Buchmesse die 13.: Beijing International Book Fair tat wieder einen Schritt nach vorn

Von Lars Mörking

Die diesjährige Beijinger Buchmesse (Beijing International Book Fair, BIBF) fand vom 30. August bis 2. September im China International Exhibition Centre statt. Nie zuvor in der 20-jährigen Geschichte dieser Buchmesse sah man derartig viele zufriedene Gesichter bei den teilnehmenden Vertreterinnen und Vertretern der 550 ausländischen Verlage, die aus 50 Ländern angereist waren. Sie hatten untereinander und mit den 639 auf der Buchmesse präsenten chinesischen Verlagen zahlreiche Gespräche geführt, Vereinbarungen getroffen und konnten die ein oder andere unter Dach und Fach gebrachte Vertragsschließung verkünden.

Lost in implementation – Eine Frage der Umsetzung

Auf dem chinesischen Buchmarkt haben es ausländische Verlage trotz andauernder Steigerung der Nachfrage jedoch nicht einfach. Die Verlagsstruktur und die staatliche Protektion machen es auch Global Playern wie Bertelsmann sichtlich schwer, die erhofften Profite und den geplanten gesellschaftlichen Einfluss zu realisieren. Darüber hinaus werden jährlich Tausende von westlichen Titeln ohne vorherige Lizenzvergabe in China verbreitet und auch auf der diesjährigen BIBF konnten wieder besonders Interessierte beobachtet werden, wie sie ganze Bücher Seite für Seite digital abfotografierten, wohl um sie später einer breitest möglichen Leserschaft zugänglich machen zu können.

Die Bemühungen der Veranstalter, das Thema Copyright mit ins Rampenlicht der diesjährigen Buchmesse zu rücken, waren mehr als nur eine Pflichterfüllung. Es wurde im Rahmen der Buchmesse viel Raum für lebhafte Debatten über die Vermittlung von Rechtsbewusstsein im Sinne des geistigen Eigentums geschaffen. Diese Diskussion will die BIBF in den nächsten Jahren fortführen. Dennoch überwiegen im Bewusstsein der chinesischen Käuferinnen und Käufer bisher die Vorteile eines nahezu freien Zugangs zu geistigem Eigentum gegenüber den Sorgen um die Rechte der Urheber.

Trotz dieser Schwierigkeiten für ausländische Verlage sind in der VR China jährlich 150 Millionen US-Dollar für über 14 Millionen importierte Bücher ausgegeben worden und auch diese Tendenz ist steigend. Insgesamt wächst der chinesische Buchmarkt allerdings um 300 Millionen US-Dollar jährlich und täglich erscheinen 400 neue Titel. Die 573 chinesischen Verlage produzierten im Jahr 2005 die beeindruckende Anzahl von 6,4 Milliarden Büchern, darunter lassen sich nicht weniger als 128 578 Neuerscheinungen finden. Der Kuchen, den die ausländischen Verlage vor ihren fraglos großen Augen haben, ist also erstens schwer verdaulich, zweitens größer als ihr Magen und drittens ist ihr Anteil an diesem Markt bisher eher als eine Ansammlung von Krümeln zu bezeichnen.

Schritt für Schritt...

Die BIBF ist wieder einmal professioneller und internationaler geworden. Schritt für Schritt mausert sie sich von der größten Buchmesse Asiens zu einer der bedeutendsten Buchmessen der Welt. Auffallend besser organisiert und sortiert als in den Jahren zuvor und mit aufwendig gestalteten Ständen glänzten die chinesischen Verlage. Schwerpunkt der BIBF war dieses Mal eine Kinderbuchausstellung und die Präsentation des diesjährigen Gastlandes Russland, welches mit einem 1000 m 2 großen Kollektivstand und 62 Veranstaltungen nicht zu übersehen war. Ebenfalls stark vertreten waren koreanische und japanische Verlage sowie die westeuropäischen Länder Italien, Frankreich, Griechenland, Spanien und nicht zuletzt Deutschland, jeweils mit eigenen Kollektivständen.

Der deutsche Beitrag zur BIBF

China gehört mit 555 erworbenen Titeln aus Deutschland zur Spitze bei der Lizenznahme von Büchern, dementsprechend ist in den letzten Jahren das Interesse deutscher Verlage am chinesischen Buchmarkt gestiegen. Allerdings konnten im gleichen Jahr nur 20 Lizenzen chinesischer Bücher nach Deutschland vergeben werden. Dies erklärt sich sowohl aus der allgemeinen Übersättigung des deutschen Buchmarktes, als auch aus den Hindernissen, die mit der Themenauswahl und einer Übersetzung aus dem Chinesischen verbunden sind.

