Juni 2002
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Gesellschaft

Das Leben der Teepflanzer in Südchina
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Das Leben der Teepflanzer in Südchina

Von Li Xia

Der 70jährige Sun Jinrong ist Bauer und lebt im Dorf Meijiawu in der Provinz Zhejiang. Schon im Alter von 16 Jahren beherrschte er die Technik des Teeblätter-Röstens. Aber in dieser Erntezeit macht er gemütlich Spaziergang im Dorf, obwohl er noch über eine 6 mu große Teeplantage verfügt (1 mu = 1/15 ha). Denn das Pflücken besorgen Frauen aus der Provinz Anhui, und das Trocknen der Teeblätter übernimmt sein 48-jähriger Sohn.

Meijiawu ist ein kleines Dorf in der Provinz Zhejiang mit gut 500 Haushalten. An den Berghängen rings um das Dorf werden zahlreiche Teesträucher angepflanzt. Der Monat März ist die Erntezeit: Es regnet viel, der Laubengang vor jedem Haus ist voller Bambuskörbe mit Teeblättern und der Ofen zum Trocknen der frischen Teeblätter wird erst spät nachts ausgemacht. Das ganze Dorf ist erfüllt von Teeduft.

Sun Jinrong hat 700 000 Yuan in den Bau eines zweistöckigen Wohnhauses für seinen Sohn investiert. Solche Wohnhäuser sind überall auf dem Land in der Provinz Zhejiang zu sehen. Sie zeigen, dass die Bauern nach der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik einen bescheidenen Wohlstand erreicht haben. Der Wohlstand der Familie Sun ist vor allem dem Anbau der Teesträucher zu verdanken.

Der Tee, der in Meijiawu angebaut und hergestellt wird, heißt Longjing (Drachenbrunnen)-Tee und ist die bekannteste Teesorte Chinas. Sie zeichnet sich durch eine grüne Farbe, ein starkes Aroma, intensiven Geschmack und eine flache Blätterform aus. Die vor dem Qingming-Fest (wörtl. „Helles Licht“, um den 5. April) gepflückte Teesorte ist besonders wertvoll.

In der Erntezeit werden Frauen aus der Provinz Anhui für das Pflücken der Teeblätter angestellt. In diesem Jahr hat die Familie Sun acht solche Frauen in Dienst genommen. Das Pflücken ist nicht einfach und braucht Geduld und Sorgfalt. Man nimmt die Knospe und die darunter liegenden zwei Blätter. Die Knospe soll kürzer als 2 cm und die Blätter dürfen nicht länger als die Knospe sein. Erst dann kann der Tee zu einem guten Preis verkauft werden.

Die Erntezeit dauert normalerweise 20 Tage. Die angestellten Frauen verdienen täglich 15 Yuan, Essen und Unterkunft sind kostenlos. Auch die Kosten für die Rückkehr werden vom Arbeitgeber getragen. Der Verdienst ist nicht schlecht für diese Frauen, denn die Provinz Anhui ist im Vergleich zur wirtschaftlich entwickelten Provinz Zhejiang noch rückständig. Die Familie Sun ist besonders nett zu den angestellten Frauen. Die Frauen, die fleißig gearbeitet haben, können vor ihrer Abreise Geschenke oder Geldprämien bekommen. Selbst diejenigen, die nicht gut pflücken können, finden eine Arbeit. Sie bereiten die Mahlzeiten zu Hause zu und bringen sie zur Essenszeit aufs Feld. Die Arbeit beginnt in aller Frühe, um 6 Uhr, und endet erst, wenn alle zu pflückenden Teeblätter geerntet sind. In den grünen Bergen sind zahlreiche Frauen an der Arbeit, plaudernd, ab und zu lachend – was für ein schönes Bild in Süchina!

Das Meijiawu-Dorf ist bekannt für den Longjing-Tee. 1958 besuchte der damalige Ministerpräsident Zhou Enlai dieses Dorf. Daran erinnert sich Sun Jinrong bis heute noch, als ob es gestern gewesen wäre, und zwar darum, weil der Besuch des Ministerpräsidenten das Schicksal seines jüngeren Bruders veränderte. Damals hatte sein jüngerer Bruder die Oberstufe der Mittelschule abgeschlossen und arbeitete im Dorf als Buchhalter. Ministerpräsident Zhou versammelte einige junge Menschen um sich und sagte ihnen: "Ihr seid jung und gut gebildet. Ihr sollt das ganze Land im Auge behalten." Der jüngere Bruder Sun Jinrongs nahm sich den Ratschlag des Ministerpräsidenten zu Herzen und machte sich mit vier Gleichgesinnten in den Westen Chinas auf. In Lanzhou, der Hauptstadt der Provinz Gansu, ließ er sich als Arbeiter in einer Maschinenfabrik anstellen. Die anderen vier jungen Menschen konnten das harte Leben nicht ertragen und kehrten bald zurück. Aber Sun Jinrongs jüngerer Bruder wurde in Lanzhou heimisch. Inzwischen ist er in den Ruhestand getreten. Im Frühling, wenn Lanzhou oft von Sandstürmen heimgesucht wird, macht er einen kurzen Urlaub in seiner schönen Heimat in Zhejiang.

In den 70er Jahren war die Herstellung von Tee eine hochpolitische Aufgabe, die Mitgliedern der Kommunistischen Partei Chinas vorbehalten war – denn Tee aus Meijiawu bot man nur den Oberen an. In der heutigen Zeit sind reich gewordene Fabrikdirektoren oder Manager die wichtigsten Kunden. So hat ein Manager gleich 20 Kilo vor dem Qingming-Fest gepflückten und hergestellten Tee gekauft. Das entspricht der jährlichen Produktionsmenge der Familie Sun.

