Die
Yulong-Schneeberge
Von
Zhao Jingxiu

Die Yulong-Schneeberge mit ihren dreizehn
Schneebedeckten Gipfeln liegen im Autonomen Kreis Lijiang
der Naxi-Nationalität in der Provinz Yunnan. "Yulong"
bedeutet "Jadedrachen". Dieser Name rührt daher,
dass die schneebedeckte, in Wolken gehüllte Bergkette sich
wie ein Drache von Norden nach Süden schlängelt.

Shanzidou
Wir reisten von Kunming, der Hauptstadt
der Provinz Yunnan, nach Westen. Am nächsten Tag, als
wir den Tiejia-Berg überquert hatten, tauchte vor uns der
Hauptgipfel der Yulong-Schneeberge auf, der Shanzidou, der
6000 Meter über dem Meeresspiegel liegt.
Der "Jadegrüne Wandschirm"
Der schmelzende Schnee schuf hier eine Myriade
verschiedener Varianten. Der "Jadegrüne Wandschirm"
z. B., ein Berggipfel aus grünschattiertem Eis, hat sich über
die Jahrhunderte hinweg aus sich immer neu aufhäufendem
und schmelzendem Schnee gebildet.
Der Jade-See
Sehenswert ist auch der Jade-See südlich
des Shanzidou, 15 Kilometer nördlich der Kreisstadt Lijiang.
Besonders schön ist es, wenn die Sonne aufgeht und der
Shanzidou und rosafarbene Wolken sich im Jade-See widerspiegeln.
Am Ufer des Jade-Sees wächst ein riesiger alter Mandarinenbaum,
der honigsüße Früchte hervorbringt. Bei der Lokalbevölkerung
ist er als "Drachentochter-Baum" bekannt, was auf
eine Volkssage zurückzuführen ist.
Die Tochter von Mu, dem Häuptling der
Naxi, verliebte sich in einen jungen Schafhirten und wollte
ihn heiraten. Als ihr Vater davon erfuhr, geriet er außer
sich vor Wut. Er verurteilte den jungen Mann zum Feuertod
und ließ seine Tochter in einen Pavillon einsperren.
Das Mädchen weinte, bis es keine Tränen mehr hatte
und vor Kummer starb. Aus den Tränen, so wird gesagt,
soll der Jade-See entstanden sein, der höher und höher
stieg, bis auch der Pavillon darin versank. Im Jahr darauf
wuchs am Seeufer plötzlich ein Mandarinenbaum. Man glaubt,
dass das Mädchen sich in ihn verwandelt hat.
Der Jinsha-Fluss
Besonders schön ist auch die Stelle,
die "Jinsha-Fluss zwischen Felsenspalten" heißt.
Jinsha-Fluss (Goldsand-Fluss) heißt der Oberlauf des
Yangtse. Es wird erzählt, dass der Jinsha-Fluss ursprünglich,
wie seine Schwesterflüsse, der Lancang- und der Nu-Fluss,
die auf dem Qinghai-Tibet-Plateau entspringen, geradewegs
nach Süden floss. Er trat aber öfter über seine Ufer
und verursachte Katastrophale Überschwemmungen. Eines
Tages kam dort der Wahlkaiser Yu, nach der Legende für Wasserregulierungen
verantwortlich, vorbei und sah, dass das Volk furchtbar unter
dieser Katastrophe litt. Er nahm seine riesige Axt und spaltete
unverzüglich die Berge, um einen Durchfluss zu schaffen.
Die Stelle, wo der Jinsha-Fluss die Berge
durchquert, ist als "Tigersprung-Schlucht" bekannt,
eine der bekanntesten Schluchten in China.
Östlich davon liegen die Yulong-Schneeberge
und westlich die Haba-Schneeberge. In die von Wolken und Nebel
überquellende Schlucht, die von steil gegen den Himmel ragenden
Felswänden umschlossen ist, dringen die Sonnenstrahlen
erst mittags ein. Oben ziehen träge die Wolken dahin,
während unten der Jinsha-Fluss tost. An manchen Stellen
ist die Schlucht nur 30 Meter breit und wird deshalb auch
Tigersprung-Schlucht genannt, weil man sagt, dass ein Tiger
die Schlucht mit einem Sprung überwinden könnte.
Dazu gibt es folgende Legende: Das Jinsha-Fluss-Mädchen
stand kurz vor seiner Hochzeit mit der Ostsee. Sie machte
sich zu Fuß von ihrer Heimat am Fuß des Baya-Har-Gebirges,
(Bayakara-Gebirge) auf dem Qinghai-Tibet-Plateau, auf. Als
der Alte von den Yulong-Schneebergen erfuhr, wie hübsch sie
war, wollte er sie ergreifen und zwingen, seinen Sohn zu heiraten.
