September 2003
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Wirtschaft

Beijing in den Augen international führender Unternehmer

Aufwertung der chinesischen Währung (RMB) nicht angemessen

Chinas Tsingtao-Brauerei ist hundert Jahre alt

Hundert Jahre nach Gründung der ersten Brauerei Chinas will das Bierimperium Tsingtao in den Kreis der Top Ten unter den Bierproduzenten der Welt vorstoßen.

Als „Germania-Brauerei“ gegründet

Chinas Tsingtao-Brauerei ist hundert Jahre alt

Von Atze Schmidt

Chinas größtes Bierunternehmen, das Brauerei-Imperium Tsingtao, blickt in diesem Jahr auf das hundertjährige Bestehen seines Stammhauses in Qingdao zurück. Das Unternehmen betreibt derzeit 50 Brauereien in China und hält auf dem chinesischen Festland einen Marktanteil von 13 Prozent. Die enorme Umsatzsteigerung (24 Prozent im Jahr 2002) und die zielstrebige Expansion der Marke außerhalb Chinas könnten die Tsingtao-Gruppe schon bald in den Kreis der Top Ten unter den Bierproduzenten der Welt befördern. Dies bis zum Jahr 2005 zu schaffen ist denn auch das erklärte Ziel ihrer Manager.

Eine Anzeige aus dem Jahr 1910 in den „Tsingtauer Neuesten Nachrichten“

Die Gründung vor hundert Jahren ist Teil der deutschen Kolonialgeschichte in China (1897-1914). Zwar wurde in China schon in uralter Zeit ein bierähnliches Getränk hergestellt, wie Funde und Aufzeichnungen belegen, doch Chinas Brauereiwesen der Neuzeit begann erst 1903.

„Germania-Brauerei“, unter diesem Namen fing an, was sich bis heute als eine einzige Erfolgsgeschichte entwickelt hat. Im deutschen Pachtgebiet in der Küstenprovinz Shandong war die Brauerei eines von nur wenigen Unternehmen, die Profit machten. Insgesamt sollte sich die kurze koloniale Episode des deutschen Kaiserreichs in China als ein ökonomisches Fiasko erweisen.

Es waren zwei chinesische Geschäftsleute, die im Jahr 1915, nachdem sie den Erfolg der Germania-Brauerei und die zunehmende Akzeptanz des für die Chinesen neuartigen Getränks aufmerksam verfolgt hatten, die erste Brauerei in chinesischer Hand in Betrieb nahmen, die heute noch existierende Shuangheshang-Brauerei in der Hauptstadt Beijing (die heutige Marke ist das Five-Star-Beer). Als Fachleute hatten sie zwei tschechische Brauer nach China geholt, sämtliche Anlagen aber im Land selbst herstellen lassen. Täglich standen damals mehrere Eimer frischen Biers vor den Toren der Brauerei - zur kostenlosen Bedienung. Bald hatten die cleveren Unternehmer eine staatliche Kundschaft, und von da an nahm das Bier seinen Weg durch ganz China.

Deutsche Braukunst, die vor hundert Jahren das erste Kapital der Erfolgsstory des Biers in China geschrieben hat, ist im Reich der Mitte nach wie vor gefragt. Eine Großbrauerei in Wuhan, Hauptstadt der Provinz Hubei, wurde als chinesisch-deutsches Joint-Venture gegründet (zusammen mit der Spaten-Brauerei München), und ihr Bier erhielt den Namen „Zhongde“ (China-Deutschland). So gibt es bei den Brauereien in China viele Beispiele einer Kooperation mit renommierten deutschen Bierproduzenten.

Banknote aus der Zeit der deutschen Kolonialgeschichte in China

Die Tsingtao-Gruppe treibt die Expansion ihrer Marke in den internationalen Markt nun kräftig voran. Sie hat dabei vor allem die Märkte Thailand, Singapur und Malaysia im Visier. Dabei dürften ihr allerdings zwei starke Rivalen zu schaffen machen, nämlich die Asia Pacific Breweries Ltd. und die Carlsberg A/S. Ferner wird mit südafrikanischen und europäischen Investoren verhandelt mit dem Ziel, in den Markt Südafrikas vorzustoßen. Das finanzielle Polster für solche Unternehmungen ist allem Anschein nach bestens. Anheuser-Busch, der mächtigste Bierproduzent der Welt, hat erst im vergangenen Jahr seinen Anteil an dem chinesischen Unternehmen von 5 Prozent auf 27 Prozent erhöht. Man schätzt bei Anheuser-Busch die Qualität der chinesischen Spitzenmarke und kennt natürlich ihren ausgezeichneten Ruf in der Welt.

In einer ausländischen Quizsendung im Fernsehen wurde vor Jahren einmal die Frage gestellt: „Wonach stehen Chinesen im Sommer mit Eimern und Töpfen vor bestimmten Geschäften Schlange?“ Die Antwort, die damals niemand wußte, wäre gewesen: „Sie kaufen Bier.“ Das war zu der Zeit, als in China noch vielerorts Bier offen vom Fass verkauft wurde.

„Heute sieht man solche Szenen nicht mehr“, schrieb China heute in der Ausgabe August 1990. Das war jedoch nicht ganz korrekt, und wir möchten uns nun hiermit, 13 Jahre später, korrigieren. Denn in Qingdao, wo Chinas Zeitrechnung der modernen Bierproduktion vor hundert Jahren begonnen hat, wird Fassbier noch immer gern offen nach Hause getragen. Heute zwar weniger in Eimern und Töpfen, vielmehr in eigens dafür bereitliegenden Plastiktüten mit dem Aufdruck „Tsingtao Beer“.

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