eingenistet, so wie in anderen Städten Tauben
die Plätze bevölkern. Seit den 80er Jahren überwintern
von November bis März sibirische Rotschnabelmöven
im warmen, freundlichen Klima Kunmings.
Im
Frühling stehen alle Blumen, wie die Kirschblüten auf dem
Yuantong-Berg, die Pflaumenblüten am Teich des Schwarzen Drachens,
Azaleen und Magnolien am Tanhua-Tempel, Tulpen am Cuihu-See
und Orchideen im Xihua-Park, in voller Pracht. Der Anblick
dieses farbenfrohen Bilds ist überwältigend und die Kombination
der Düfte betörend.
Kunmings Nachtmarkt ist der belebteste Flecken
der Stadt. Hier versammeln sich Künstler und Exzentriker.
Die zukunftsweisendsten Kunstwerke der Avantgarde findet man
in der Shanghe-Gildenhalle an der Houxin-Straße und
im umgebauten Heizkesselraum auf einem verlassenen Fabrikgelände,
der jetzt die Chuangku-Bar beherbergt. In den Teehäusern
und Bars rund um den Cuihu-See begegnet man der Verschmelzung
von Tradition und Moderne.
Kunmings
Geschichte ist gerade einmal 600 Jahre alt. Vor einem Jahrhundert
hielt ein Franzose mit seiner Kamera die örtliche Volkskultur
und die Gebräuche fest. Nur wenige der alten Straßenzüge
stehen heute noch – sie sind die letzten Zeugen alter Traditionen.
Einige der Restaurants, die sich auf Yunnaner Küche spezialisieren,
z. B. das Jinbichun in der Nähe des Jinma-Biji-Platzes
oder das „Südbahnhof 1910“ an der Houxin-Straße, machen
ein gutes Geschäft. In vielen anderen Landesteilen sind
Kunminger Gerichte wie Guoqiao Mixian (Reisnudeln)
und Qiguo Ji (Huhn im Topf) bekannt, doch wenige nur
wissen um die Köstlichkeit anderer Spezialitäten
wie Shanmao-Wildkräuter, essbarer Blumen oder
Waldpilzen. Ortskundigen Gourmets läuft das Wasser im
Mund zusammen, wenn sie von Ganba-Pilzen, Steinpilzen
oder Xuanwei-Schinken hören. Sie werden Ihnen
sagen, dass die Kunminger Küche keine unverkennbaren Merkmale
aufweist – sie ist weder besonders scharf noch sauer –, was
vielleicht der Grund dafür ist, dass sie bei Leuten aus ganz
unterschiedlichen Gegenden so großen Gefallen findet.
Selbstverständlich hat auch die Kunminger Küche durchaus
ihre Besonderheiten, doch nur wer sich hier niederlässt,
wird ihre Frische und ihre Raffinesse schätzen lernen.


Der Puls des Lebens in Kunming ist wie eine
Filmmontage – facettenreich, aber voranschreitend. Es bietet
sich deshalb geradezu an, sich an diesem Ort niederzulassen,
wo mitten in einer Atmosphäre von Gelassenheit und Zufriedenheit
ein Vermögen gemacht werden kann.
Kunmings Lebensstil hat die Herzen derjenigen
erobert, die auf der Suche nach einem solchen Leben waren.
Kunming will geteilt sein.
Sehenswürdigkeiten
Cuihu-See-Park: Am westlichen Fuß
des Wuhua-Bergs gelegen, gleicht dieser See einem Smaragd,
der in die Stadt Kunming eingelegt ist. Zehntausende von Rotschnabelmöven
finden sich hier im Winter ein.
Steinwald: Der Steinwald liegt im Osten
von Kunming und wartet mit einer weltweit einzigartigen Landschaft
auf. Er besteht aus Karstformationen, die zwischen zwei und
30 Mio. Jahren alt sind. Auf einer Fläche von 400 km2
sind Felsspitzen, Säulen, Stalagmiten, Kessel, unterirdische
Flüsse und Höhlen zu bestaunen. Die unwirklich erscheinenden
Steinnadeln, die unvermittelt aus dem Boden ragen, gleichen
einem riesigen, dichten Wald und sind in China als „erstes
Weltwunder“ bekannt. Es besteht auch die Möglichkeit,
den Steinwald von oben herab aus einem Helikopter zu besichtigen.
Jedes Jahr versammeln sich die örtlichen ethnischen Minderheiten
am 24. Tag des sechsten Mondmonats beim Steinwald, um das
„Fackelfest“ zu feiern. Während des Tages finden Ring-
und Stierkämpfe statt, und am Abend wird um die Feuer
getanzt. Chinesische und ausländische Besucher gesellen
sich hinzu und begehen die Feierlichkeiten gemeinsam mit ihnen.
Daguan-Park: Dieser Park befindet sich westlich
des Stadtzentrums und bietet verschiedene Attraktionen, z.
