Dezember 2003
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Gottfried Wilhelm Leibniz und der chinesische Kaiser Kang Xi

Von Bai Shangshu

 

Der deutsche Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) ist ein großer, berühmter Gelehter. Er entwickelte nicht nur die Infinitesimalrechnung und das Binärsystem, sondern war auch der Erfinder der ersten manuellen Rechenmaschine der Welt. Seine hervorragenden Leistungen leiteten in der Entwicklung der Mathematik eine neue Ära ein. Doch seine Beziehungen zu dem chinesischen Kaiser Kang Xi (1654-1772) und seine Beiträge zum Kulturaustausch zwischen China und Westeuropa sind heute noch weitgehend unbekannt.

Im Alter von 8 Jahren folgte Kang Xi seinem Vater auf den Thron und herrschte 60 Jahre lang. Er war einer der großen Kaiserpersönlichkeiten in der chinesischen Geschichte. Von klein auf leidenschaftlich Bücher lesend, förderte er Wissenschaft und Forschung und ließ zahlreiche wissenschaftliche Werke zusammenstellen, übersetzen und herausgeben.

Er interessierte sich stark für die westliche Wissenschaft. So lud er den Missionar Joachim Bouvet (1650-1730), der von Leibniz’s Freund König Louis XIV nach China geschickt worden war, an seinen Hof, damit dieser ihm Astronomie, Mathematik, Vermessungskunde und die Verwendung verschiedener Instrumente lehre.

Während die Chinesen die westliche Wissenschaft studierten, wurden andererseits auch Werke der chinesischen Philosophie und Wissenschaften in westliche Sprachen übersetzt und nach Europa vermittelt. Z. B. das Yijing, das „Buch der Wandlungen“, wurde von dem französischen Missionar Jean-Baptiste Régis (1663-1738) ins Lateinische übersetzt und erregte große Aufmerksamkeit bei Leibniz.

Er lernte, dass die 8 Trigramme des Yijing aus Kombinationen von ganzen und gebrochenen Strichen – also binär – aufgebaut sind, wobei die gebrochenen Striche Null, die ungebrochenen der Eins entsprechen. Die 8 Trigramme sind demgemäß dreistellige Binärzahlen, und die 64 Hexagramme stellen sechsstellige Binärzahlen dar. Leibniz gewann daraus Einsichten, die ihm bei der Entwicklung des binären Zahlensystems von großem Nutzen waren. Er bewunderte Fuxi, den mythischen Schöpfer der 8 Trigramme, und sagte: „Meine undenkbare Entdeckungen besteht lediglich darin, dass ich 3000 Jahre alte Trigramme verstanden habe. Dazu ist das chinesische Volk zu beglückwünschen. Lasst uns einmal China besuchen.“ Leibniz sehnte sich schon früh nach China. Im Jahre 1689 hat er vorgeschlagen, dass ein Missionar von Deutschland nach China geschickt werde, um die Kontakte zwischen Europa und China zu versärken. Später meinte er in einem Buch über China, dass der Austausch zwischen China und Europa für beide große Kulturen vorteilhaft sei.

Neben seiner Korrespondenz mit Joachim Bouvet schrieb Leibniz auch an Kaiser Kang Xi einen Brief und schlug China vor, in Beijing eine Akademie der Wissenschaften zu gründen. Noch in den 50er Jahren ist dieser kostbare Brief gesehen worden. Wo er sich heute befindet, ist leider unbekannt.

Als Leibniz 1671 die Rechenmaschine erfunden hatte, schenkte er eine auch dem Kaiser Kang Xi. Leider wurde sie bis jetzt noch nicht wieder gefunden. Aber im Palastmuseum werden 10 manuelle Rechner aus Gelbkupfer aufbewahrt, die in China hergestellt wurden. Fachleute meinen, dass diese 10 Rechenmaschinen unter dem Einfluss der Rechenapparate von Basga und Leibniz hergestellt wurden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Leibniz einen großen Beitrag zur Entwicklung der Freundschaft zwischen China und Deutschland und des Kulturaustausches zwischen China und Europa geleistet hat.

Aus „China im Aufbau“, Nr. 5, 1982
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