Zur
Person von Sun Zi, dem Verfasser von Sun
Zi über die Kriegskunst

Von
Huo Jianying
Sun
Wu (Ehrenanrede Sun Zi) stammt aus dem Staat Qi und lebte
im 6. Jahrhundert v. Chr., in der sog. Frühlings- und Herbstperiode.
Seine Vorfahren hatten ursprünglich den Familiennamen Tian
und bildeten eine große Sippe mit hoher gesellschaftlicher
Stellung im Staat Qi. Sein Großvater war hoher Beamter,
verfügte über großes militärisches Talent und bekam
wegen seines Verdienstes beim Feldzug gegen den Staat Ju ein
Lehen verliehen. Um seine Gunst zu bezeugen, verlieh ihm der
Herrscher des Staates Qi auch den Familiennamen Sun. Sun Ping,
Sun Wus Vater, diente im Staat Qi als Minister im höchsten
Rang, der direkt dem Herrscher untergeordnet war.
Die
einflußreiche adlige Familie bot Sun Wu gute Bedingungen
für Erziehung und Bildung. Er befasste sich von Kindheit auf
mit verschiedenen Klassikern und erwarb sich umfangreiche
Kenntnisse. Seine Familie war überdies durch eine militärische
Tradition geprägt, was seine Erforschung der Kriegskunst
förderte. Er las eine Menge alter militärischer
Bücher und durchlebte selbst Kriege.

Als
Sun Wu fast 18 Jahre alt war, sah sich der Staat Qi wegen
zugespitzter Machtkämpfe und Hof-Intrigen allmählich
dem Untergang geweiht. Sun Wu fand solche interne Kämpfe
äußerst widerwärtig und entschloss sich, der
Heimat den Rücken zu kehren und seinen eigenen Weg zu gehen,
um sein Lebensideal zu verwirklichen. Bald darauf, etwa im
Jahr 517 v. Chr., ging er in den aufstrebenden Staat Wu und
schloss Bekanntschaft mit dem berühmten General Wu Zixu.
Kurz
nach seiner Ankunft führte Sun Wu ein Eremitenleben und vertiefte
sich in die Abfassung eines Buches über die Kriegskunst, das
aus 13 Kapiteln bestehen sollte. Das war der Vorentwurf zu
Sun Zi über die Kriegskunst.
Auf
Empfehlung von Wu Zixu wurde Sun Wu im Staat Wu zum General
ernannt. Er führte die Truppen mit strenger Disziplin, und
sein geschickter Umgang mit Strategie und Taktik erhöhte
die Kampfkraft und die militärischen Fähigkeiten
der Soldaten des Staates Wu erheblich. Im Jahr 512 v. Chr.
errang er mit seinen Truppen in Kriegen gegen den Staat Zhongwu
und den Staat Shu eine Reihe von Siegen.

Im
Jahr 506 v. Chr. griff der mächtige Staat Chu einen Vasallenstaat
des Staates Wu an. Im Krieg gegen den Staat Chu kommandierten
Wu Zixu, der König des Staates Wu und Sun Wu 30 000 Soldaten,
die nach Sun Wus Strategie ihre Stärke im Kampf auf dem
Wasser absichtlich nicht ausnutzten. Stattdessen nahmen sie
zur Beschleunigung des Marschtempos überraschenderweise den
Landweg und drangen bis ins Landesinnere des Staates Chu ein.
Diese unerwartete Aktion konnten die Soldaten des Staates
Chu nicht mehr abwehren. Sie zogen ab und verloren die Hauptstadt,
so dass der König des Staates Chu in der Not die Flucht
ergreifen musste. Sun Wu besiegte mit 30 000 Soldaten die
200
000 Mann starke Armee des Staates Chu. Damit wurde ein glänzendes
Beispiel dafür geschaffen, dass eine kleine Truppe eine zahlenmäßig
überlegene besiegen kann.
In
diesem Krieg wendete Sun Wu die von ihm aufgestellten taktischen
Prinzipien an, dass der reguläre Truppeneinsatz mit einem
ungewöhnlichen verbunden werden soll und die Schnelligkeit
der Truppenbewegung als Waffe eingesetzt wird. Bis zum Jahr
484 v. Chr. verhalfen Sun Wu und Wu Zixu dem Staat Wu zur
Vormachtstellung.
Nachdem
der Staat Wu in der Periode der Streitenden Reiche seine Hegemonie
errichtet hatte, wurde der König Fu Chai allmählich
überheblich. Er distanzierte sich immer mehr von den Beamten
mit edler Gesinnung, bevorzugte niederträchtige Schmeichler,
lehnte aufrichtige Ratschläge ab und ließ sogar
verdienstvolle Minister hinrichten – auch der bekannte General
Wu Zixu wurde zum Selbstmord gezwungen. Dies leitete den Untergang
des Staates Wu ein.
Nachdem
Sun Wu in vielen Jahren kriegerische Auseinandersetzungen,
intrigante Machtkämpfe am Hof und gesellschaftlichen
Wandel erlebt hatte, zog er sich zurück und schrieb im stillen
Wald Abhandlungen über die Kriegsführung und die politische
Lage. Aufgrund seiner Erfahrung mit der Kriegsführung revididerte
er die13 Kapitel seines Werks sorgfältig.
Sun
Wus Lebensende ist unbekannt. Doch das von ihm hinterlassene
Buch Sun Zi über die Kriegskunst ist bis in die Gegenwart überliefert.
Etwa hundert Jahre nach seinem
Tod trat ein anderer großer Militärstratege
in der chinesischen Geschichte hervor: Sun Bin. Historischen
Aufzeichnungen zufolge ist er der Nachkomme von Sun Zi. Er
hinterließ ein weiteres bedeutendes Buch über die Kriegsführung:
Sun Bin über die Kriegskunst.