B. Jinhuapu, den Aussichtsturm, den Louwai-Turm, das Blumengewächshaus
und den Zypressengarten. Hier gibt es dichte Haine, Steingärten,
Pavillions, Türme, Brücken und Bäche. Ein in Stein gemeißeltes
Verspaar im Park ist landesweit bekannt.
Blumen- und Vogelmarkt: Auf diesem Markt,
an der Yongdao-Straße gelegen, wurden früher Blumen,
Vögel, Insekten und Goldfische zum Verkauf angeboten.
Der Ort entwickelte sich zur Touristenattraktion und ist heute
gleichzeitig Sehenswürdigkeit und Einkaufszentrum. Nun findet
man dort auch Schmuck, Handwerk, Antiquitäten und Münzen.
Folklore-Dorf der Nationalitäten Yunnans:
Das Dorf liegt sechs km außerhalb von Kunming und veranschaulicht
die Lebensweise der ethnischen Minderheiten Yunnans. Touristen
kommen hier in den Genuss von Folklore-Darbietungen und können
typische Gerichte der verschiedenen Ethnien kosten. Das Dorf
beherbergt außerdem die erste Elefanten-Künstlertruppe
Chinas.
Jixinyuan Essstadt für Yunnan-Küche: Dieser
„Fresstempel“ führt eine Auswahl von Speisen von 26 ethnischen
Gruppen, darunter den Han, Dai, Bai, Yi, Wa und Jingpo. In
den Räumlichkeiten finden 1500 Gäste Platz, und
mehr als ein Dutzend erstklassiger Köche bereiten Hunderte
von Gerichten der Yunnan-Küche zu. Es gibt hier die altehrwürdigen
Guoqiao Mixian und Abendtee im Yunnaner Stil. Während
des Essens kann man sich Darbietungen von Minderheitengesang
und –tanz zu Gemüte führen.
Dongsi- und Xisi-Turm: Damit werden zwei
Pagoden bezeichnet, die an der Shulin- bzw. an der Dongsi-Straße
im südlichen Teil Kunmings stehen. Sie wurden in der mittleren
bis späteren Tang-Dynastie (618–907) erbaut und später
während der Regierungszeit des Qing-Kaisers Guangxu (1875–1908)
nachgebaut. Der Dongsi-Turm ist 40,57 m hoch und der Xisi-Turm
36 m. Beide sind quadratische, hohle Gebäude aus Ziegelsteinen.
Der nahegelegene Jinma-Biji-Platz ist das Wahrzeichen Kunmings
und der beste Ort für Muße und Unterhaltung.
Park des Tanhua-Tempels: Dieser Park liegt
am Ufer des Jinzhi-Flusses in der östlichen Vorstadt
Kunmings. Der Tempel wurde 1634 erbaut, doch heute wohnen
keine Mönche mehr hier. Der Architekturstil der Tempelgebäude
ist einzigartig, und der Park ist bekannt für seinen Baumbestand
und die zahlreichen Blumen.
Waldpark der Westberge: Die Westberge befinden
sich 15 km außerhalb von Kunming. Die Bergkette erstreckt
sich über 40 km und erreicht Höhen zwischen 1900 und
2350 m. Der schöne Park weist dichten Wald und üppiges
Gras auf sowie unzählige Blumenarten. In alten Zeiten
hatte er den Ruf, die „schönste Landschaft Zentral-Yunnans“
vorweisen zu können.
Teich des Schwarzen Drachens: Hier findet
man fünf „Wunder“. Das erste erblickt man von der Steinbrücke,
die mitten über den Teich führt. Von dort sieht man, dass
das Wasser auf jeder Seite der Brücke eine andere Farbe hat
– grün im Süden und gelb im Norden. Die beiden Gewässer
sind zwar miteinander verbunden, aber die Fische wechseln
nie die Seite. Das zweite Wunder ist ein Pflaumenbaum, der
vor 1200 Jahren, in der Tang-Dynastie, gepflanzt wurde, und
das dritte eine riesige Zypresse aus der Song-Dynastie (960–1279),
deren Stamm so dick ist, dass es fünf Armpaare braucht, um
ihn zu umspannen. Als viertes Wunder gilt ein Kamelienbaum
aus der Ming-Dynastie (1368–1644), der früher blüht als andere.
Und das fünfte schließlich ist eine Steintafel mit einem
Schriftzug, dessen Zeichen im Relief gemeißelt zu sein
scheinen. Erst wenn man mit den Fingern drüberfährt,
merkt man, dass sie doch eingraviert sind. Im Park steht außerdem
der größte Pflaumengarten Chinas – der ideale Ort,
um zum Jahresende die Pflaumenblüte zu genießen.
Yang Hongyan
ist Mitglied des Redaktionsvorstands des Grand View Weekly,
einer Publikation der Yunnan Daily.