Die Bauern sind dank dem Anbau von Tee reich geworden. Bis 1983 hatte im Dorf das kollektive Eigentumssystem Bestand. Die Bauern arbeiteten zusammen, aber verdienten sehr wenig. Nach 1983 wurde die Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft umgewandelt. Jeder Haushalt bekam ein Stück Land zugeteilt, und der hergestellte Tee wurde nicht mehr einheitlich vom Staat eingekauft. Dadurch verbesserte sich das Leben der Teepflanzer.

1999 wurde eine Straße von Meijiawu zur Außenwelt angelegt, durch die das Dorf zweigeteilt wurde. Im einen Teil sind überall zweistöckige Gebäude zu sehen, in denen überwiegend junge Menschen wohnen. Im anderen verbringen die Älteren die Zeit in alten, dunklen Häusern, die noch von einer Holzkonstruktion getragen werden. Sun Jinrongs Frau sieht erst aus wie 50. Sie kümmert sich um den Laden, den Sun Jinrong eröffnet hat. Seine Schwiegermutter ist 90 Jahre alt und sitzt ganz ruhig und gemütlich vor dem Laden. Das Geschäft läuft nicht schlecht, denn Herr Sun ist gesetzestreu und vertrauenswürdig.

Sun Chunfu, Sun Jinrongs Sohn, hat die Technik zum Rösten der frischen Teeblätter von seinem Vater gelernt. Um die Temperatur besser regulieren zu können, darf man bei der Arbeit keine Handschuhe tragen. Die Teeblätter müssen nach der Verarbeitung flach sein. Um diese Technik zu beherrschen, braucht man mindestens drei Jahre. Weil eine Person täglich nur ein Kilo getrockneten Tee herstellen kann und die frisch gepflückten Teeblätter sofort geröstet werden müssen, braucht die Familie Sun in der Erntezeit einige Helfer. Sun macht nicht viel Aufhebens davon, ihnen die Geheimnisse der Teerösterei beizubringen.

Die vor dem Qingming-Fest gepflückte grüne Teesorte kann für einen guten Preis verkauft werden, etwa 3200 Yuan pro Kilo. Auf dem Markt kostet sie 5600 Yuan pro Kilo. Aus diesem Grund wollen viele Bauern nicht mehr Tee anbauen, sondern nur noch damit Handel treiben.

Das Dorf Meijiawu ist ein lohnendes Reiseziel. Grüne Berge, klares Wasser, frische Luft und unverschmutztes Gemüse, das alles übt eine große Anziehungskraft auf in- und ausländische Touristen aus. Die Familie Sun beherbergte einmal ein Ehepaar aus den USA mit seiner dreijährigen Tochter. Für Essen und Unterkunft bezahlten sie 150 Yuan pro Tag.

In familiären Angelegenheiten ist es noch heute Sun Jinrong, der die Entscheidungen trifft. Seine zwei Töchter sind schon verheiratet, sein Enkel besucht noch die Schule, und seine Enkelin arbeitet in einer pharmazeutischen Fabrik. Sun ist Mitglied des lokalen Industrie- und Handelsvereins und auch Mitglied des Vereins der Privaten Händler. Außerhalb der Erntezeit reist er gern.

Sun Jinrong hat zwei Wünsche: zum einen möchte er einen Minibus, und zum anderen eine Kamera kaufen. Die Kamera soll von guter Qualität sein, aber nicht mehr als 3000 Yuan kosten. Damit wird er schöne Landschaften in allen Teilen Chinas aufnehmen und die Fotos an die Wand seiner Wohnung hängen können. "Ich will den frischen Hauch der Kultur atmen", sagt Sun, obwohl er nur die Grundschule besucht hat.

Der alte Sun wünscht sich, dass noch mehr Menschen das Meijiawu-Dorf besuchen. Das ist auch der Grund, warum er einen Minibus kaufen möchte. Meijiawu, ein Ort mit schöner Landschaft und freundlichen Menschen, ist ein Paradies für Touristen.

Über den chinesischen Tee

Je nach Herstellung unterscheidet man Grünen Tee, Oolong-Tee, Schwarzen Tee und Jasmin-Tee. Grüner Tee macht keine Fermentation durch. Er wird mit heißem Wasser (mindestens 80 Grad) aufgegossen und die Blätter sind grünlich. Man trinkt grünen Tee gern im Sommer. Zur Gewinnung von Oolong-Tee wird die Fermentation in der Mitte der zur Herstellung von schwarzem Tee notwendigen Zeit unterbrochen. Die Blätter sind dunkel, aber noch grünlich. Im Geschmack ist dieser Tee dem grünen Tee ähnlich, sein Aroma ist jedoch stärker. Der Oolong-Tee aus der Provinz Fujian im Küstengebiet im Südosten ist landesweit bekannt. Schwarzer Tee sieht rötlichbraun aus und hat ein kräftiges Aroma. Er ist bei älteren Menschen beliebt und wird im Winter getrunken. Jasmintee wird aus Grünem Tee und Jasminblüten hergestellt. Er ist in Nordchina beliebt.

Der Longjing (Drachenbrunnen)-Tee, eine grüne Teesorte, stammt aus vier kleinen Dörfern bei der Stadt Hangzhou, Provinz Zhejiang, und wird deshalb nach den Namen dieser vier Dörfer in vier Sorten untergeteilt, nämlich: Meijiawu, Shifeng, Yunxi und Hupao. In China werden diese vier Teesorten auf insgesamt 3200 mu angebaut, davon befinden sich 1200 mu in Meijiawu. Die vor dem Qingming-Fest gepflückte grüne Teesorte ist besonders wertvoll.

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