Der Deutsche Gemeinschaftsstand präsentierte sich aus Anlass der diesjährigen Jubiläen mit den Schwerpunkten Bertholt Brecht (50. Todestag), Sigmund Freud (150. Geburtstag) und W. A. Mozart (250. Geburtstag). „Die CD-Player, mit denen die Besucher einige Hörbücher über Brecht hören konnten, kamen relativ gut an; die Nachfrage nach diesen Themen war ansonsten nicht sehr groß. Außerhalb dieser Schwerpunkte waren wie im letzten Jahr die Kinderbücher am beliebtesten. Erfolgreich war die Teilnahme vor allem für diejenigen Verlage, deren Vertreter persönlich vor Ort waren“, resümiert Wang Yi, Germanistik-Studentin und Mitarbeiterin am Deutschen Gemeinschaftsstand. Mit insgesamt 1300 Titeln aus 120 unterschiedlichen Verlagen wurde durch den deutschen Beitrag ein Einblick in die Vielfalt der gegenwärtigen Publikationslandschaft – von geisteswissenschaftlichen bis zu Kinder- und Jugendbüchern, von Illustrations- und Bildbänden bis zu Fachbüchern aus dem Rechts- und Wirtschaftswesen – gewährt. So zusammengewürfelt wie das ausgestellte Programm waren auch die teilnehmenden Verlage: Von Rowohlt und Reclam Leipzig über Klett-Cotta und Campus bis hin zu Suhrkamp und Beltz & Gelberg (ein relativ kleiner aber sehr aktiver und renomierter Jugendbuchverlag) fand sich einiges von dem zusammen, was in Deutschland Rang und Namen hat. Auf die Beine gestellt werden konnte dies unter anderem aufgrund der finanziellen Unterstützung des deutschen Wirtschaftsministeriums und der Übernahme der Organisation durch die Frankfurter Buchmesse, die im nächsten Jahr ihre Anstrengungen zur 14. BIBF im Jahr 2007 nochmals verstärken wird, wenn Deutschland als Gastland auftritt. Ein solcher Background ist durchaus nicht selbstverständlich, beispielsweise lehnten deutsche Regierung und Frankfurter Buchmesse eine Teilnahme an der Buchmesse in Havanna im Jahr 2004 kategorisch ab, obwohl Deutschland auch hier als offizielles Ehrengastland eingeladen war.

Jedenfalls wird es in China zukünftig mehr Möglichkeiten geben, sich an deutschen Kulturbeiträgen zu erfreuen: „Geplant ist eine Reihe von Kulturveranstaltungen zum Gastauftritt Deutschlands im Jahre 2007“, informierte Sybille Fuhrmann, freie Mitarbeiterin des Deutschen Gemeinschaftsstandes, und Hans-Michael Fenderl, Projektmanager der internationalen Abteilung der Frankfurter Buchmesse, fügte hinzu: „Diese Veranstaltungen werden voraussehbar in ganz China durchgeführt und erst 2010, mit der Expo in Shanghai, ihren Abschluss finden.“ In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass China als Gastland für die Frankfurter Buchmesse 2009 vorgesehen ist, auch darauf dürfen wir Bücherfreunde gespannt sein.

Zukunft der BIBF

Die BIBF hat mit über 200 000 Besucherinnen und Besuchern quantitativ eine Größe erreicht, die, um international wahrgenommen zu werden, einer weiteren Steigerung nicht mehr bedarf. Die Struktur des Verlagswesens in China bringt es allerdings mit sich, dass Vertragsabschlüsse meist zwischen den Buchmessen stattfinden und eher ein repräsentatives „Sehen und gesehen werden“ mit der Teilnahme an der BIBF verbunden ist. Dennoch kann am BIBF-Auftritt von Global Playern wie Springer oder Bertelsmann abgelesen werden, dass die Ambitionen dieser Konzerngrößen in Bezug auf China noch nicht am Ende angelangt sind und sie der BIBF deshalb einen besonderen Stellenwert einräumen. Gerade Bertelsmann ist dafür bekannt, nicht nur an der Veröffentlichung von Büchern, sondern auch an der Privatisierung des Bildungswesens und der Vergrößerung seines gesellschaftlichen Einflusses interessiert zu sein. Springer wiederum hat mit seiner „Chinese Library of Science“ bereits chinesische Fachzeitschriften einem internationalen Publikum zugänglich gemacht und ist im Bereich neue Technologien gut aufgestellt. Von einer kostenpflichtigen Online-Bibliothek verspricht sich das Unternehmen zukünftig hohe Profite. Damit liegt der Verlag durchaus im chinesischen Trend, auch wenn die Höhe der zu entrichtenden Gebühren ein Hindernis für den Erfolg der Online-Bibliothek auf dem chinesischen Markt sein dürfte. So ergab eine Umfrage des chinesischen Forschungsinsituts für Verlagswesen, dass 40% des leselustigen chinesischen Volkes keine Zeit mehr haben, ein Buch in die Hand zu nehmen. Die Zahl derjenigen Chinesen, die Bücher lesen, geht demnach in absoluten Zahlen zurück; eine wachsende Anzahl liest jedoch online. Dementsprechend wird sich auch die BIBF den neuen Medien zuwenden und in den nächsten Jahren sicherlich die ein oder andere E-Book-Veröffentlichung ins Zentrum des Besucherinteresses rücken.

 

 
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