Er legte sich auf das Yunling-Plateau nordwestlich von Lijiang,
um auf sie zu warten und ihr den Weg abzuschneiden. Der Alte
wartete sieben Tage und Nächte, aber das Mädchen
kam nicht. Schließlich wurde er sehr müde und nickte
ein, ein Knie über das andere gelegt. Schließlich kam
das Mädchen, erkannte seine Absicht und schlüpfte schnell
unter seinen Knien hindurch. Nachdem es die Tigersprung-Schlucht
hinter sich gebracht hatte, lachte es dreimal schallend auf,
und dieses Gelächter wurde sogleich zu drei großen
Wasserfällen.
Wälder, Blumen und Heilkräuter
In den Yulong-Bergen liegt ein bekanntes
Forstrevier mit Kiefern und Eichen. Jedes Jahr werden einige
zehntausend Kubikmeter Nutzholz mittels Flößerei,
Eisenbahn oder Lastkraftwagen den Jinshan-Fluss hinunter nach
anderen Landesteilen transportiert. Höher als 3000 Meter
über dem Meeresspiegel wachsen nur noch Tannen, die Stämme
so dick, dass nur zwei oder drei Menschen zusammen sie umfassen
können; Manche sind fast 40 Meter hoch.
Zahlreiche Blumensorten gedeihen dort, darunter
sind Frühlingsschlüsselblumen, Kamelien und Azaleen besonders
bekannt.
Die Provinz Yunnan ist berühmt für ihre
Kamelien, besonders für diejenigen, die in Lijiang wachsen.
Beim Yufeng-Tempel südlich der Yulong-Schneeberge steht eine
große Kamelie mit zehntausend Blüten hervor, jedesmal
über tausend.
In den Yulong-Schneebergen gibt es auch
viele seltene Heilkräuter. In dem vor hundert Jahren
verfassten Buch "Yulong Ben Cao" (Heilkräuter
der Yulong-Berge) sind schon 328 Arten aufgelistet, darunter
Kaiserkronen, Phäonienwurzeln, Rhododendron und Ephedra.
Die Azaleen sind nicht nur schön, sondern auch nützlich.
Die gelbe Azalee ist z. B. eine Arznei gegen die Hautflechte.
Nach der Befreiung wurde hier ein Institut zur Erforschung
von Alpenpflanzen errichtet.
Die Naxi-Nationalität und die Stadt
Lijiang
Unterhalb der Yulong-Schneeberge liegt ein
Tafelland, die Heimat von 100 000 Menschen, die zur Naxi-Nationalität
gehören. Früher waren die Naxi Nomaden. Nach einer Legende
sollen sie zufällig auf dieses Tafelland gestoßen
sein und sich dann hier zur Zeit der Streitenden Reiche (475
- 221 v. u. Z.) niedergelassen und ihr Nomadenleben aufgegeben
haben. Sie begannen Land zu bestellen, Weizen und Reis anzubauen
und ein Leben ähnlich wie das der Han zu führen. Während
der Yuan-Dynastie (1127 - 1368) damals war dieses Tafelland
ein Bestandteil Chinas, entstand hier ein unabhängiges
Königreich, als Mu-Königreich bekannt, das bis zur
Hälfe des 18. Jahrhunderts Bestand hatte. Die Herrscher
des Mu-Königreiches beuteten ihr eigenes Volk aus. Um
die damalige Hauptstadt Dayan - heute Lijiang - herum entstanden
luxuriöse Villen, lange Wandelgänge und ein Wildpark.
Im Palast und den Tempeln sind noch zahlreiche Wandmalereien
erhalten, die buddhistische, taoistische Themen oder Geschichten
der Dongba-Religion, die Religion der Naxi, behandeln. Der
Kunststil ist eine Mischung der Stile der Naxi, Han und Tibeter.
Seit der Befreiung haben die Naxi ebenso
wie das übrige Land wirtschaftliche und kulturelle Fortschritte
gemacht. Die Schmelzwässer auf den Yulong-Schneebergen
sind ein natürliches Reservoir für die Bewässerung und
Energieversorgung, für die Wasserkraftwerke mittleren und
kleinen Typs in den vielen Bergdörfen. Der Strom ist
für die neuen Fabriken und die Haushalte und ist wichtig für
die Entwicklung von Lijiang.
(Aus Nr. 3
von "China im Aufbau", 1979)